Kapitel 1.2 - Hellblaue Tulpen

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Normalerweise war sie jeden Morgen direkt nach dem Aufwachen schon voller Energie, diesen Morgen jedoch, fühlte sie sich, als fehlte ihr etwas. Fest umarmte sie ihr Kissen um jene Leere zu füllen. Sie überlegte schon, sich frei zu nehmen, da fiel ihr Luis Brief ein.

Sie schaffte es, zu frühstücken, sich anzukleiden und wie üblich ihre morgendliche Teepause zu machen, bevor sie die Wohnung verließ. Beim Bäcker angekommen lächelte Yasha sie direkt an. Es war so ein warmes, beruhigendes Lächeln, dass all die Leere die Panju diesen Morgen spürte wie weggeblasen war. Mit neuer Energie und frischem Enthusiasmus war sie nun bereit dazu, wieder viele wunderbare Nachrichten zu überbringen. Die für Raya hob sie sich dabei bis zum Ende des Tages auf, wenn die Sonne gerade untergeht und man Nachtfalter still umherflattern hörte.

Rayas Garten war voller hübscher Blumen und grünen Gewächsen. Sie führte Panju auf einem schmalen Steinweg durch ihn hindurch, bis sie an einem kleinen Gartentisch mit Stühlen angelangten. Raya schenkte ihr dort Milchkaffee ein und gemeinsam lasen sie den Brief ihres Mannes, während sie ein Stück Apfelkuchen aßen. Die Gärtnerin las mit einer solch sanften Stimme, dass Panju fast dabei einschlief. Nicht etwa, weil sie gelangweilt war oder zu wenig geschlafen hatte, sondern weil sich der Klang von Rayas Stimme perfekt zu dem Takt der sich im Winde aneinander schmiegenden Planzen passte.

Als sie fertig mit Vorlesen war, blieb es einen Moment lang still. Sie lauschten dem rascheln der Blätter, bis Raya Panju fragte, wie es dort oben war. Diese überlegte eine Zeit lang bis sie antwortete: „Still und wunderschön. Schaut man in Richtung Erde, so erblickt man eine so kleine Kugel, dass man vollkommen vergisst, jemals dort gewesen zu sein. Und schaut man in eine andere Richtung, sieht man Tausende Sterne und man wünscht sich, sie alle besuchen zu können." „Das könntest du doch, nicht wahr? -Sie alle besuchen, meine ich", fragte sie hinterher und wieder musste der Engel eine Weile überlegen. Mittlerweile war die Sonne nicht mehr zu sehen und der Mond strahlte hell auf sie herab.

„Das könnte ich. Um ehrlich zu sein, entscheiden sich viele der Engel dazu, in den Welttraum auszuwandern. Niemand kann es ihnen Übel nehmen, schließlich ist er unglaublich schön", begann sie, „doch ich habe mir vorgenommen zuerst einmal die Erde zu erkunden. Sie birgt so wunderbare Blumen und liebenswürdige Tiere, dass es mir schwerfallen würde, all das hinter mir zu lassen." Mit diesen Worten endete der Tag.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jun 27, 2022 ⏰

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Panju -Tochter ChamuelsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt