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Nervös ging Annalena in ihrem Büro auf und ab. Der 26. September war bei weitem kein üblicher Sonntagmorgen für sie. Heute war Bundestagswahl. Der Tag, der darüber entscheiden würde, wie die Regierung der nächsten Jahre aussah, wie sich dieses Land entwickeln würde. Seufzend ließ sich Annalena auf ihren Bürostuhl fallen. Die letzten Wochen, gar Monate waren nicht spurlos an ihr vorbeigegangen. Zwar war die Wahlkampftour eine gute Möglichkeit, um präsenter bei den Leuten zu sein, zu zeigen, wofür sie und ihre Partei kämpfen und doch war es auch anstrengend gewesen, fast jeden Tag in einer anderen Stadt zu sein. Immer fokussiert zu bleiben und sich ja keinen Fehltritt zu erlauben. Von den ganzen negativen Schlagzeilen und Hasskommentaren mal abgesehen. So sehr sie es auch versuchte, es gab Tage, an denen es ihr nicht gelang, diese auszublenden. Tage, an denen sie ernsthaft begann, an sich und ihren Fähigkeiten zu zweifeln.
Keine Frage, die Zeit nach der Bundestagswahl würde mindestens genauso anstrengend werden und dennoch war sie froh, wenn der heutige Tag geschafft war.
Gerade als Annalena versuchte, ihre Gedanken wieder zu sortieren, betrat ihr Kollege Robert Habeck das Büro, welches sie sich teilten.
Sie blickte auf und sah in blaugraue Augen, die sie freudig und dennoch etwas besorgt musterten. "Na, bereit für den heutigen Tag?"
Robert setzte sich auf seinen Bürostuhl, jedoch ohne Annalena dabei aus den Augen zu lassen.
Trotz ihres Gedankenchaos musste sie schmunzeln. Seine Präsenz schaffte es mal wieder, wie so oft, sie besser fühlen zu lassen.
Unsicher, ob sie ihre Gedanken komplett teilen wollte, beließ sie es zunächst bei einem "Ich bin auf jeden Fall gespannt, mit welchem Ergebnis der Tag enden wird"
Doch Robert wäre nicht Robert, wenn er sie nicht durchschaut hätte.
"Ich sehe doch deinen nachdenklichen Blick. Was ist los?" Während er sprach rollte er mit seinem Stuhl an ihren Schreibtisch und streifte kurz mit seinen Händen über ihre, die darauf lag.
Allein diese kleine Berührung löste in ihr, wie so häufig, eine kleine Gänsehaut aus. Sie musste lächeln und wünschte sich gleichzeitig, seine Hand hätte ihre weiter festgehalten.
Wann hatte das angefangen? Diesen Wunsch nach seiner Nähe, den sie tief in sich trug. Das Kribbeln in ihrem Bauch, jedes Mal, wenn er nur in ihrer Nähe war. Noch stärker, wenn er sie mal wieder in den Arm nahm, um ihr zu zeigen, dass sie nicht alleine da stand. Sie wusste es nicht. Aber Robert war in den gesamten letzten Wochen wohl ihre wichtigste Stütze gewesen und ihr stetiger Rückhalt. Während ihr Mann kein Verständnis zeigte, wenn sie nach Feierabend einfach erschöpft ins Bett fiel oder es mal wieder nicht nach Hause schaffte, war er einfach da.
"Ich mache mir einfach Gedanken. Was, wenn wir die Leute enttäuschen werden? Was, wenn ich alle enttäuschen werde? Unser Ergebnis zu schlecht ist? Ich weiß manchmal einfach nicht, ob es die richtige Entscheidung war, zu kandidieren." Als Annalena sprach, merkte sie erneut, wie anstrengend es für sie gewesen war, immer die Starke zu sein, nie Schwäche zeigen zu dürfen.
Ihr Kollege stand auf und lief um den Tisch herum, bis er schließlich das einzig richtige tat. "Komm mal her". Er öffnete seine Arme und sie ließ sich einfach fallen. Wärme umfing sie und ein Gefühl, was ihr die letzten Jahre so ziemlich abhanden gekommen war. Geborgenheit. Sie vergrub ihren Kopf tiefer an seiner Halsbeuge und spürte, wie er sie noch fester an sich zog.
So standen sie da, eng umschlungen und hielten einander einfach. Für sie gab es weder Zeit noch Raum, in dem Moment waren sie einfach nur Annalena und Robert.
Nach einer Weile lockerte Robert die Umarmung, jedoch nur, um nach ihren Händen zu greifen und in ihre wunderschönen, blauen Augen zu blicken: "Ich bin so, so stolz auf dich, weißt du das? Niemand wird enttäuscht von dir sein und du selbst bist es bitte auch nicht, dafür hast du gar keinen Grund. Du hast zu jeder Zeit alles gegeben, hast gekämpft für die Partei und ihre Ziele. Es gibt nichts, dass du dir vorhalten musst!"
Annalena spürte Tränen in ihren Augen, als seine Worte bei ihr ankamen und eine ihr ins Gesicht fallende Haarsträhne. Doch bevor sie diese wieder bändigen konnte, nahm sie Roberts Hand war. Warme, weiche Hände, die auf ihrer Wange lagen und sanft ihre Haare hinters Ohr zurückschoben.
Mit Blick in seine Augen hatte sie das Gefühl, in ihnen zu versinken. Spätestens jetzt hatte es keinen Sinn mehr, es zu leugnen. Robert Habeck war längst mehr für sie, als nur ihr Kollege.
"Danke", flüsterte sie und verspürte das dringende Bedürfnis, sich zu räuspern, so belegt war ihre Stimme. "Danke, dass du da bist. Immer da warst in der letzten Zeit. Ich wüsste nicht, was.."
Genau in dem Moment öffnete sich Annalenas Bürotür und sie blickte in das Gesicht ihrer Assistentin, die sie daran erinnerte, dass gleich noch ein Interview anstand.
Als wären sie wieder im hier und jetzt angekommen fuhren Robert und Annalena auseinander.
"Ähm ja, ich muss dann los. Die warten sicher schon auf mich" und bevor Robert die Gelegenheit zu einer Antwort hatte, schnappte sie sich ihre Tasche und verschwand aus der Tür.
Zurück blieb ein mehr als verwirrter und benebelter Robert. Mit zittrigen Beinen ließ er sich auf seinen Stuhl fallen. Die Bundestagswahl, seine anstehenden Termine schienen gerade ganz weit weg. Alles was er vor sich sah waren Annalenas wunderschönen, blauen Augen, die ihn so leuchtend angeblickt hatten.
Sie schaffte es regelmäßig, ihn um seinen Verstand zu bringen, doch die Situation eben war anders. Verletzlicher, aber gefühlvoller. So hatten sie sich von Beginn an ihrer Zusammenarbeit gut verstanden, doch er merkte schnell, dass das was er für diese Frau empfand, wesentlich mehr war. Sie hatte diese besondere Präsenz und wenn sie den Raum betrat, umhüllt von ihrem süßlichen Honigduft, schaffte sie es immer wieder, alle Blicke auf sich zu ziehen. Sie war einfach besonders. Er liebte es, dass er mit ihr lachen konnte, aber auch diskutieren, denn Annalena kämpfte stets für die ihr so wichtigen Themen. Auch das mochte er so an ihr. Sie liebte ihre Arbeit durch und durch.
Und dennoch hatte er gemerkt, dass die letzten Monate nicht spurlos an ihr vorbeigingen, sie manchmal nachdenklicher wirkte, irgendwie bedachter. Es zerbrach ihm jedes Mal das Herz, sie so zu sehen und er war froh, dass sie sich ihm zumindest immer ein Stück weit öffnete und er versuchen konnte, ihr Halt zu geben. Doch so ehrlich wie vorhin war sie nie gewesen.
Er fuhr sich durchs Gesicht. Was war das überhaupt für ein Moment gewesen? Wie sie ihn angesehen hatte, es ging ihm durch und durch.
Irgendwas war anders gewesen, noch vertrauter. Umso mehr ärgerte ihn, dass dieser Moment unterbrochen wurde und sie sich vor der Wahlparty am Abend wohl nicht mehr zu Gesicht bekommen würden.
Auch Annalena war wie in Trance auf dem Weg zum Interview. Es war ihr als wäre sie immernoch in seinen Augen gefangen. Sie musste unbedingt mit ihm sprechen, sich nochmal in Ruhe bei ihm bedanken. Und vor allem ihre Gefühle ordnen, die sie spätestens seit heute nicht mehr leugnen konnte. Die Wärme mit der er sie angesehen hatte, sie glaubte sie immer noch spüren zu können und es war das, was sie bis zum Abend durch den Tag brachte.
Endlich war der Abend da und beide hofften inständig, den anderen etwas länger zu Gesicht zu bekommen als nur durch ein paar flüchtige Blicke zwischen ihren jeweiligen Interviews.
