Tag Null

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Viktoire

Vicky erinnerte sich noch ganz genau an den Tag an dem alles schief ging.
Er saß gerade auf der Couch und aß eine Packung Chips, die fünfte an diesem Vormittag. In dem Fernseher lief eine Doku über Krokodile die sich Vichy gelangweilt anschaute. Seufzend sah er auf die Uhr. Mom war schon seit zwei Tagen nicht nach Hause gekommen.  An sich nichts besonderes. Vickys Mom schlief oft auf der Arbeit. Es war 14:35. Vicky erinnerte sich ganz genau. Er überlegte gerade ob es ihm wert wäre seinen gemütlichen Platz auf der Couch zu verlassen um noch eine Packung Chips zu holen  als die Doku von einer Nachricht unterbrochen wurde.
"Das Gesundheitsministerium gibt den Ausbruch eines neuen Virus bekannt", verkündete ein ernster Nachrichtensprecher. Vicky erstarrte. "Wir bitten alle möglichst ruhig zu bleiben und Nachhause zu gehen. Meiden Sie Straßen, große Plätze und Menschenmassen. Und ganz wichtig: bleiben Sie ruhig! Wir werden in einer halben Stunde eine Sondersendung ausstrahlen."
Dann ging die Doku einfach weiter, aber Vicky achtete nicht mehr darauf. Stattdessen begann er fieberhaft zu überlegen. Panisch überprüfte er den Kühlschrank und die Vorratskammer auf Essen. Dann begann er besorgt zu telefonieren. Erst rief er seine Großeltern an, dann seine Freunde und schließlich seine Mutter.  Bei letzterer brauchte er mehrere Versuche bis sie endlich ranging.
"Hey Vicky!", die Stimme seiner Mutter klang überrascht als sie abnahm, "Ich komme bald Nachhause.  Soll ich dir etwas mitbringen? Eine Pizza oder so?"
Im Hintergrund hörte Vicky eine Tür zufallen.
"Mom, hör zu", seine Stimme brach vor unterdrückten Panik. "Mom, du darfst nicht kommen. Bleib da wo du bist, ok?"
"Was ist los?", wollte seine Mom wissen. Jetzt schien sie etwas besorgt.
"Ein Virus, Mom. Du darfst nicht kommen. Bleib da wo du bist und halte dich von anderen Menschen fern, ok? "
"Vicky, ich komme Nachhause", rief Mom durchs Telefon, "Bleib ja drinnen. Und mach unter keinen Umständen irgendwem die Tür auf, verstanden ? Ich bin in zehn Minuten da."
Mom klang deutlich gehetzt jetzt und Kescher sogar etwas.
"Nein, Mom" , bettelte Vicky verzweifelt "Bitte bleib wo du bist du ,ok Mom? Mom?"
Doch der Anruf war abgebrochen. Statt seiner Mom hörte er nur noch ein lautes  surren. Verzweifelt warf er den Hörer hin und ging zurück zur Couch. Dort begann gerade die Sondersendung.
"Das Virus überträgt sich über Körperflüssigkeiten, offene Wunden und Bisse", sagte der Nachrichtensprecher gerade" Es scheint so als wären alle bisher infizierten Menschen zuvor mit dem H2I- Impfstoff geimpft worden. Das Virus sorgt dafür das alle Individuen kannibalistische Züge zeigen. Besonders oft wird das durch beißen verdeutlicht. Dabei attackieren sie jedoch, wie es bisher scheint, nur gesunde Menschen."
Vicky seufzte und holte sein Überlegheft heraus. Dann begann er zu kritzeln.

22. 09. 2043

Neuer Virus. Wird offenbar vor allem auf H2I- Geimpfte übertragen. 80 % der Bevölkerung ist geimpft, ich eingeschlossen. Aber was hat es mit einem einfachen Schnupfenimpfstoff zu tun? Kannibalismus? Klingt eher wie in einem SiFi-Roman. Machen die Witze? Aber warum sollten die Witze machen? Nachrichten machen keine Witze. Und warum greifen die nur gesunde Menschen an?

Mom kam nicht. Vicky verbarikadierte die Tür mit dem größten und schwersten Möbelstück das er bewegen konnte - seinem Schreibtisch. Er würde  sie hören wenn sie die Tür aufschloss und ihr dann aufmachen. Mehrmals klopften Nachbarn - oder waren es etwas anderes? - um hereingelassen zu werden, aber er öffnete nie und verkrochen sich lieber hinterm Sofa.

Mom

Eine Tür schlug hinter ihr zu. Dann eine weitere. Jetzt waren auch noch andere Stimmen zu hören. Ihr Chef rannte an ihrer Glastür vorbei. Hinterher liefen die gesamten Angestellten. Teresa schloss die Tür ab und ließ sich in ihren Schreibtischstuhl sinken. Also es gab ein neues Virus. Erst ein Mal nichts neues. Es gab in letzter Zeit immer öfter neue Viren, was wohl irgendetwas mit der Umweltkatastrophe zu tun hatte. So genau kannte sie sich da nicht aus. Aber warum reagierten dann alle so über?

Ein unheimliches Geräusch schreckte sie auf. War das ein Stöhnen? War jemand verletzt? Vielleicht brauchte er ja Hilfe. Während Teresa noch überlegte ob sie demjenigen helfen sollte, überkam sie jedoch ein ungutes Gefühl. Sie musste jetzt zu ihrem Sohn. Vicky würde sicher große Angst haben so allein. Außerdem gab es noch einen Notsanitäter im Haus. Der würde sich sicher um den Verletzten kümmern.

Eilig packte sie ihre Tasche zusammen. (Sie fand noch drei Flaschen Wasser und eine Packung Schokolade) Dann verließ sie leise ihr Arbeitszimmer, ihre Gedanken bei ihrem Sohn Vicky, der sich zuhause sicherlich Sorgen machte.

Tag Null - Was jetzt?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt