Kapitel 2

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"Bin wieder da!", rief Ronnie und schloss die Haustür hinter sich. "Hallo Schätzchen!", ertönte die Stimme ihrer Mutter, die kurz darauf im Flur auftauchte. Lächelnd lehnte sich die Frau an den Türrahmen. "Wie geht es dir?" Ronnies Lächeln fror in ihrem Gesicht ein. Sie zog sich die Schuhe von den Füßen, erst dann sah sie wieder zu ihrer Mutter. "Gut.", antwortete sie knapp und wollte sich an der Frau vorbeischieben, die sie bereits ihr ganzes 15-jähriges Leben lang betreut hatte. Doch diese hielt sie am Arm fest. "Ronja?", flüsterte sie und Strich ihrer Tochter leicht durch die kurzen Haare. "Ich habe sich lieb. Und sein Vater auch." Ronnie sah ihre Mutter an. Sie sah, dass sie öfter blinzelte als nötig, sie sah, wie sich mit der Zunge immer wieder über die Lippen fuhr. Sie sah, wie sie sich nervös eine locker gewordene braungoldene Strähne wieder in ihren Zopf steckte, egal ob es ordentlich war, oder nicht. Vorsichtig zog Ronnie sich unter der schützenden Hand ihrer Mutter hervor. "Was ist los, Mom?", fragte sie leise, aber bestimmt. Sie wollte keineswegs eine ausweichende Antwort. Doch nichts anderes bekam sie. "Nichts, Süße.", murmelte ihre Mutter. "Schon gut. Alles ist gut." Stirnrunzelns beobachtete Ronnie ihre Mutter. Sie klang, als würde sie sich selbst Mut zusprechen. "Mom!", sagte Ronnie nun lauter. "Sag mir was los ist!" "Nichts, Ronnie." Ronnie seufzte. Sie glaubte ihrer Mutter kein Wort. Trotzdem zuckte sie nur mit den Schultern, packte ihre Schultasche fester und manövrierte sie in ihr Zimmer. "Kommst du gleich essen?", hörte sie ihre Mutter rufen. Ohne eine Antwort wandte Ronnie sich wieder ihrer Zimmertür zu und schlurfte hinaus. Den Flur entlang, bis sie vor der Tür zum Esszimmer stand. Gerade wollte sie die Klinke runter drücken, als sie die Stimme ihrer Mutter hörte. "Sie haben gesagt morgen früh." Stille. "Ich bin zu...", der Rest ging in Wasserplätschern unter. Dann wurde es wieder still. "Das wäre super. Also... Wenn sich das mit deinem Chef vereinbaren lässt." Wieder war es einen Moment still. "Ihr schien es gut zu gehen. Aber, wie gesagt, es kann..." Stille. "Ja...genau. Super. Danke. Bis dann." Ronnie betrat das Zimmer und setzte sich auf ihren Stuhl. "Wer war das?", fragte sie. Erschrocken sah ihre Mutter sie an. "Hast du...mitgehört?" Schnell schüttelte Ronnie den Kopf und lachte laut. "Nee. Nur das 'bis dann'." Sie senkte den Kopf und biss sich auf die Lippen. Sie fühlte sich, als hätte sie eine Straftat begangen. "Achso.", ihre Mutter lachte. Sie klang sehr erleichtert. "Nur dein Vater. Er kommt heute früher nach Hause." Fragend zog Ronnie eine Augenbraue hoch. "Wieso das denn?", fragte das Mädchen. Ihre Mutter hielt inne. Dann lächelte sie und füllte Ronnies Teller. "Soo... Hunger?" Ihr Lächeln wirkte steif, als sie das Gekochte vor ihrer Tochter abstellte. Diese rührte es jedoch nicht an. "Mom. Wieso", begann sie und sah ihre Mutter fest an. "Wieso kommt Dad heute früher?" Das Lächeln in dem sonst so schönen Gesicht der Frau verrutschte, bis es nur noch schief da hing, am seidenen Faden, am Nagel, der abgenutzt von den tausenden Lasten war, die schon an ihm baumelten. Sie räusperte sich. "Lass die das doch von ihm sagen, ja, Süße?" Als Ronnie immer noch nichts aß, sondern ihre Mutter weiterhin fest anstarrte, drehte sich diese weg und schaufelte sich eine Gabel voll Spaghetti in den Mund. "Jetzt iss.", forderte sie ihre Tochter auf, die ihre Mutter unaufhörlich mit ihren wunderschönen blauen Augen zu fixieren schien. "Du musst doch hungrig sein." Seufzend brach Ronnie den Blickkontakt ab und rollte die Nudeln auf. Aber sie war nicht bei der Sache. Ihre Mutter war heute nicht wie sonst. So nervös, so ängstlich. So bedacht, nicht zu viel zu sagen. Die Frau dachte hingegen, dass ihre Tochter ja so wundervoll sei. Und so anstrengend zugleich. So schlau, so flink. So aufmerksam. Sie schien alles zu merken. Eine solche Verschwendung. Warum hatte Gott ausgerechnet ihr die Krankheit an den Hals gejagt? Warum ausgerechnet ihr?

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