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»Die zweite Woche und schon ziehen sie gewaltig an.« Evelynn neben mir klappt seufzend die Hülle ihres Tablets um.

»Ja, mir raucht immer noch der Kopf von Statistik gestern«, sage ich und werfe mein Zeug in meinen Rucksack.

Es ist Freitag Mittag und gerade habe ich das letzte Seminar der Woche hinter mich gebracht. Evelynn habe ich in der Orientierungswoche kennengelernt und seit wir festgestellt haben, dass wir in einigen Seminargruppen zusammen sind, bewältigen wir das Studium gemeinsam.

»Wollen wir noch zusammen in die Mensa?«, fragt sie mich und ich nicke. Zusammen quetschen wir uns durch die Flure und Treppen des Hauptgebäudes und bahnen uns einen Weg in Richtung Kantine. Ein Meer von Menschen verschluckt uns und niemand schenkt mir einen zweiten Blick. Ich bin nur ein kleiner Fisch in einem riesigen Ozean und das macht mich seltsam glücklich.
Wir ergattern noch zwei freie Plätze und Evelynn beugt sich zu mir vor.

»Heute Abend ist Semesterauftaktparty in dem neuen Studentenclub unterm Wohnheim. Ich geh mit meiner WG dahin. Willst du mitkommen?«

»Hannah und ich wollten Pizza machen«, sage ich ausweichend. Ich kenne Evelynns Mitbewohner und ihre Mitbewohnerin noch nicht und ich will Evelynn nicht die ganze Zeit auf die Pelle rücken, nur weil ich sonst alleine bin.

»Sie kann mitkommen, wenn sie möchte. Bis 23 Uhr ist freier Eintritt.« Evelynn spießt ein Stück Kartoffel auf.

»Sie ist keine Studentin«, erwidere ich.

»Ah, stimmt, sie ist Krankenschwester, oder?« Evelynn deutet mit ihrer Gabel auf mich. Ich nicke.
»Sie arbeitet auf Intensivstation«, erkläre ich ihr.

»Max kennt den Türsteher. Wir kriegen sie schon rein.« Evelynn widmet sich wieder ihrer Gemüsepfanne.

»Ich kann sie ja mal fragen, ob sie Lust hat«, sage ich. »Ich weiß nicht, wie sie morgen arbeiten muss.« Ich zücke mein Handy und schreibe ihr. Hannah hat ihren Dienstplan zwar am Kühlschrank hängen, aber sie wechselt so oft mit jemandem die Schicht, dass ich nie weiß, wie sie eigentlich arbeiten muss. »Wenn sie frei oder Spätdienst hat wird sie bestimmt mitkommen, denke ich. Wenn sie noch mal Frühdienst hat, wird sie passen.« Was ich ihr nicht verübeln kann. Sechs Uhr Dienstbeginn ist eine Erfindung der Hölle und dennoch pünktlich und wach auf Station aufzutauchen eine Superkraft, die ich nur bewundern kann. Hannah ist ein Übermensch.
Wir schweigen eine Weile, bis ich das Thema wieder aufnehme.

»Wie ist deine WG so?«, frage ich sie. »Und woher kennt dein Mitbewohner den Türsteher?« Evelynn verdreht die Augen und lacht.

»Max studiert Medizin und du weißt ja, dass das wie eine eigene Lobby ist. Die kennen sich von irgendeiner medizinischen Studentengruppe oder so. Ich hab keine Ahnung, ehrlich gesagt.« Evelynn legt den Kopf schief und überlegt. »Oder es war auch irgendeine WG-Geschichte.« Sie zuckt die Schultern. »Ich hab keine Ahnung. Max hat ein paar Gefallen hier und da, die er einfordern kann, weil er immer bei der alljährlichen Spieleolympiade gewinnt.«

»Spieleolympiade?«, frage ich. Evelynn verdreht die Augen. »In unserem Haus wohnen ja drei WGs und irgendwie machen die immer im Sommer eine Olympiade, wo sie gegeneinander antreten. Max gewinnt jedes Mal.« Sie beugt sich näher zu mir. »Ich glaube er schummelt.«

»Gut für euch, würde ich sagen« Ich muss grinsen und Evelynn lacht leise. Da leuchtet ihr Handy auf und sie greift danach. Ich nehme das als Anlass, um auf mein eigenes Telefon zu schauen. Hannah hat sogar schon geantwortet. Wahrscheinlich hatte sie schon ihre Übergabe.

»Ah, es kommen noch ein paar von Max Freunden mit«, sagt Evelynn und blickt auf.

»Super«, sage ich. »Hannah ist auch dabei.«

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⏰ Letzte Aktualisierung: Nov 03, 2023 ⏰

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