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Ich halte das Handy in der Hand, von dessen Display mich Paddy anschaut. Müde, aber etwas ist anders. Seine Augen strahlen Zuversicht aus. Etwas, was ich, im Moment nicht oft bei ihm sehe. Er lehnt sich im Autositz zurück und lächelt mich leicht an. „Geht es euch gut?" Eine Frage, die jedes Mal ein Kribbeln hinterlässt. Mehr als ein Nicken bekomme ich auch heute nicht zustande. Vorsichtig sehe ich mich um. Die Terrassentür ist verschlossen. Ich sehe Mama, Mamie und Amelie am Küchentisch stehen. Sie lachen, reden und nehmen keine Notiz von mir. „Flip war heute gnädig. Mir war nicht ganz so übel wie sonst." Ein Lächeln ziert seine Lippen. „Ich vermisse dich." ,flüstert er kaum hörbar. Ein Seufzen verlässt meine Lippen. „Ich dich auch." Die letzten Tage waren hart. Nie hätte ich gedacht, dass es so schwer sein würde. Kann man Menschen so sehr vermissen das es, wehtut? Ein Umstand, an den ich mich erst gewöhnen muss. Paddy wird viel unterwegs sein und es wird bestimmt nicht einfach werden. Als er vor ein paar Tagen fuhr, war ich mir nicht sicher, ob ich das aushalten würde. Es tat weh, ihn ins Auto steigen zu sehen, und noch mehr tat es weh, ihn fahren zu sehen. Meine Gedanken fuhren Achterbahn. Was wenn er es sich anders überlegt? Er die Distanz zu seiner Familie nicht mehr aushält? Sich überreden lässt, das alles zu beenden? Was ist aber, wenn ich mit dieser Distanz nicht umgehen kann, die immer wieder zwischen uns herrschen wird? Was wenn ich ihm nicht genug vertrauen kann? Als dann an dem Abend endlich mein Handy klingelte, hatte ich mir bereits sämtliche Szenarien im Kopf ausgemalt. Das er zurück zu seiner Frau geht oder jemanden trifft, der ihm gut gefällt. Ich flippte aus und meine komplette Angst traf ihn ungefiltert. Die Angst wandelte sich in Wut, von der ich nicht wusste, das ich sie in mir hatte. Waren das die Hormone? Ich breche bei den kleinsten Dingen in bitterliche Tränen aus oder werde so wütend, dass schonmal ein Teller zu Bruch geht. Eigentlich wollte ich ihn gar nicht anschreien, als mir bewusst wurde, was gerade passierte, schaute ich schockiert zu Paddy. Er schluckte, legte aber nicht auf. In dieser Nacht führten wir das erste von vielen Telefonaten. Es waren andere Gespräche wie die, die wir noch vor ein paar Monaten führten und doch waren sie wichtig. Er versuchte, mir die Angst zu nehmen. Erzählte mir bis ins kleinste Detail, was bis zu seiner Ankunft im Hotel, passiert war. Wir redeten lange über belanglose Dinge, aber es beruhigte mich seine Stimme zu hören. Als ich am nächsten Morgen aufwachte, lag mein Handy auf meinem Kopfkissen. Auf dem Display, ein schlafender Paddy.

„Es tut mir leid, dass ich morgen nicht da sein werde." ,reißt Paddy mich aus meinen Gedanken. Ich versuche mich an einem Lächeln, aber es gelingt mir nicht. „Ich weiß ... aber dafür gehörst du das ganze Wochenende mir." ,lächle ich dann doch. Er lacht und wieder ist es wie eine Melodie in meinem Ohr. „Wir machen alles was du willst Prinzessin." Ich kann ein kleines Lachen nicht unterdrücken. „Was ist, wenn ich dich in einem Badeanzug, mit so kleinen Schleifen an der Seite und einem bayrischen Hut sehen will?" Er legt die Stirn in Falten. „Manchmal möchte ich gerne in deinen Kopf schauen. Wie kommst du nur immer auf solche Ideen?" Ich zucke mit den Schultern. „Man beantwortet die Frage nicht mit einer Gegenfrage das ist unhöflich. Also was würdest du tun?" Ein breites Grinsen schleicht sich auf sein Gesicht. „Hoffen das du keine Kamera in den Händen hältst." Ich zucke mit den Augenbrauen. „Natürlich ist die am Start. Ich muss das doch Angela zeigen." Er lacht und legt den Kopf in den Nacken. „Die wird keine Zeit haben. Sie ist damit beschäftigt, Mauern aus Kissen einzureißen." Grinsend schüttel ich den Kopf. „Oh sind die Chipskrümmel im Bett nicht mehr aktuell?" Paddy hatte sich spontan zu einem Besuch bei den beiden entschieden, da ein paar Termine in der Nähe waren, und war dazu in Toms Gästezimmer gezogen. In sein Atelier hat er nach eigenen Aussagen „Keinen Fuß gesetzt." „Na ja, die Kissenmauer dient dazu die Chipskrümmel auf Toms Seite zu belassen. Sie fand seinen Vorschlag allerdings nicht so prickelnd." ,grinst er. „Sind die Wände so dünn?" ,frage ich und kann mir bei Paddys gequälten Gesichtsausdruck, ein lachen nicht verkneifen. „Hör bloß auf. Ich glaub, ich brauch einen Therapeuten. Ich habe Dinge gehört, die ich nur ungern wiederholen möchte." Er lacht leise und schüttelt sanft den Kopf. „Ich freu mich, wenn du wieder hier bist." ,wispere ich. „Ich auch. Endlich wieder wärmere Gefilde. Endlich wieder bei dir." ,seufzt er und sofort jagt ein Kribbeln durch meinen Körper.

JulieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt