Wusstet Ihr, und ich sage das jetzt lieber ganz leise wie eine Amsel auf dem Kriegspfad, wusstet Ihr, dass Stefan eigentlich wasserscheu ist?
Es macht heute nicht mehr den Anschein, aber wirklich, es stimmt, weswegen seine liebe Mutter Ilse, das ist die kleine mit der Brille da drüben, die
-bekannt ist für ihre lauten Gespräche mit ihrer Schwester Frieda
-berühmt ist für ihren guten Kuchen und so,
-berüchtigt ist, sich um alles zu kümmern, um das es sich zu kümmern gibt,
und bekanntermaßen, berühmtberüchtigt ist für ihren Weitblick,
weswegen also jene Ilse ihren Sohn Stefan bereits in jüngsten Jahren regelmäßig zur Abhärtung in ein geheimes, militärisches Ausbildungslager nördlich von Nürnberg schickte.
Eigentlich war es gar kein militärisches Ausbildungslager, sondern einfach das Zuhause seiner Cousine Amy und seines Cousins Robin, wessen Zuhause es genau genommen gar nicht war, da er nur zu Besuch war. Diese waren die liebsten, frechsten, blondesten, Cousins und Cousinen, die man sich nur vorstellen kann! Aber, und jetzt kommt das große ABER, nicht in diesem Falle, denn in diesem Falle waren sie noch viel lieber, noch viel frecher und noch viel blonder (denn es war Sommer) und zusätzlich noch hilfsbereit. Sie wollten nämlich ihren Cousin Stefan zur wasserrattigsten Wasserratte machen, die die Welt je gesehen hat.
Also heckten sie Pläne aus. Teuflische Pläne, himmlische Pläne, irdische Pläne, einfach alle Arten von Plänen die Ihr euch auch nur im Entferntesten vorstellen könnnt, und auch jene Pläne, die ihr euch gar nicht vorstellen könnt, sondern sich nur andere Leute vorstellen können, die ganz anders denken und essen, und ganz anders in der Nase bohren wie Ihr. Dann nahmen sie diese Pläne, vermischten sie und verwarfen sie allesamt. Denn sie hatten etwas gesehen, groß, rund und grün, voller Wasser, das von der Sonne wohlig warm war, und plötzlich war alles so klar wie der erste, leise Sonnenstrahl nach einem tosenden Gewitter.
Die neue Regentonne! „Wir gewöhnen Stefan in der Regentonne an das Wasser!" Und so gingen Cousine Amy und Cousin Robin frisch ans Werk. Erst stiegen sie selbst hinein und machten es ihm vor. Dann setzten sie ihn behutsam wie einen Wackelpudding selbst in das Wasser. Immer wieder und immer weiter hinein. Danach Tauchen: Mit Augen zu und Nase zuhalten, mit Augen zu und Nase offen. Ohne Augen und ohne Nase! - zuhalten natürlich. Am Schluss, Deckel auf die Tonne!
Plötzlich war es soweit! Stefan konnte tauchen, aber sowas von tauchen. So gut wie ein geheimnisvolles Ding namens Dinudelus, das spricht man Dinudelus, was so viel heißt wie Dinudelus. Ihr fragt euch jetzt sicher, was dieses geheimnisvolle Ding ist? Tja, wie sage ich das jetzt? - Denn dieses geheimnisvolle Ding, ist unheimlich kompliziert zu beschreiben, wie wenn man beschreiben müsste wie man zum Mond läuft, ohne sich zu verlaufen. Einfach so kompliziert zu beschreiben, dass man es kaum beschreiben kann. Aber - pssst, sagt es niemandem weiter, ich versuche es speziell für euch trotzdem!
Also, stellt euch eine leere Plastikflasche vor. Diese füllt ihr fast ganz voll mit Wasser, aber, und jetzt kommt der Clou, eben nur fast. Denn oben, ganz oben, bleibt ein wenig Luft in der Flasche, mehr oder weniger, je nachdem. Jetzt Deckel drauf, ... Fertig!
Und dieses extrem geheimnisvolle Ding namens Dinudelus lässt man jetzt mit Schwung in ein Gewässer hinabsausen, z.B. Regentonne oder so ähnliches. Huii, da saust es hinab in die finstere Tiefe und Ihr denkt bestimmt: „Weg ist es, dieses geheimnisvolle Ding."
Wahrscheinlich wollt ihr euch gerade umdrehen und gehen, doch da, schwuppsdiwupps, kommt die Dinudelus aus der finsteren Tiefe empor und hüpft lustig wie ein tänzelnder Zaunfink, mit mehr oder weniger Schwung an die Wasseroberfläche. Den Schwung kann man übrigens einstellen, indem man mehr oder weniger Luft in die Dinudelus füllt.
Und jetzt stellt euch vor, es wäre keine Dinudelus, sondern Stefan, der eben von Cousine Amy, oder Cousin Robin in die Tiefen der Regentonne hinabgelassen wird und manchmal erst nach langer Zeit, oder manchmal ganz schnell, föhlich quieksend wieder nach oben kommt und an die Wasseroberfläche hüpft, je nachdem, ob er gerade mit mehr, oder weniger Luft gefüllt war.
Ab dieser Zeit, war das Wasser ein guter Freund von Stefan. Fast wie ein zweiter Bruder, soweit Wasser überhaupt ein Bruder sein kann. Auf jeden Fall war die Wasserscheu verschwunden, oder zumindest so klein geworden, dass man sie kaum noch sehen konnte, nicht einmal mehr mit einer Lupe, oder einem Mikroskop, oder einem Elektronenmikroskop, oder aber die Teilchen von Stefan hatten sich einfach mit den Teilchen des Wassers verschränkt und Stefan war ein bischen wasserartig geworden und das Wasser ein bischen stefanartig, doch so etwas können nur richtige Physiker herausfinden, und die sind bekanntlich rar.