Soranel - die Stadt über den Wolken. Eine gefährliche Stadt, denn sie war über Klippen und Abhängen gebaut. An steilen Berghängen, die über die Wolken hinausragten. Brücken verbanden alle Gebäude und bildeten ein unübersichtliches Netz. Die Stadt bestand aus mehreren Ebenen. An jedem steilen Berg hingen mehrere Häuser auf unterschiedlichen Höhen. Das Erstaunliche war, dass man jedoch schnell lernte, wie man von A nach B kam. Es gab viele kleine Gassen und Wege, die ein schnelles Vorankommen ermöglichten. Das anfänglich sehr verwirrende Netz aus Straßen war eigentlich auf seine eigene Art und Weise geordnet. Junge Anwohner der Stadt kannten auch so einige Abkürzungen - sehr zum Leiden der Eltern. Denn diese Abkürzungen waren schnell mal geprägt von Herum klettern und herum springen. Und da kam die Gefahr - wenn man von den Brücken von Soranel heruntersah, sah man nur weißen Nebel, der den Boden verschluckte. Keiner wusste, wo der Boden war und keiner wollte es herausfinden. Die, die gefallen waren, schrieen immer lang - zu lang, als dass man sich die Mühe machte, herabzusteigen und sie zu suchen. Aber ... diese Gefahr ignorierte man oft und erzählte Neuankömmlingen nicht davon, dass hier regelmäßig Leute verschwanden.
Dennoch war die Stadt wunderschön. Bunte Gebäude mit schwarzen oder grauen Dächern und hellgraue Pflastersteine zierten die Stadt. Auf dem Höchsten Berg, der gleichzeitig der Äußerste war, befand sich eine Akademie. Sie thronte über der Stadt in ihren schillernd roten Farben und grauen Dächern. Wie ein kleines Schloss - naja eher ein großes. Hinter der Akademie befand sich nur das endlose Meer. Bei gutem Wetter sah man aber das Gebirge im Norden des Landes - riesige, schneebehangene Felsen, die Ephora von seinem Nachbarland trennte. Eltern erzählten ihren Kindern, dass hinter den Bergen Ungeheuer hausten, die Menschen fraßen. Was wirklich dahinter war, wusste niemand. Eigentlich wollte das auch niemand wissen - zu groß waren die Probleme im eigenen Land.
Soranel war keineswegs eine kahle oder kalte Stadt, die Natur hatte sich angepasst. Bäume wuchsen an den Berghängen und boten Vögel Nistplätze. Ranken kletterten die Wände entlang. So hatten begeisterte Kletterer immer einen Weg aus der Stadt heraus auf die Bergspitzen. Nur Blumen gab es selten. Vereinzelt blühten kleine weiße Blumen an Sträucher, aber mehr natürliche Farbe gab es kaum. Aber Soranels Bürger hatten das "farblose" Problem auf ihre eigene Art gelöst. Viele Händler brachten Blumen aus anderen Teilen Ephoras in die Stadt. Überall standen Blumenkübel mit den verschiedensten Blumen und Pflanzen in allen Größen und Farben. Auch bunte Tücher waren in Soranel beliebt. Diese schmückten Häuser und Menschen. Die Einwohner von Soranel waren ein fröhliches, abgehärtetes Volk. In den Höhen musste man eine dicke Haut haben, um nicht ständig zu frieren. Der Wind wehte ständig. Nur im Sommer flaute er etwas ab. Dann war es heiß, weil keine Wolken vor der Sonne schützten. Aber dann wurden Tücher über den Straßen gespannt, sodass die beliebten Feste weiterhin stattfinden konnten. Denn in Soranel war fast jede Woche ein anderes Fest. Die Menschen liebten Feste, Feiern und Tanzen. Immer spielte Musik und begleitete die Menschen im Alltag. Eystaeya mochte die Stadt irgendwie. Sie fühlte sich wohl unter den Menschen hier. Egal, was sie machte, keiner schenkte ihr Beachtung und bemerkte, dass sie nicht ganz in die Menschen passte. Sie liebte es, wie sie unsichtbar in den Menschenmassen werden konnte. Sie mochte auch die Musik, fröhliche Musik, die die Menschen ablenkte. Und sie mochte ihr Zuhause, einer der wenigen Orte, wo sie sich wirklich wohl fühlte. Wo sie nicht den Drang hatte, unsichtbar zu sein.
Gerade war Eystaeya bei ihrem Vater im Laden. Murrend sortierte sie die verschiedenen Kräuter in die Behälter. Wiedermal musste sie ihrem Vater ungeplant aushelfen, dabei wollte sie gerade überall sein, aber sicherlich nicht hier. Sie wollte ihrem Vater aus dem Weg gehen. Eigentlich wollte sie allen Menschen aus dem Weg gehen. Aber das wollte das Schicksal nun mal nicht.
Eystaeya's Vater war ein stattlicher Mann. Er war groß gebaut und hatte viele Muskeln. Er schrieb gerade mal 43 Sommer und trotzdem war sein Haar schneeweiß. Er hielt in einem Zopf, der bis zu seinen Schultern reichte. In diesem Zopf befanden sich 2 Goldene Strähnen, die er jedes Mal wieder mit ein flocht. Dennoch sah ihr Vater nicht alt aus. Keine einzige Falte war in seinem Gesicht. Als hätte er aufgehört zu altern. Adlige kamen oft nur in den Teeladen, um zu fragen, welche Mittel er gegen seine Falten nahm. Und dann war dieser Muskelklotz Teehändler, der viel zu gerne feines Geschirr sammelte und mal ein langes Pläuderchen mit den Stammkunden hielt. Die zierlichen Teetassen sahen winzig in seinen Händen aus.
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Monachopsis [WIP]
FantasyMonachopsis - a persistent feeling of being out of place Eystaeya lebt in einer Welt voller Magie. Nun muss sie sich einer Prüfung stellen, die jeder Einwohner Ephoras ablegen muss. Dort soll sie ihre eigene Magie präsentieren. Die Prüfung rückt imm...