Lilis Reise ins Zauberland / Spirited Away 2

Ein kleines schwarzes Auto, das schon deutlich bessere Tage gesehen hatte, summte mit lautem Motor über schmale Feldwege dahin.
Die Landschaft war erfrischend grün und erfreute sich am heißen Sommer.
Der blaue Himmel war wolkenlos.
Schließlich versuchte das Auto den Sonnenstrahlen zu entkommen und verschwand in einem Wäldchen.

Hier war der Boden deutlich unbefahrener und nicht für das Auto geeignet. Vereinzelt brach die Sonne durch das Blätterdach und warf durch den Wind, tanzende Schatten auf Weg und Auto.
Der Motor schrie durch den beschwerlichen Weg auf und kämpfte sich auf dem Pfad mit Mühe voran.
Wie aus dem Nichts ertönte ein Fingerschnippen.
Für einen Moment verschwand der Wind und das Rascheln der Blätter ebbte ab. Doch der Moment war so schnell wie er gekommen war auch wieder vorbei und der Automotor hatte sein Limit erreicht.

Ruckartig blieb das Gefährt stehen. Unter der Motorhaube stieg dunkler Rauch auf. Durch die Schieflage des Weges rollte das Auto rückwärts zurück und krachte schließlich gegen eine alte Götterstatue, die hier schon Jahrhunderte gestanden haben musste.
Das Auto und die Fahrerin wurden heftig durchgeschüttelt. Die Statue hatte es noch schlimmer getroffen: sie war vom Aufprall in viele Einzelteile zertrümmert worden.

Die Tür des schwarzen Wagens wurde aufgestoßen und eine dunkelhaarige Frau im jungen Alter rettete sich aus dem Gefährt. Mitten im hohen, unberührten Gras übergab sie sich.
Autofahren war schrecklich für sie und sie schien komplett durch den Wind zu sein. Nach dem Schreck setzte sogleich Wut ein und sie trat zornig gegen das alte Blech.
"Schrottkarre!!!
Ich hätte nicht das alte Auto meines Onkels nehmen sollen! Ohne Führerschein im Nirgendwo? Ich werde viel Ärger bekommen!
Dieser Müll auf vier Reifen!!!"

Sie trat nochmal extra gegen das Blech und dreht sich dann um.
Das Auto war weiter zurückgerollt, als gedacht. Den Weg, der den Hügel hochführte, kannte sie nicht und hatte diesen auf dem Weg nach oben auch nicht bemerkt. Das Wäldchen musste viele Wege haben. Ein ganzes Labyrinth!
Die junge Frau griff in ihre Tasche und zog ein Handy hervor, doch auf dem Bildschirm stand nur: Kein Empfang.

Grimmig fuhr sie sich durch das dunkle Haar und stieg den Hügel hinauf. Sie musste einen Ort mit Empfang finden, um Hilfe rufen zu können.
"Mist! So komme ich nie rechtzeitig zur Party! Warum muss Kris auch eine Party in einem so abgelegenen Dorf veranstalten? Ich hasse Autofahren!
Pah!"

Durch die Blätter der Bäume konnte Lili nicht mal den Himmel sehen. Der Wind hatte seit dem Unfall stark zugenommen, aber kein einziges Tier, außer ein Kaninchen, dass schleunigst Reißaus nahm, kreuzte den Weg oder machte auch nur einen Ton.
Am Ende des Weges stand Lili wieder vor dem Auto und der zerbrochenen Statue.
Sie musste im Kreis gelaufen sein, obwohl sie die ganze Zeit bergauf gegangen war!

Offensichtlich hatten die Schatten ihr einen Streich gespielt, denn es war gar nicht ihr Auto. Dieses Auto war von einer dicken Moosschicht überwachsen und die Scheiben waren längst zerbrochen. Es schien hier schon sehr lange zu stehen.
Doch das Modell war dasselbe, wie das ihres Onkels.
Lili stöhnte: "Diese Schrottkarren muss es ja schon ewig geben."

Ein wenig verzweifelt wollte die junge Frau nach ihrer Tasche greifen, doch sie hatte diese im Auto gelassen.
"Schon wieder Mist!!"
Sie hatte keine Lust, den Pfad zurückzugehen und sah stattdessen durch die zerbrochenen Fenster.
Der Schlüssel steckte noch, war aber genau wie der Rest des Autos von Moos überwachsen. Auf dem Beifahrersitz lag ein altes, zerfetztes Stück Lederstoff. Dies musste mal eine Tasche gewesen sein.

"Was ist hier nur passiert?"
Ängstlich sah sich die junge Frau mit ihren grauen Augen um. Sie war ganz allein im Nirgendwo, ohne Kontakt zur Außenwelt. Ohne Hilfe.
Der Wind nahm erneut eine Spur zu und Lili fröstelte, obwohl es Sommer war.
Ihr Blick traf die alte zerbrochene Götterstatue am Boden. Sie sah genau wie die andere aus.
"Die Dinger müssen sie damals aber auch echt in Massen aufgestellt haben...?"