Und doch schafften sie es vor ihres gemeinsamen Auftritts auf der Bühne nicht mehr, ein paar Worte zu wechseln.
Doch als sie sich beide lächelnd anschauten, bevor sie nach oben gingen, wusste Annalena, dass dieser Abend, ganz unabhängig vom Wahlergebnis ihrer Partei, ein besonderer werden würde.
Die Hochrechnungen waren natürlich schon bekannt und doch war diese Veranstaltung, ihr Statement dazu eine andere Herausforderung. Als sie oben stand musste sie erstmal tief durchatmen. Doch sie spürte wie ihr die Last der letzten Wochen von den Schultern fiel. Robert, der sie von der Seite aus ansah, bemerkte, wie emotional sie war und ohne lange zu überlegen, machte er einen Schritt auf sie zu. Annalena spürte, wie sie die gleichen warmen Arme wie am Vormittag umfassten und wieder machte sich Kribbeln in ihr breit. Sie konnte es nicht leugnen, wie unverwundbar und sicher sie sich dadurch fühlte. Bevor Robert sie wieder loslies, spürte sie sanft seine Lippen an ihrer Schläfe und hörte die Worte, die er ihr ins Ohr flüsterte "Ich bin so stolz auf dich".
Annalena war wie benebelt. Alles was sie wahrnahm, waren seine Lippen, sein Parfüm, seine Präsenz. Im Nachhinein wusste sie nicht mehr, wie sie es geschafft hatte, ein halbwegs vernünftiges Wort rauszubringen, doch dem Jubel ihrer Partei nach zu urteilen, gelang ihr das wohl ganz gut.
So beendete sie ihre Rede mit "Meine lieben Freundinnen und Freunde, auch wenn es heute noch nicht gereicht hat, wir haben einen Auftrag für die Zukunft!"
Unter großem Beifall verließ sie die Bühne und verschwand auf direktem Wege in ihre Garderobe. Sie musste dringend durchatmen.
Doch weit kam sie damit nicht. Sie hörte ein Klopfen an ihrer Tür und keine zehn Sekunden später blickte sie in Roberts blaue Augen.
"Annalena, ich.." Sie schauten sich einfach nur an und beiden fehlten die richtigen Worte. Er setzte mehrmals an, um etwas zu sagen, nur um den Satz dann wieder zu verwerfen.
Schließlich standen sie so nah voreinander, dass kein Blatt mehr dazwischen gepasst hätte. Die Luft knisterte förmlich, als sich ihre Gesichter einander annäherten.
Annalena spürte seinen Atem auf ihren Lippen und konnte ihr aufkommendes Lächeln nicht mehr unterdrücken. Das reichte Robert, um die letzte Lücke zwischen ihnen zu schließen. Er nahm ihre weichen Lippen wahr und konnte es kaum glauben, dass er diese wundervolle Frau gerade küssen durfte.
War der Kuss zunächst verhalten, so wurde er schnell intensiver. Annalena spürte seine Hände in Richtung ihres Pos wandern, während sie ihn noch näher zu sich zog. Wie lange hatte sie sich genau das gewünscht, ihn so nah spüren zu können, sich genau solche Szenarien ausgemalt. Sie seufzte leise auf, als sich ihre Zungen berührten. Es war als würde sich all das angestaute Verlangen zwischen ihnen gerade entladen und es fühlte sich verdammt gut an. Doch es gab noch etwas, dass sie dringend loswerden wollte. Schwer atmend unterbrach sie den Kuss und blickte ihn an "Ich glaube, nein ich weiß es, ich habe mich in dich verliebt Robert. Du warst all die Monate mein Anker, der Mensch der da ist und mich zum lachen bringt, bei dem ich ich sein kann und mich nie verstellen musste. Der bei dem ich mich sicher fühle. Ich weiß nicht wie es dir geht, aber das möchte ich nicht mehr missen wollen. Ich möchte dich nicht mehr missen wollen."
Sie nahm den Glanz in seinen Augen wahr als er zu sprechen begann. "Annalena, all das bin ich gerne für dich. Deine Worte gerade.. wenn ich dich sehe, manchmal kann ich es gar nicht glauben, dass ich so eine tolle Frau kennen darf. Das was du fühlst, ich.. mir geht es genauso"
Und damit vereinte er ihre Lippen wieder zu einem innigen Kuss.

always there {annalena baerbock x robert habeck}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt