[ Mut und leichtsinn liegen manchmal dicht beieinander ]

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„Bitte hör auf Mama"
Immer und immer wieder.
„Warum sagst du sowas, Mama?
Immer und immer wieder.
„Du tust mir weh, Mama"
Immer und immer wieder.
„Bitte, Mama, hör auf. Bitte"
Ich weine. Ich weine. Ich weine.
Ich vermag nicht damit aufzuhören.
Nicht ansatzweise.
Das Kabel umgibt meinen kleinen Körper.
6,7,8 Jahre - irgendwie sowas in der Richtung.
Ich weiß nicht mehr was ich so schlimmes angerichtet habe, was Mutter so sauer gemacht hat. Diskutiert wahrscheinlich. Etwas nicht weggeräumt ? 10 min zu spät nach Hause ? Ein falscher Ton, eventuell
Irgendwas davon wird es schon gewesen sein.

Sie schreit. Sie schreit und schreit, und ich sage nichts. Ich weine nur
„HÖR AUF ZU WEINEN" - sie brüllt
Ich weine stärker. Schnappatmung. Ich kann nicht aufhören zu weinen. Wie auch ?
„Du bist ein schlechtes Kind"
„Egoist"
„Respektlos"
„Was denkst du wer du bist, hm?"
„Guck mich nicht an, ich will dein Gesicht nicht sehen"
1.Schlag. - meine Beine Zwiebeln
2. Schlag. - meine arme, es brennt
3. Schlag. - meine Oberschenkel, Schmerz
Ich spüre wie die Stellen an denen ich getroffen wurde anschwellen, Stück für Stück.
Anfangs ist es nicht so schlimm, wisst ihr.
Der Schock. Das erste, was du tust, ist einfach weiter weinen. Schreien, besser gesagt.
Deine Sicht verschwimmt. Du verstehst Gott und die Welt nicht mehr, in deinen Gedanken willst du sterben. „Womit hab ich das verdient, Gott" dieselbe Frage im Sekundentakt. Wie ein Lied in deinem Kopf. Nur endet es nicht. Und wenn es das tut, wird aus dem Lied aus leid und Schmerz ein Lied aus Hass und Wut.
Kein „hör auf Mama" mehr, kein flehen.
Dein Blut kocht.
In deinem kleinen Gesicht zeichnet sich wahre Abscheu. Adrenalin durchfließt dich.
- MUT.
Es entsteht Mut
Vielleicht kommt auch einwenig Leichtsinn dazu.
Du weißt ja was du riskierst.
Aber wer wird dich retten ?
Richtig, niemand;
Niemand, außer du dich selbst.

Du hast dem Schmerz förmlich abgeschworen.
Du kriegst deine Mimik in den Griff.
3, Luft scharf einziehen
2, sie schreit dich an, Gott weiß was sie da erzählt
1, ausatmen
„HÖR AUF DAMIT. Ich rufe die Polizei."

[ was hast du bloß getan, Kind.. schreit mein Unterbewusstsein ]

„HILFE!" - schreie ich mit allem was ich habe
- doch sie beginnt zu lachen, als wäre mein Leid ihr Antrieb.
„Dann ruf doch die Polizei! Los, da ist das Telefon! Hier. Was wollen sie schon machen, hm ?
Aber hör mir genau zu : wenn du dieses Telefon in die Hand nimmst, dann gnade dir Gott, wirst du es bereuen."

[ du hättest es einfach ertragen sollen.. ]

- ich breche innerlich zusammen. Ich weine weiter. Ich bin machtlos. Was will ich schon tun ? Ich - ich bin doch nur ein Kind..
„UND JETZT HÖR AUF ZU SCHREIEN! Willst du dass die Nachbarn denken du stirbst hier ? Du bist doch selber schuld an dieser Situation. Wärst du nicht so respektlos, würde ich das hier nicht tun müssen."
„Ich hasse dich".

Sie dreht sich um.
Sie flucht weiter.
Sie knallt die Tür zu.
Ich breche zusammen, liege auf meinem Bett.
Ich weine mir die Seele aus dem Leib.
Kopfschmerzen.
Aber ich kann nicht aufhören zu weinen.
Ich, ich schaffe es einfach nicht.

[ ich will sterben. Du solltest sterben. ICH WILL STERBEN. Bitte rette mich einer. Ich kann nicht mehr. Wann hört das auf ? ]
17:43
- die Müdigkeit trifft ein
Ich schlafe ein.
Und mit geschwollenen Augen, einem gebrochenen Herzen und einem neuen Trauma wache ich auf.

„Lächeln nicht vergessen" sagen die Leute doch so gerne, richtig ?

Dann lächel ich eben.
Ich meine, was will ich sonst tun ?

.
.
.

Zwischen 6-8

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⏰ Last updated: Mar 26, 2023 ⏰

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Bisher hab ich nur für euch gelebt - Impulsgeschichten Where stories live. Discover now