Ein Schlag traf Kosh in die Magengrube und ließ ihn zurücktaumeln. Die Menge um ihn herum jubelte, als der junge Minotaur zurückwich, um etwas Luft zwischen seinen Gegner und sich zu bringen.
Koshs Gegner, ein muskelbepackter Minotaur namens Unblik wartete siegessicher, die Hände abwartend erhoben, bis sein Gegner wieder zu Atem kam und erneut die Fäuste hob.
Es war Mitte des Sommers und die Sonne schien noch heißer als sonst auf die kleine Wüstenstadt Karmandul, in der Kosh lebte. Zurzeit fand des Fest des Tark, des Schutzpatrons der Minotauren, statt, zu dessen Ehren eine ganze Woche lang gefeiert wurde. An jeder Ecke gab es Essensstände, Gaukler führten ihre Kunststücke vor, es wurde getrunken und geschlemmt, als gäbe es kein Morgen mehr.
Und natürlich wurde auch das Tark-Turnier veranstaltet, ein Wettbewerb, bei dem jeder Minotaur, der mutig genug war, sich anmelden konnte. In spektakulären Zweikämpfen stellten die Teilnehmer sich einander, mal mit Waffen, mal mit bloßen Fäusten. Dem Sieger winkte ein Preisgeld in Höhe von 1000 Goldmark, genug, um sich ein Haus in der Stadt leisten zu können und zu einem angesehenen Bürger Karmanduls zu werden. Oder aber um eine Karawane zu bezahlen, die eine kranke Frau den weiten Weg durch die Wüste und die angrenzenden Reiche bis zu den Magiern der Elfen zu bringen.
Statt fand das Turnier in einer speziell dafür angelegten Arena, dreißig mal dreißig Fuß. Drumherum hatte man Tribünen aus Holz errichtet, von denen aus die angesehenen Bürger der Stadt das Spektakel genießen konnten. Diener huschten zwischen den Reihen hin und her und boten Speisen und Getränke feil.
Kosh hatte seinen Meister, einen angesehenen Minotauren der Stadt namens Pulltrok, lange bitten müssen, an dem Turnier teilnehmen zu dürfen. Als einfacher Diener stand es den Meister des gerade mal 16-Jährigen zu, beliebig über ihn zu bestimmen und ihn die Teilnahme zu verbieten. Nur mit viel Überredung und der Tatsache, dass der Sohn Pulltroks ein gutes Wort für ihn eingelegt hatte, konnte Kosh ihn schließlich überzeugen, ihn für die Dauer der Kämpfe freizugeben.
Schwer atmend richtete sich Kosh wieder auf und hob die Fäuste auf Brusthöhe. Bis auf einen Lendenschurz und Bandagen zum Schutz der Knöchel trugen weder er noch sein Gegner Kleidung. Barbrüstig und abwartend standen die Kontrahenten sich gegenüber. Dann stieß Unblik einen Schrei aus, senkte den Kopf und stieß seine Hörner in Richtung Kosh.
Im letzten Moment wich der jüngere Minotaur aus und gab den Gegner noch einen Schlag mit seinen Ellbogen mit. Unblik stolperte vorwärts und prallte gegen die Barrikade, die die Kämpfenden vom Publikum trennte. Er wirbelte herum, um sich Kosh erneut zu stellen, doch da war der schon über ihn.
Schlag um Schlag prasselte auf den Minotauren nieder, der mit der Wand im Rücken keine Möglichkeit hatte, den Schlägen des Jüngeren zu entgehen. Ein Schlag traf ihn in die Rippen, ein weiterer mitten auf die Nase, der nächste traf die Wand knapp neben seinen Ohr. Die Schläge endeten erst, als Unblik mit letzter Kraft: „Stopp!" rief, das Zeichen, das er sich ergab.
Sofort ließ Kosh von ihn ab und trat einen Schritt zurück, die Hände erhoben. Jubel brandete von den Rängen herab, die Zuschauer feierten den jungen Minotauren, der seinen ersten Sieg in diesem Turnier errungen hatte.
Unblik löste sich von der Wand und nickte seinem Kontrahenten anerkennend zu. „Nicht schlecht, Kleiner. Ich hatte zwar nicht erwartet, das Turnier zu gewinnen, aber etwas weiter wäre ich trotzdem gerne gekommen. Viel Glück noch mit deinen weiteren Gegnern."
Kosh streckte die Fäuste gen Himmel und erst jetzt fiel ihm auf, das unter der rechten Achsel ein schmaler Streifen Blut zu sehen war. Scheinbar hatte ihn Unbliks Horn gestreift, ohne das er es gemerkt hatte.
Die Menge jubelte nach wie vor und sie jubelte auch noch, als Kosh und Unblik Seite an Seite durch das Tor die Arena verließen. Hinter ihnen betrat der Kommentator die Arena und kündigte die nächsten Kämpfer an. Dann schlug die Tür hinter den beiden Minotauren zu und der Lärm von draußen wurde schlagartig leiser.
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Minotauren
FantasyDer Kontinent Edaria wird von einer Seuche heimgesucht, die bereits zahlreiche Bewohner dahingerafft hat. Auch die Mutter des jungen Minotauren Kosh ist bereits an ihr erkrankt. Und nun soll ausgerechnet er dabei helfen können, die Krankheit zu besi...