Danke, dass du bei mir bist

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Ein wirklich langer Tag neigt sich dem Ende zu. Nach einer anstrengenden Mission hat Abel nichts anderes mehr im Sinn, als sich den ganzen Schmutz und Dreck vom Körper zu waschen. Seinen selbst ausgesuchten Teamkollegen hat er angedroht sie alle zu töten, wenn sie ihn nicht in Ruhe lassen. Er will sich entspannen und alleine sein, weshalb man ihn in das alte Badehaus geschickt hat, das von niemandem mehr benutzt wird. Mit einem Handtuch um die Hüfte gebunden, reißt er die Tür zur Badehalle auf und traut seinen Augen nicht. Es dauert einen Moment, bis sich seine grauen Augen an die Nebelschwaden des Dampfes gewöhnt haben. Achtlos lässt er das Handtuch fallen, um sogleich in das heiße Wasser zu steigen. Abel stöhnt einmal leise auf und richtet seinen genervten Blick schließlich auf die Person, die neben ihm sitzt. Wie seltsam, dass er sie im ersten Moment gar nicht bemerkt hat. Ein rothaariges junges Mädchen mit blauen Augen und unzähligen Sommersprossen sitzt einfach nur da und starrt die Wand an. Selbst als sich Abel direkt neben sie gesetzt hat, reagierte sie nicht darauf. Der Schwarzhaarige ist überaus genervt von ihr. Hat man ihm nicht versichert, dass er hier alleine sein würde? Wütend über diese dreiste Lüge, starrt er sie einfach nur eine Zeit lang an.„Hey! Was schaust du denn so dumm in der Gegend herum?" Sie beachtet ihn nicht. Abel kann an seiner Schläfe eine Wutader pochen spüren. „Ignorierst du mich etwa? Dann kann ich dir ja gleich den Hals umdrehen", knurrt er.


Endlich rührt sie sich und blickt ihm kurz ins Gesicht. Danach schaut sie sich äußerst verwirrt um, bevor sie ihn wieder ansieht. „...Redest...du etwa mit...mir...?"

„Na mit wem denn sonst? Ist doch sonst keiner hier", stöhnt er genervt. „Oh...", macht sie es nur leise und sinkt noch etwas tiefer in das Badewasser ein. Ziemlich überrascht von diesem Verhalten, starrt Abel sie nochmals für eine gewisse Zeit an, bevor er angewidert das Gesicht verzieht. „Du bist echt hässlich...", sagt er.

„...Ich weiß...", antwortet sie leise. Für einen Moment ist Stille angesagt. So ein Verhalten kennt er überhaupt nicht. „Wie heißt du?", fragt er.

„Sina", sagt sie. Wieder kehrt Stille ein. Beide sagen eine Weile nichts. Irgendwann greift sie auf den Beckenrand und holt aus einer mit Eiswürfel gefüllten Schale eine kleine Flasche voller Fruchtmilch heraus. Sina zieht den Deckel ab und will sich das Milchgetränk gerade einverleiben. Doch bevor ihr schmaler Mund die kleine Flasche erreicht, hat Abel ihr diese kommentarlos weggenommen und gibt ihr die ausgetrunkene Flasche wieder zurück. Perplex schaut sie das nun leere Gefäß an und stellt sie ohne ein Wort zu sagen in die Eiswürfelschale zurück. „Was zur Hölle stimmt denn mit dir nicht? Ich hab dir das leckere Zeug einfach geklaut und du sagst nicht einmal was dazu." Sina sinkt noch etwas mehr ins heiße Wasser ein. „Schön, wenn es dir geschmeckt hat", blubbert sie. Abel macht es extrem sauer, dass sie sich nicht von ihm provozieren lässt. Es juckt ihn in den Fingern, sie augenblicklich von innen nach außen hin aufzuschlitzen.

Damit ist der entspannte Abend wohl gelaufen. „Der Klügere gibt nach", grummelt er und steht auf, um sogleich das Badebecken zu verlassen. Anscheinend hat er wohl einfach Pech gehabt, also versucht er am nächsten Abend erneut sein Glück. Er setzt sich wieder ins heiße Badewasser, als sich seine Augen zu feindseligen Schlitzen ziehen.„Du bist ja schon wieder da...", knurrt er. Sina antwortet ihm nicht. Es vergeht fast eine Stunde, in denen die beiden nicht miteinander reden. Schließlich greift sie genau wie gestern in die Eiswürfelschale, um die Flasche mit der Fruchtmilch zu öffnen. Ohne ein Wort zu sagen, hält sie ihm die geöffnete Flasche hin. Abel runzelt zuerst die Stirn, bevor er ihr dann doch das Getränk entreißt und in sich hinein schüttet. Danach stellt sie die leere Flasche wieder in die Schale zurück. Der Schwarzhaarige mustert sie einmal von oben bis unten. „Du bist heute noch hässlicher als gestern", beschimpft er sie. „...Kann schon sein...", piepst sie leise. Erneut hat sich eine Wutader bei ihm gebildet. Er fängt an sie mit den unterschiedlichsten Kraftausdrücken zu bombardieren, doch Sina reagiert nicht darauf. Erst nach einer weiteren Stunde, sieht sie kurz zu ihm hoch, sagt aber nichts. So geht das die nächsten Tage immer weiter. Abel stiehlt ihr die Fruchtmilch, nennt sie hässlich und beschimpft sie. Und trotzdem ist er jedes mal darüber erstaunt, dass sie nach seinen heftigen Wutausbrüchen lächelt. „...Wieso grinst du immer so dämlich...?" Sina errötet leicht. „...Es ist schön, dass du mit mir redest. Normal nimmt man mich nie wahr..." Interessant. Hat er da etwa gerade einen heißen Tipp bekommen?

Weil du bei mir bistWo Geschichten leben. Entdecke jetzt