Kapitel 2

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♣Valentino♣

Obwohl jeder Einzelne seine Rede kurz gehalten hat, waren es doch einige, die ein paar letzte Worte an ihn loswerden und seinen Liebsten ihr Mitgefühl ausdrücken wollten. Jeder Einzelne von ihnen zeigte, was für ein guter und beliebter Mann Bernard o'Toole war. Als letztes hat Heya ein paar tröstende Worte gesprochen und dann kurz erläutert, wie der Tag heute weitergeht.

"Im Festzelt dort drüben haben wir eingedeckt für Kaffee, Tee und Kuchen. In zwei Stunden gibt es dann im Theater am Ende dieses Wegs die komplette Lesung seines letzten Buches. Er hat dies speziell für seinen geliebten Ehemann geschrieben der bereit ist, es mit euch allen zu teilen. Bitte nehmt es in eure Herzen auf aber nicht auf euren Handys und anderen Geräten." Das zustimmende Gemurmel der Anwesenden zeigt, wie sorgsam die Gäste für diese Trauerfeier ausgewählt wurden. Jetzt kommt die zweite Chefin auf uns zu und Marco beeilt sich, die Kamera für unser erstes Interview in Stellung zu bringen.

"Heya, eine wirklich schöne Trauerfeier, die ihr da ausgerichtet habt. Bernard hätte sie sicher gefallen." Sie lächelt, doch ihr sonst so strahlendes, einnehmendes Lächeln ist sichtlich von Trauer getrübt. "Hoffen wir, dass der Kuchen diesmal nicht von einem viel zu frechen Pony gefressen wird." Ich sehe mich um und die Kamera folgt meinem Blick, bis wir Checker am Rand der Wiese stehen sehen. Er senkt den Kopf um zu grasen und schüttelt seine Mähne um ein paar lästige Fliegen zu vertreiben, aber in dem Moment wirkt es, als ob es auch trauert und verspricht, sich zu benehmen.

"Wie geht es der Familie wirklich?" Wir werden uns wie versprochen von allen fern halten, die nicht freiwillig zu uns kommen, daher sind wir dankbar, dass Heya sich bereit erklärt hat, ein paar Worte mit mir vor der Kamera zu wechseln. Ihr Blick ruht fast liebevoll auf Thomas und den Kindern.

"Cameron und Lizzy leiden. Nach dem Zerwürfnis mit Theodore verlieren sie jetzt auch noch ihren anderen Vater. Ich hoffe sehr, Theo kommt zur Vernunft und versöhnt sich wieder mit ihnen. Zum Glück ist ihr Onkel für sie da und ihre Verbindung zu Thomas hat sich durch die Zeit der Sorgen und Trauer zu einem starken Bündnis verstärkt. Keiner von ihnen ist mit seinem Kummer alleine." Ich nicke nur und hoffe, der Mann kommt zur Vernunft und stellt einmal seine Kinder vor seine eigenen Bedürfnisse, aber um ehrlich zu sein bezweifle ich das.

"Und Thomas? Wie geht es für ihn weiter? Wir wissen dass Bernards Kinder finanziell versorgt sind um gut leben zu können ohne arbeiten zu müssen. Aber das eben hörte sich an, als ob Thomas nichts von seinem Erbe behalten will." Ich muss das ansprechen, allein um den reißerischen Medien Contra zu geben. Heya nickt mir deshalb dankbar zu.

"Bernards letztes Buch ist eine Liebeserklärung an seinen Mann und er schlägt sich tapfer, doch Bernard war und ist seine große Liebe, nicht sein Geld. Er behält die Rechte an diesem letzten Buch und an all seinen illustrierten Neuauflagen, die er in den folgenden Jahren sicher noch erstellen wird. Er sagt, diese Bücher zu erstellen bringt ihn seiner Liebe nah." Sie schluckt und schaut kurz zurück zu Checker, als ob sie prüfen will ob der sein Versprechen artig zu sein hält und ich lasse ihr die Zeit die sie braucht, um sich zu sammeln.

"Er ist ja außerdem ein aufstrebender Stern am Himmel der Chefköche. Es wird gemunkelt, dass er tatsächlich auf einigen Gourmet Listen als Kandidat für seinen ersten Stern gehandelt wird!" Meine Worte entlocken ihr ein erstes, echtes Lächeln voller Stolz. "Er hat wirklich ein paar tolle Gerichte entwickelt, die so gut schmecken, dass man kaum glauben kann, wie gesund und fettarm sie sind. Eins seiner vegetarischen Gerichte hat Bernard so gut geschmeckt, dass er es sogar einem Steak vorgezogen hat."

Nach dem Interview sprechen wir noch mit einem Vertreter von DFV - seinem Buchverlag - dem Leiter eines Jugendhauses, bei dem Bernard regelmäßig gespendet hat und einem jungen Mann der erzählt, wie ihm ein viel zu großes Trinkgeld wieder auf die Beine geholfen hat als er es am Nötigsten hatte. Als wir schließlich zusammen mit dem Studiosprecher die Sendung zuende bringen und unser Equipment in den Wagen verstauen sehen wir die Leute Richtung Theater strömen. "Ich fahre dann mal" erklärt Marco, der zwar Bernard mochte, aber nicht unbedingt seine Bücher und ich nicke. "Ich geh mir die Lesung noch anhören. Ich bin zu neugierig was Heya meinte, als sie sagte, er habe das Buch für Thomas geschrieben. Ich habe das Gefühl, der Imp ist Thomas."

Auf dem Weg ins Theater denke ich über den jungen Mann nach. Bernard war deutlich älter als er und es war klar, dass dieser Kummer am Ende ihrer Beziehung auf Thomas warten würde, aber dass es dann so früh passiert ist? Nicht fair. Nicht einmal 55 ist er geworden, dass ist doch noch kein Alter für einen Mann. Aber vielleicht findet Thomas ja irgendwann eine neue, große Liebe. Wenn die Trauer um den Verlust zu einem leisen Ziehen abgeebbt ist das nur noch hin und wieder auftaucht und einer Wärme weicht, die schöne Erinnerungen an eine solche Liebe ebenfalls hinterlassen.

Hätte Thomas sich anders entschieden, wenn er gewusst hätte wie wenig Zeit ihm mit Bernard gegönnt ist? Definitiv nicht. Er hätte Bernard um nichts in der Welt missen wollen und er wird von den gemeinsamen Erinnerungen zehren können. Es ist besser seine Liebe zu verlieren als nie geliebt zu haben, so sagt man doch, oder? Zumindest bin ich sicher, das Thomas so darüber denkt.

Nachdem ich einen Platz im Theater gefunden und mich niedergelassen habe bin ich bereit Bernard ein letztes Mal zu lauschen, durch seine letzte Geschichte über TwoWorld.

Resort de la Pheya 11 - KummerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt