tip toe around our feelings

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POV Yvonne

Nervös laufe ich im Wohnungsflur auf und ab und warte darauf, dass es klingelt. Ich hatte Steff vor ein paar Tagen gefragt, ob sie vorbeikommen könnte, da ich unbedingt mit ihr reden muss. Seit wir uns bei den Aufzeichnungen der Jubiläumsstaffel von The Voice Of Germany vor gut eineinhalb Jahren kennengelernt haben, sind Steff und ich quasi unzertrennlich. Ich weiß auch nicht, wie das sein kann, so genau kann ich es nicht beschreiben. Es ist wie ein unsichtbares Band, was uns verbindet, seit Tag eins. Seit wir damals über zwei Stunden miteinander gefacetimet und uns alles Mögliche übereinander erzählt haben.

Wir können echt über alles miteinander reden und haben uns schon in so vielen schwierigen Situationen beigestanden, wie das beste Freunde eben tun. Naja, also eigentlich. Denn seit einigen Wochen, seit wir uns das letzte Mal auf einer Veranstaltung gesehen haben, ist es anders. Schon dort war es irgendwie komisch. Als wir uns nur flüchtig über den Weg gelaufen sind, begrüßten wir uns zwar noch herzlich wie immer, doch als wir uns dann später wie zuvor abgemacht in meiner Garderobe trafen, war die Stimmung zwischen uns irgendwie nicht mehr so ausgelassen wie sie es vorher immer war. Es lag eine gewisse Anspannung in der Luft und der Abend endete fast in einem Streit, hätte ich meine Sturheit und meinen Stolz nicht doch noch rechtzeitig zur Seite gelegt und mich entschuldigt. Seitdem haben wir uns nicht mehr gesehen und nur wenige Nachrichten hin und her geschickt, da sie mir dauernd irgendwelche Ausreden auftischte, warum sie gerade keine Zeit zum Reden oder Treffen hätte. Auch als ich sie dann vor gut einer Woche einfach mal anrief, um zu fragen, ob alles okay ist, war sie total abweisend und redete nur das Nötigste.

Seit diesem Telefonat kreisen meine Gedanken nur noch um sie. Wobei, ist ja nicht so, als wäre das vorher nicht der Fall gewesen. Denn natürlich musste ich mich ausgerechnet in Steff - richtig, meine beste Freundin - verlieben. Die ganze Zeit versuchte ich, meine Gefühle zu unterdrücken, doch gerade wenn sie sich so zurückzieht, fällt mir das unheimlich schwer. Mir war sofort bewusst, dass irgendetwas nicht stimmen konnte, aber sie wollte einfach nicht darüber reden und hat immer wieder abgeblockt, wenn ich sie danach fragen wollte. Doch irgendetwas muss doch passiert sein, vielleicht sogar an diesem Abend noch. War ich etwa zu auffällig, zu aufdringlich? Hat sie meine Gefühle bemerkt und geht jetzt deshalb so auf Distanz? Oder habe ich etwas falsches gesagt, sie verletzt? Ist sie immer noch sauer auf mich wegen unserer kleinen Auseinandersetzung? Wird sie mir verzeihen können? Das war doch eigentlich so ein unnötiger Streit, den wir ja auch direkt an dem Abend geklärt haben. Oder etwa doch nicht? Was, wenn-

Plötzlich werde ich durch ein schrilles Klingeln aus meinen Gedanken gerissen und ich brauche einige Sekunden, um zu realisieren, dass Steff vermutlich gerade vor meiner Tür steht. Ich atme noch einmal tief ein und aus und öffne dann die Tür. Tatsächlich steht mir nun eine mich leicht anlächelnde Steff gegenüber und nach ein paar Sekunden, in denen wir uns nur stumm anschauten, ziehe ich sie in eine kurze Umarmung, woraufhin sie kurz stockt, da sie mit dieser wahrscheinlich nicht gerechnet hatte. Wie immer, wenn wir uns so nah sind, spüre ich ein leichtes Kribbeln im Bauch, welches ich allerdings gekonnt versuche zu ignorieren. Nach weiteren etwas unangenehmen Sekunden der Stille bitte ich sie in die Wohnung.

Wir setzen uns beide mit etwas Abstand auf die Couch und wieder herrscht diese unangenehme Stille. Erst nach ein paar Minuten fällt mir ein, sie nach dem Trinken zu fragen und wenig später komme ich mit einer Flasche Weißwein und zwei Weingläsern in der Hand zurück ins Wohnzimmer. Nachdem ich unsere Gläser gefüllt habe, sippen wir nun beide an unserem Wein und wissen wieder nicht, was wir sagen sollen. Da ich diese laute Stille zwischen uns echt nicht mehr ertragen kann, räuspere ich mich kurz und ergreife dann das Wort. "W-wie geht es dir so?" ist dann das erste, was meinen Mund verlässt, bevor ich überhaupt genauer darüber nachdenken konnte. Steff nimmt einen weiteren Schluck Wein und antwortet dann schnell: "Gut, mir geht's super. Und dir so?" Zu schnell. Wobei hier sowieso jedem Blinden klar sein sollte, dass es ihr nicht "super" geht und sie eindeutig angespannt ist. Ich entscheide mich dafür, jetzt nicht weiter nachzuhaken, da das sowieso zu nichts führen würde und sie wahrscheinlich wieder nur abblocken würde. Also sage ich nur, dass es mir auch gut geht. Dass das eine knallharte Lüge war, wird auch Steff bemerkt haben, doch sie quittiert diese nur mit einem stumpfen "schön". Wir nehmen beide wieder einen Schluck Wein, um diese unangenehme Stille zu überbrücken. Schließlich entscheide ich mich doch dazu, etwas mehr nachzufragen, zum einen um vielleicht doch endlich eine Antwort auf meine Fragen aus ihr heraus zu bekommen, zum anderen aber auch, weil es schließlich keinen Sinn hat, den ganzen Abend schweigend auf der Couch zu hocken, während wir beinahe von diesen unausgesprochenen Gefühlen erdrückt werden.

Catterkloß Oneshots✨Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt