Henry-Wie alles begann

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"Ich fahr' dann los Schatz", Rief Henry seiner Frau zu und öffnete mit seiner teuren Sony Kamera um den Hals hängend die Haustür. Seine Frau lächelte ihm aus dem Küchenfenster zu und rief zu ihm herüber: "fahr vorsichtig mein Liebling!"
Henry schloss die Tür hinter sich und stieg in sein Auto. Er startete den Motor und fuhr Richtung Autobahn.

Henry Deneveran war Hobby Fotograf, was man unschwer an seiner 4000$ teuren Kamera erkennen konnte, die hinter ihm auf dem Rücksitz seines knallroten Chevrolets lag, verpackt in einer primitiven Stofftasche, die mitgeliefert worden war als er sich die Kamera bestellt hatte.        Henry Lebte mit seiner Ehefrau Mart zusammen in einem kleinen Einfamilienhaus in Minnesota. Henry war anfangs etwas verdutzt gewesen als er am morgen seinen Briefkasten geöffnet hatte und ihm ein Brief entgegenfiel der aus Oklahoma versendet worden war. Henry war nie öfter als nötig in Oklahoma gewesen und kannte dort auch niemanden. Die Frage war nun also: Wer sollte ihm vom anderen Ende des Landes aus Post schicken? Noch verwunderter war er allerdings über den Inhalt des Umschlags. Jemand aus Oklahoma der Henry nur zu gut zu kennen schien, hatte ihm einen ausgeschnittenen Zeitungsartikel zukommen lassen, in dem stand das der seltene "Rotkardinal", nun in den Wäldern des Eagle Mountain Gebirge gesichtet worden war. Der Artikel kam nur wenige Tage nach Veröffentlichung bei Henry im Briefkasten an und wer auch immer ihm diesen Artikel hatte zukommen lassen, wusste über Henrys Leidenschaft für das fotografieren bescheid. Der anonyme Absender wollte Henry wohl mit dem Artikel einen Gefallen tun und ihm indirekt sagen, er solle dorthin fahren und sich auf die Suche nach diesem Vogel begeben, ihn filmen um anschließend damit vor den Augen der Welt prahlen zu können.

Henry war sich darüber im klaren das sich wohl kaum jemand für die Erlebnisse von jemandem wie ihm interessieren würde, doch wusste er auch das es Menschen gab,  die es brennend interessieren würde was er gesehen und gehört hatte und eben diesen Menschen galt es etwas zu bieten. Seine Frau war ebenso verwundert über den plötzlichen Brief der vom anderen Ende des Landes versendet worden war, freute sich jedoch für ihren Mann, dass er scheinbar Fans hatte die ihm einen Gefallen tun wollten und solche Leute sollte man ja bekanntlich nicht enttäuschen. "Vielleicht wartet dort ja jemand auf dich. Vielleicht erlebst du dort ja das aufregendste Erlebnis deines Lebens", hatte sie zu ihm gesagt und ihm dabei ins Gesicht gelächelt, nicht ahnend, wie recht sie damit haben sollte. Henry schaltete das Radio ein, schaltete es jedoch schnell wieder aus denn es lief nur der übliche, verwaschene Pop-Mainstream, mit dem Henry nichts zu tun haben wollte. Henry schwor seit jeher auf den klassischen guten, alten Blues der 1940er Jahre. Er griff ins Seitenfach der Autotür und holte eine selbst gebrannte CD, mit illegal gesaugten Tracks von Louis Armstrong und Jimmy Harrison heraus. Dies seien einzig wahren Blues Künstler, die wussten wie man gute Musik macht, hatte er, immer wenn das Thema in Richtung Musik gelenkt worden war am Stammtisch gesagt, gefolgt von einem: "Alles andere ist scheußlicher Müll"
Die fahrt durch die dreckigen kaputten Straßen der USA war lang und wäre nicht die Trompete von Louis Armstrong gewesen, auch noch langweilig und trüb zugleich. Henry überlegte lange und angestrengt, wer ihm denn einen Brief aus Oklahoma, anhänglich einer indirekten Aufforderung zum Eagle Mountain zu fahren geschickt hatte. War es eine hübsche Dame die auf ihn wartete? Vielleicht ja die gutaussehende Frau an de Kasse vom Seven-Eleven. Die war auf jeden Fall gutaussehend und um ein vielfaches heißer als seine Ehefrau. Woher die allerdings seine Adresse haben sollte und ihn ausgerechnet am Eagle Mountain treffen wollte, war henry allerdings ein Rätsel das er nicht zu lösen vermochte. Als er sich mit dem Gedanken angefreundet hatte, dass es wohl nicht die attraktive Brünette aus den Seven-Eleven war, erschien vor ihm auch schon ein Straßenschild das die Zufahrt zum Eagle Mountain ankündigte.

Auf dem Parkplatz erblickte Henry zuerst einmal nichts groß besonderes sondern nur ein paar Menschen die grinsend Fotos von sich selbst und ihren geliebten vor dem Berg machten und sich danach darüber aufregten, dass das Foto durch die Handy Kamera nicht die gewünschte Qualität hatte. "Hier steckst du also, kleiner roter Vogel", sagte Henry, wohl etwas zu laut, denn kurz darauf vernahm er einige Stimmen hinter sich, die ihm lachend viel Glück bei der Suche wünschten. Henry, der schon den Sarkasmus in ihren Glückwünschen verstanden hatte, bedankte sich trotzdem lächelnd, öffnete die hintere Tür seines Autos und holte seine Kamera heraus und hängte sich diese um.

HenryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt