Alice
Nachdem ich die weiche Hand von Linda Teuteberg geschüttelt hatte, war auch Sahra Wagenknecht dran. Gleichzeitig streckten wir uns die Hände entgegen. Ich entschied mich dafür, die Initiative zu ergreifen und meine Hand in ihre zu legen. "Hat mich gefreut. Immer schön, Sie in der Runde zu haben", murmelte ich so leise, dass nur sie es hören konnte.
Sahra
"Ach, tatsächlich?", murmelte ich zurück und fühlte einen leichten Schweißfilm auf Weidels Hand. War sie so nervös, weil unsere Haut in Kontakt kam? Ihr Händedruck fiel jedenfalls sehr lasch aus. Als ob sie sich nicht trauen würde, etwas fester zuzupacken.
Alice
Ich hatte mit einer längeren und schlagfertigeren Antwort gerechnet. "Kommen Sie auch noch mit in die Lounge, etwas trinken?"
Sahra
Ich war überrascht, dass sie mich so direkt ansprach - so direkt mit einer Frage konfrontierte, die doch viel zu intim für unser Verhältnis war? Das erste, was ich tat, war sachte mit dem Kopf zu schütteln. "Nein, ich denke nicht", erwiderte ich und verschwand dann schnell. Als ich vom angestellten Personal meine Wertsachen ausgeliefert bekam, fiel mein Blick sofort auf mein iPhone. Keine Nachricht. Oskar war wohl bereits am schlafen...und heute würde ich auch nicht mehr die Kraft haben, um die weite Strecke bis ins Saarland auf mich zu nehmen. Sollteich vielleicht doch in der Lounge vorbeischauen?
Alice
Eine Ablehnung. Ich hätte mich wohl vorsichtiger herantasten müssen - an die werte Frau Wagenknecht. Schade. Ich schlenderte dennoch in die Lounge, weil Linda Teuteberg auch diese Richtung ansteuerte. Wenigstens mit einer hübschen Frau wollte ich heute flirten...Ich setzte mich etwas breitbeinig auf einen Barhocker an die Bar und bestellte Moscow Mule. Ich bauchte auf der einen Seite ein wenig Mut, auf der anderen Seite wollte ich den Frust wegtrinken, den mir die Absage Wagenknechts bereitet hatte. Als ich den ersten Schluck nahm und mit Linda Teuteberg ein paar Worte über Steuerpolitik gewechselt hatte, sah ich sie plötzlich in die Lounge schweben. Sahra Wagenknecht in ihrem roten Kostüm und mit den smaragdgrünen, schweren Ohrringen.
Sahra
Ich steuerte direkt die Theke an und fühlte mich sofort unwohl, als viele Blicke der männlichen Kundschaft mich förmlich abtasteten. "Ein Wasser bitte", flüsterte ich fast und sah mir die Getränkekarte an, hauptsächlich, weil ich beschäftigt wirken wollte. Der Barkeeper händigte mir das Wasser aus. Nicht, ohne mich abschließend mit einem seltsamen Blick zu beäugen. Um diese Uhrzeit bestellten sich wohl die wenigsten Wasser. Ich nahm einen Schluck von der kalten, kohlensäurehaltigen Flüssigkeit und sah mich etwas verstohlen in der Lounge um. Besonders groß war das Establishment nicht und es dauerte nicht lange, bis ich Alice Weidel wieder sah. Sie hatte irgendwas Alkoholisches in der Hand und unterhielt sich mit der unerträglichen Teuteberg. Und wenn ich es richtig deutete, flirtete sie sogar mit ihr. Zumindest hatte sie sich ungewöhnlich weit zu ihr vorgebeugt und gestikulierte übertrieben mit den Händen, als ob sie gerade eine furchtbar gute Geschichte zum Besten geben würde. Ich sah schnell wieder weg, blickte auf mein Wasser und fragte mich unweigerlich, was ich hier eigentlich tat.
Alice
Teuteberg und ich verstanden uns erstaunlich gut. Und auch, wenn ihr schönes Gesicht mich zuweilen sehr faszinierte, genoss ich Sahra Wagenknechts Blicke noch mehr. Warum war sie überhaupt hier? Ich konnte mir eigentlich kaum vorstellen, dass es meinetwegen war. Wahrscheinlich vermuteten die meisten Frauen bei mir ohnehin schon ziemlich schnell, dass ich mit ihnen flirtete. Dabei war ich meistens einfach nur nett. Jeder wusste, dass ich lesbisch war, auch Sahra Wagenknecht. Suchte sie also tatsächlich meine Nähe oder war sie nur zufällig hier?
Sahra
Ich sah, dass mein Wasserglas leer war und kurz darauf sprach mich schon der Barkeeper an, mit der Frage, was ich als nächstes haben möchte. "Sind Sie sicher, dass Sie nichts Alkoholisches wollen? Der stressige Alltag einer Berufspolitikerin muss doch sehr an den Nerven zerren...", sagte er und sah mir eindeutig in den Ausschnitt meines Kleides.
Alice
Ich beobachtete, wie sie mit dem Barkeeper redetet, der zum einen gerade mit schwenkenden Bewegungen mit seinem Arm die Vielfalt der Getränke präsentierte und zum anderen ziemlich widerlich penetrant auf ihre Brüste starrte. Diesen Augenblick wollte ich nicht länger ertragen. Ich verabschiedete mich von Linda Teuteberg, beugte mich zum Abschied noch einmal zu ihr vor, glitt dann galant vom Barhocker und machte mich mit festen Schritten auf den Weg zu Wagenknecht. "Zwei Gläschen Bordeaux, bitte!"
"Gibt's hier nicht. Wir sind hier bei Anne Will und nicht bei einer Weinprobe."
Ich zog eine Augenbraue hoch. "Na dann...ich trinke eh lieber Bier, ich dachte da nur an etwas Feineres für die Dame hier." Ich deutet auf Wagenknecht.Sahra
Ich wunderte mich, wie schnell sie das Interesse an Teuteberg verloren hatte und zu mir an den Tresen kam. Die Frau, über die sich die ganze Welt das Maul zerriss. Oder sie anbetete. "Sehr nett, dass Sie an mich denken", sagte ich gedehnt und blickte zu Teuteberg rüber. "Konnte Teuteberg Sie nicht bei Laune halten?"
Alice
"Doch, ganz hervorragend sogar. Wirtschaftlich ist sie im Gegensatz zu Ihnen noch nicht vom rechten Weg abgekommen." Ihre Bemerkung nervte mich etwas. Sie stellte es schon wieder so dar, als würden sich meine Gedanken nur um sie drehen und darüber, dass ich sie auf der Stelle am liebsten ausziehen und fingern wollte...
Sahra
"Wer heutzutage noch den Kapitalismus vertritt, bei dem zweifle ich zurecht an Fähigkeit zur Reflexion", sagte ich und fragte mich, weshalb ich mich überhaupt mit Alice Weidel abgab. In der nächsten Sekunde allerdings stockte und hielt ich gedanklich inne. Das letzte Mal, als ich mich auf dieser Ebene mit jemandem unterhalten hatte, war schon lange her. Mein junges, radikales Selbst brachte Weidel mit Leichtigkeit zum Vorschein, was ich allerdings nicht ganz zu deuten wusste. Ich konnte heutzutage viel besser mit anderen Ansichten umgehen, aber dieses Frau hatte etwas Provokantes an sich, was mich extrem reizte.
Alice
"Ach, ist das so?", ich zog meine Augenbraue hoch und nahm das Bier entgegen, das der Barkeeper inzwischen hergestellt hatte. Ich trank ein bisschen was vom Schaum ab und leckte mir danach über die Lippen. Dabei sah ich Wagenknecht in die Augen. "Wir sind Wirtschaftsnation, ohne Kapitalismus funktioniert hier nichts, Schätzchen." Hatte ich sie gerade ernsthaft Schätzchen genannt? Ich versuchte, unbeirrt fortzufahren. "Die Autoindustrie stellt die meisten Arbeitsplätze. Ohne Kapital läuft da nichts."
Sahra
Als sie mich herablassend Schätzchen nannte, spürte ich es in meinen Fingerspitzen jucken. Sie sprach unbeirrt weiter und ich stellte mir vor, wie meine Handfläche auf ihrer rechten Gesichtshälfte landete und ihr Kopf hart nach rechts abdriftete, die Brille dabei zu Boden fiel und aus Versehen unter meinem Absatz landete, der ihr dann den letzten Rest gab. "Sie sollten sich vielleicht etwas besser über meine präferierte Gesellschaftsform informieren, denn stellen Sie sich vor, da existiert auch noch eine Autoindustrie."
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Don't shake hands with the devil
FanfictionAus ihrer jeweils ganz eigenen Perspektive erzählen Alice Weidel und Sahra Wagenknecht von einem Abend, den sie so schnell nicht mehr vergessen dürften...dabei fing alles ganz harmlos an: Sie trafen sich bei Anne Will...