Ein bunter Tropfen...

33 3 7
                                    


Heyho,

Ein kleine Geschichte, welcher ich schon länger schreiben wollte. Feedback ist erwünscht. <3

Ein bunter Tropfen

Mit einem letzten Atemzug sehe ich ihren Körper fallen, die wenigen Bluttropfen verlassen ihren seidigen Körper, fallen auf den sandigen Boden und nehmen ihre Geschichte mit sich. Ein letztes Mal sehe ich den kurzen Glanz in ihren Augen, bevor auch dieser von dem dunklen Schleier des Todes mit sich geführt wird. Angst fließt durch meine Adern, als sich der Schütze auch in meine Richtung dreht. Egal wie sehr ich in diesem Moment flehen würde, sie würden es immer als falsch ansehen. Die letzten Momente auf dieser Erde würde ich nicht flehend verlassen. Mit einem letzten Lächeln auf den Lippen, schließe ich die Augen. Ein kurzer Moment der Stille und dann, der schrille Ton. Alles wird schwarz. Die Dunkelheit zieht mich in ihre tödliche Spirale, als ich nur noch spüre, wie mein Körper nun auch auf den dreckigen, sandigen Boden rutscht.

Sie sagten immer, ich sei anders. Ich würde nicht dazu gehören, wäre komisch, vielleicht sogar einfach nur verrückt, merkwürdig. Schon früher, als mich meine jungen Beine über die Straßen meiner kleinen Stadt trugen, wollte keines der anderen Kinder mit mir fangen spielen, geschweige denn mich zu ihnen nachhause einladen. In der Schule wurde mir immer gesagt, ich solle nicht über die Linien malen! Sitz gerade! Kleide dich nicht zu männlich, du bist eine Frau! Sehe die Welt nicht immer so bunt! Doch so sehr ich meinen Geist auch bemühte, so malte ich jedes Mal aufs Neue über die schwarzen, dicken Linien der Figur, welche mich einfach nur Zwang, nicht auszubrechen. Die Welt sagte mir von Anfang an: Du gehörst einfach nicht dazu! Du bist anders! Das Problem, war ich.

Das Problem bin ich. Und auch an diesem warmen Sommertag bemerkte ich es. Ich war anders, ich passe nicht zu diesem Volk, zu meiner Familie. Das Volk, das mich in diesem eigentlich warmen und schönen Sommertag nur so voller Hass und Ekel anschrie. Menschen drängelten sich vor die anderen, schupsten ihre Mitmenschen weg, nur um dass zu sehen, was sie vor Unbehagen nur so verabscheuen. Mich!

Mit zitternden und schweißkalten Händen gleite ich hinunter und umfasse ihr Handgelenk, gleite dann hinunter zu ihrer Hand. Unsere Fingerspitzen vereinigen sich ein letztes Mal wie zwei Puzzlestücke. Ihr ängstlicher und von Tränen übergossener Blick richtet sich zu mir. Bereut sie es? Bereut sie ihre „Taten"? Ihre täglichen Besuche, unsere Berührungen? Unsere warmen und zärtlichen Momente?

Es war doch alles so perfekt, für diese wenigen Augenblicke unter uns, allein. Es hätte alles so schön sein können, wir hätten fliehen sollen, weg, weit weg von allen anderen. Doch nun ist es zu spät. Nun stehen wir hier, wie zwei Tiere auf dem Schlachthof, am Pranger festgebunden. Unfähig etwas zu sagen. In diesem Moment weiß ich genau, dass es keinen Abschied geben wird, keine letzte Umarmung und auch keinen letzten Kuss. Oh, wie sehr ich ihre Lippen noch ein letztes Mal spüren möchte, nur ein aller letztes Mal.

Das Einzige, was die Gruppe von blinden und rachsüchtigen Herrschern uns gewährt, ist ein letztes Umschlingen unserer Finger. Ein letztes Mal ihre warme und seidige Haut an meiner spüren. Ein letzter Fluch, ein letzter Schrei verlässt auch nun ihre Kehle, als der schnelle und dumpfe Schuss die dünne Sommerluft durchschneidet. Ihr Körper fällt und mit ihr meiner. Alles ging so schnell. So kurz. All das nur wegen zwei Liebenden? Zwei liebenden Frauen, die nur sich selbst wollten? Den Willen, dass die Welt nicht mehr wegschauen, sondern uns willkommen heißen würde? War das alles zu viel verlangt? Wir wollten doch nur in dieser grauen und traurigen Welt überleben. Die Liebe finden.

Doch wir sind für die anderen nur ein Dorn im Auge! Ein störender bunter Tropfen auf dem grauen und doch so perfekten Bildes Picassos! Mit den letzten Tränen wurden unsere kalten und blutigen Hände vom hasserfüllten Volk getrennt. Wieder einmal! An diesem letzten warmen Sommertag wünsche ich mir, dass der heute so schön seidige Himmel mich in den Arm nimmt und mir den Weg ins Bunte geleitet. Ein letztes Mal...

Ein bunter Tropfen...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt