1 He's my anchor and I'm his King

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Derek lief bereits seit gut zwanzig Minunten einfach bloß ziellos in seinem Loft auf und ab, denn seit er diese Nachricht von Stiles erhalten hatte, war an stillsitzen einfach nicht mehr zu denken.

'Als sei hyperaktives Herumhampeln eine ansteckende Krankheit, die man sich via Telefon einhandeln konnte!', dachte er ärgerlich.

Und dass der Vollmond sein hypnotisierendes, silbernes Licht wie ein Signalfeuer durch sein großes Fenster schickte, half auch nicht gerade.

Derek zog sein Handy aus der Gesäßtasche und las noch einmal die Nachricht:

„Yo Derek, können wir endlich diese Sache zwischen uns klären? Ich werde nämlich langsam wahnsinnig! Dad hat Nachtschicht. Bin auf dem Weg zu dir. Stiles"

Das klang reichlich kryptisch, dennoch ahnte Derek sofort, was gemeint war.

Es gab da etwas zwischen ihnen beiden und auf gewisse Weise hatte der Werwolf dies auch bereits von ihrer ersten Begegnung an gewusst.

Es war ihm vielleicht nicht Recht gewesen, er hatte sogar regelrecht dagegen angekämpft, hatte anfangs alles dafür getan, sich diesen nervtötenden, kleinen Klugscheißer vom Hals zu halten, doch es war vollkommen vergeblich gewesen. Einer wie Stiles Stilinski ließ sich nicht einfach so verscheuchen, indem man ihm drohte, oder ein wenig grob mit ihm umsprang.

Dieser Bursche war zäh, hartnäckig und irgendwie unvermeidbar.

Dennoch hatte es eine ganze Weile gedauert, ehe Derek bemerkt hatte, dass er ihn im Grunde auch gar nicht loswerden WOLLTE.

Derek und der Wolf in seinem Inneren hatten viele Jahre lang im Konflikt miteinander gelebt. Seine menschliche Seite hatte sich stets überlegen gefühlt, gemeint dass sie es besser wüsste und hatte kein Vertrauen zur Weisheit und dem sicheren Instinkt seiner wilden Natur gehabt.

Wenn seine Mutter noch gelebt hätte, dann hätte diese ihn lehren können, auf das Tier zu hören, doch sie war nicht mehr da. Niemand war da und Derek war eine lange Zeit mehr oder weniger allein auf der Welt gewesen, ohne ein Rudel, ohne eine Familie, ohne...

Er wusste bereits seit einiger Zeit, was Stiles für ihn war, auch wenn dies im Grunde vollkommen undenkbar war.

Es gab auch absolut keinen vernünftigen Grund dafür, dass sein Wolf sich ausgerechnet für IHN entschieden hatte. Im Gegenteil sprach doch im Grunde alles dagegen!

Nur leider funktionierten diese Dinge nicht nach dem Prinzip der Logik.

Und seit damals Kate auf Derek geschossen hatte und Stiles ihm dann in jenem Niemandsland zwischen Leben und Tod erschienen war, konnte er sich selbst nichts mehr vormachen. Da war jenes Gefühl des Friedens tief in seinem Inneren, wann immer diese Karamellaugen auf ihm ruhten.

Er konnte es nicht leugnen: Stiles war Dereks Anker!

Er mochte vielleicht nichts weiter sein, als ein magerer, wehrloser Mensch, doch für Dereks Wolf bedeutete er Heimat und Sicherheit.

Aber war es das, wovon Stiles in seiner Nachricht geschrieben hatte? Waren Menschen überhaupt fähig dazu, diese Dinge zu spüren? Was wenn Stiles von etwas vollkommen anderem gesprochen hatte?

Dereks Unruhe verstärkte sich und er begann auf ein Neues damit, Schneisen in den Estrichboden seines Lofts zu laufen. Er warf einen nervösen Blick auf seine Armbanduhr. Wo blieb dieser Kerl denn nur solange. So weit war der Weg doch gar nicht, vom Haus der Stilinskis, bis hierher ins Industriegebiet von Beacon Hills!

Urplötzlich tauchte ein Bild aus Dereks Erinnerung vor seinem geistigem Auge auf. Es war ein Schachbrett, Stiles Schachbrett und die Spielfiguren waren mit kleinen Klebezetteln mit Namen darauf bestückt. Damals hatte der Junge mit einem bösen Geist gerungen, hatte mit aller Kraft versucht, diesem den Zugang zu seinem Inneren zu verwehren und dieser Kampf hatte sich auf diesem Spielfeld widergespiegelt.

Und wer war wohl der König, die wichtigste Figur darauf gewesen? Seinen eigenen Name hatte Derek dort gelesen.

Das musste doch etwas bedeuten, oder nicht?

Der Motor von Stiles Jeep vor dem Haus holte Derek in die Gegenwart zurück, gefolgt von der Wagentür, den Schritten auf der endlos langen Treppe und schließlich einem lauten Klopfen an der Stahlpforte, ehe diese beherzt aufgerissen wurde.

Doch als sie sich endlich Auge in Auge gegenüberstanden, schien den Menschen der Mut schlagartig verlassen zu haben, denn er blieb wie angewurzelt auf der Schwelle stehen:

„Darf ich?" erkundigte sich Stiles, ungewöhnlich artig.

Derek nickte.

Zaghaft trat der Jüngere ein, blickte sich um, als sei er noch nie hier gewesen und Derek vermutete, dass dies bloß eine Verlegenheitshandlung sei.

Endlich richtete Stiles seinen Blick auf den Hausbewohner und murmelte:

„Weißt du... ich habe unterwegs mehrmals angehalten und habe darüber nachgedacht umzukehren und diese Sache hier abzublasen."

„Ich verstehe." gab Derek zurück.

„Doch mir war klar, dass ich es höchstens weiter aufschieben kann, doch wirklich vermeiden können wie es am Ende nicht." fuhr der Jüngere fort.

Es lag ein gewisser Trotz in seiner Stimme.

„Ich weiß." bestätigte Derek:

„Also dann los...! Sag' mir, ich bilde es mir doch nicht bloß ein, oder?" wollte Stiles wissen: „Da ist etwas zwischen uns, richtig?"

Der Werwolf nickte.

„Verdammt Derek! Kannst du vielleicht auch mal etwas sagen?" schalt ihn der Mensch: „Einen richtigen, vollständigen Satz?"

Derek zuckte ein wenig zusammen und brachte es nicht zu mehr, als einem hilflosen Blick und einem Achselzucken.

Stiles seufzte schwer und Derek fürchtete bereits, der Mensch könnte einfach so wieder verschwinden und ihn allein lassen.

Doch dann schlich sich ein warmer Ausduck auf Stiles Gesicht. Er kam näher, trat vor den Werwolf hin, legte die Arme um ihn und flüsterte in sein Ohr:

„Ist in Ordnung. Du musst gar nichts sagen. Ich verstehe dich auch so!"

Derek atmete auf.

Er ließ sich gegen ihn sinken und wusste, er war endlich angekommen.

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