Kurzschluss

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„Das Ding treibt schon ziemlich lange hier im Weltraum," sagte Ssing. Ein Gedankenimpuls und die mechanischen Greifarme packten das verbeulte Raumfahrzeug, hievten es behutsam in Richtung Laderampe und setzen es ab. Lautes Poltern im Inneren des Raumschiffs gab Anlass zur Hoffnung, dass die Frachtklappe sich hinter den Greifern wieder geschlossen hatte. Zuviel Vakuum war ungesund.

„Und jetzt?" Territ war neu. Neulinge stellten immer die blödesten Fragen.

„Standardprozedur. Beweg Dich, und mach Deinen Job." Ssing konzentrierte sich auf die Steuerkonsole, die wieder mal mechanische Notsignale in Form dünner Rauchfäden sendete. Es roch angekokelt. Gedankenimpulse rasten durch das Kabelgewirr, suchten das Problem – die Isolierung war am Bröseln – und schufen einen Notübersprung. Noch einen. Irgendwann würde ihnen das ganze Schiff um die Ohren fliegen. Oder einfach unterm Hintern wegrosten. Ssing war sich nicht im Klaren darüber, welches Ende das Bessere war.

Der Kommunikator knirschte. „Komm rüber, das hier wurde von einer Zivilisation hinterlassen, die wir noch nicht kennen. Ziemlich primitiv, wenn Du mich fragst." In Territ's Stimme schwang nur minimale Begeisterung, vor kurzem hätte das noch anders geklungen. In der Zwischenzeit hatte sich viel Müll im Frachtraum angesammelt. Das Richtige war wie üblich nicht dabeigewesen. 

Ssing starrte missmutig auf die marode Steuereinheit. Hoffentlich funktionierte dieses Konglomerat aus Schaltern, Kabeln und Schweissnäten noch, wenn sie mit der Routine durch waren. Warum hatte eigentlich jede verdammte Spezies, die irgendwann auf ihrem blöden Planeten die Oberhand gewonnen hatte,  den Drang, irgendwelche Nachrichten per Sonde loszulassen? Und die Patrouille durfte sich dann mit dem ganzen Quatsch rumschlagen. Andererseits, wo sonst konnten sie finden, was sie so dringend brauchten?

Alles viel zu kompliziert, dachte Ssing und polterte die Rampe herunter in den Laderaum.

Ein Gedankendruck auf den Türschalter - und nichts geschah. Wie war Territ hier überhaupt reingekommen? Manchmal half nur noch rohe Gewalt. Ssring rammte seine Seite in welliges, graues Metall, das eine Tür darstellen sollte. Immerhin gab sie daraufhin ihren Widerstand auf und öffnete sich einen diagonalen Spalt breit. Ein Spalt war nicht breit genug für einen Körper, der nicht genügend Bewegung und noch weniger anständige Nahrung bekam.

"Gib da drinnen nicht die Deko, sondern hilf mir lieber," schnaufte Ssring. Der Neuling glotzte nur bewegungslos.

Ein zweiter Rammstoss brachte den gewünschten Erfolg; allerdings  würde der Frachtraum sich nun nicht mehr abriegeln lassen. Gut so - der perfekte  Grund, mit dem Schiff zur Basis zurückzukehren. Andererseits war die Tür jetzt weit genug offen, so dass er nachschauen musste. Ssring zwängte sich durch die Öffnung und gesellte sich zu Territ.

Der zeigte auf ihre Beute. „Sieht wirklich komisch aus, ich schätze mal, dass dieses Söndchen sich mit ein paar Meteoritenschauern angelegt hat, so verbeult, wie es ist. Das grosse konkave Teil, war sicher eine Antenne und dieses Metallgewirr muss ein Sensor gewesen sein." Territ gab dem eckigen Behältnis einen Schubs. „Und es hat Fracht an Bord, der Sensor hat Hohlräume gefunden."

„Hat die Desinfektion funktioniert?"Ssring schaute auf die Metallspangen an der Decke, die nicht viel besser aussahen, als das Wrack. Auf einer Seite schwebten immer noch Nebelschwaden in Schwefelgelb auf das Gerümpel hinter ihrem Fund.

„Würde ich sonst hier rumstehen?" Jetzt wurde der Kleine auch noch aufsässig.

„Ok, hoffen wir, dass die Analyse läuft und wir rausbekommen, welche grandiose Spitzenspezies diesmal Murks gemacht hat," sage Ssring. „In der Zwischenzeit, tu mir den Gefallen, und bring den Futterautomaten dazu, irgendwas anderes als ewig dieselbe Pampe auszuspucken."

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