Wütend stapfte sie durch den Schnee. Die weißen Flocken umwirbelten sie und legten sich leicht auf ihre Haare. Tränenspuren zogen sich über ihr Gesicht, doch ihre Gesichtszüge waren grimmig verzerrt. Wie konnte es dieser Idiot wagen?! Während sie ihn in Gedanken weiter beschimpfte und verfluchte wurde der Schnee tiefer.

Das gefrorene Wasser gelangte in ihre Stiefel und durchnässte ihre Socken. Doch es war ihr egal, dass ihre Füße nass und kalt wurden. Zu sehr war sie wütend. Über das, was er getan ... Nein! Gesagt hatte. Die Wut in ihr loderte wild auf und schien sich durch sie zu fressen, sie zu verschlingen. Doch sie hatte nichts dagegen. Wollte sich der Wut hingeben, sich aufregen, schimpfen, fluchen, zetern, schreien. Ihrem Zorn freien Lauf lassen. Es hatte sie verletzt. Und das sehr. Wie hieß es doch? Mache nie eine Frau wütend. Bitte, er hatte es geschafft. Hatte sie auf die Spitze getrieben, bis sie es nicht mehr aufhielt. Hatte sie aufgezogen, gedemütigt, verletzt. Und das immer und immer wieder.

Doch sie hatte ihm immer verziehen. Hatte sich immer wieder mit ihm vertragen, über seine Fehler hinweggesehen, sie ignoriert. Doch damit war jetzt Schluss. Er hatte übertrieben und das sollte er bereuen.

Während sie so darüber nachdachte erreichte sie den verbotenen Wald. Auch jetzt, im tiefsten Winter ragten die Bäume majestätisch in die Höhe, wetteifern um ihre Größe. Es waren kleine Pflanzen dabei, und riesige Kolosse. Manche hatten noch ihr dichtes Kleid aus Nadeln, andere hatten ihr Laub bereits verloren. Doch sie alle hatten eine Schönheit an sich, eine majestätische Ausstrahlung. Egal ob kleiner Setzling oder große Eiche. Sie alle gehörten zu einem großen Ganzen. Jeder trug seinen Teil dazu bei, dass es in diesem Wald Leben gab. Jeder hatte seinen Part. Wie auch bei ihnen. Jeder hatte seinen Part, seinen Teil, den es zu erfüllen galt.

Doch manchmal fühlte sie sich nicht als Teil eines großen Ganzen, nicht als wichtiges Mitglied ihrer Gruppe. Wieder stieg Wut in ihr auf. Wieso musste er nur immer wieder darauf herumtrampeln? Dieser verfluchte Idiot. Das Schneetreiben um sie herum wurde langsam stärker. Der Wind blies ihr um die Ohren, verfing sich in ihren Haaren und zerrte an ihnen. Sie schloss die Augen. Es fühlte sich angenehm an. Wie gerne würde sie jetzt mit dem Wind fliegen. Sich einfach nur treiben lassen. Alle Gedanken einfach mal loslassen. Dieser Wunsch war ungewöhnlich für sie, denn eigentlich hielt sie nichts vom Fliegen. Doch jetzt wünschte sie sich auf einmal nichts mehr als das. Doch sie blieb weiterhin auf dem Boden und ging nun weiter auf die Baumgrenze zu. Die Grenze, die die freie Fläche bei Hagrids Hütte vom dunklen Wald trennte. Normalerweise würde sie gar nicht erst in Erwägung ziehen in den Wald zu gehen, doch es war weder Vollmond noch etwas Ähnliches. Auch der Wald hielt eine Art Winterschlaf.

Jetzt hatte sie die ersten Baumgruppen erreicht. Sie trat zwischen sie und betrat somit den verbotenen Wald. Es war wunderschön. Der Schnee hatte die großen Kiefern und Lerchen bedeckt und glitzert nun in der Sonne. Auf dem Boden konnte man die kleinen Fußabdrücke vieler Tiere erkennen. Eichhörnchen waren dabei und Rehe. Auch Vögel hatten sich getraut auf den Boden zu kommen. Und weiter hinten konnte sie die Spuren einer Maus erkennen. Sie seufzte. Es war so wunderschön hier. So friedlich. Nach der Schlacht um Hogwarts hatte sich so viel verändert. Harry, Ron und sie wurden plötzlich von allen verehrt und gefeiert. Und dennoch lag eine bedrückende Atmosphäre über allem. Jeder hatte mindestens einen Bekannten verloren. Einen Freund, einen Verwandten, ja vielleicht sogar die Liebe ihres Lebens. Auch sie trauerte noch und dann kam Ron und machte ihr und Harry Vorwürfe, sie hätten sich nicht genug bemüht. Dabei war doch er es, der einfach abgehauen war und danach angekrochen kam, als wäre nichts gewesen. Und jetzt hatte er auch noch ihre Eltern beleidigt. Ohne jeglichen Grund. Er meinte, sie sollte ihnen ihre Erinnerungen nicht mehr wiedergeben. Was dachte sich dieses Arschloch nur dabei?

Hatte er nicht während ihrer Reise immer wieder geklagt zu seinen Eltern zu wollen? Und nun wollte er ihr sagen, sie solle ihre Familie aufgeben und lieber zu ihm kommen? Nicht mit ihr. Das konnte er vergessen. Wütend Schritt sie weiter voran, immer tiefer in den Wald hinein. Weg von allen Problemen, von den Leuten, von Ron.

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