Prolog

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Es war gar nicht lange her, da gab es einmal ein wir, ein du und ich. Wir waren unbesiegbar, weißt du noch? Wir beide gegen den Rest, gegen all die Mick McAllisters dieser Welt und dem eisernen Würgegriff des ewigen Teufelskreises, der sich das Leben nannte. Irgendwann hatte uns die Courage gepackt auszubrechen, weg von den Idealen, dem Leistungsdruck und den Normen, weg von allem was uns formte so zu sein und das gleiche zu tun, wie alle anderen. Wieso nur reichte das nicht? Wieso war das nicht genug? Wäre alles anders gekommen, wenn wir noch Freunde gewesen wären, als uns dieses vollkommen unvorhersehbare Schicksal ereilte? Diese Frage beschäftigt mich seither jeden Tag, sie quält mich in den Abendstunden, reißt mich nachts aus dem Schlaf und macht es mir unmöglich überhaupt noch in den Spiegel zu schauen. Seitdem gleicht mein Leben einer tragischen Melodie auf Dauerschleife, meine Tage sind monochrom, der Ablauf stets der gleiche und ich kann nicht entkommen. Ohne deine Hand in meiner greift die selbe alte Spur aufs Neue nach mir, diesmal packt sie mich und ich wehre mich nicht mehr. Was mit dir damals so einfach erschien, ist mir heute unmöglich. Der Grund? Ganz einfach. Du bist weg. Seitdem fühle ich mich wie ein Geist. Ich existierte zwar noch, bin eine Seele in einem Körper aus Fleisch und Blut, aber ich bin schon lange unsichtbar...

Seit dem Vorfall gehe ich regelmäßig zur Therapie und erzähle dort nur widerwillig, was mir widerfahren ist. Du weißt, wie ungern ich soziale Interaktionen normalerweise habe. Ich weiß, dass ich das hier brauche und es ist wahrscheinlich am besten so, doch es fällt mir schwer. Es fällt mir schwer über dich zu reden. Nirgends kann ich dir und der Geschichte entkommen, die uns beide verbindet. Ich habe furchtbare Angst, dass sie wahr wird, wenn ich deinen Namen ausspreche. Tief im Innern bete ich noch immer inständig, dass das alles nicht wahr ist und ich jede Sekunde aus diesem Albtraum aufwachen- und erleichtert aufseufzten würde. Wie konnte ein einziger verhängnisvoller Tag meine triste Welt so dermaßen einfach auf den Kopf stellen?

Man sagt es gibt immer mehr als nur eine Möglichkeit für die Lösung eines Problems, richtig? Entweder du gehst den einen, oder den anderen Weg. Letztendlich weißt du nicht, ob du die richtige Entscheidung mit dem Einschlagen einer Richtung getroffen hast. Früher oder später wird sich dir die Erkenntnis vielleicht offenbaren oder es wird eben für immer ein Geheimnis bleiben. Heute weiß ich, ich traf die falsche Wahl. Und es vergeht kein Tag, an dem ich mir keine Vorwürfe mache und mich nicht für das hasse, was ich dir angetan habe.

Na gut, ich habe dir da etwas ganz entscheidendes verschwiegen. Ich saß nicht freiwillig jeden Donnerstag auf diesem beinahe antiken, abgenutzten Ledersessel und vertraute mich einer Wildfremden an, während sich meine Nägel gewaltsam in den Stoff zwischen meinen Fingern bohrten und mich schreckliche Schuldgefühle plagten. Die Wahrheit ist: Ich bin nur hier, weil diese Sitzungen so vom Gericht nach jenem Vorfall angeordnet wurden. Der Schlamassel in dem ich mich befinde ist ganz allein mein Verdienst. Ich bin verantwortlich für dein Schicksal. Es tut mir leid, dass ich dir das verheimlicht habe. Ich fühle mich furchtbar. Sie hätten es niemals auf dich abgesehen, wenn ich zuverlässig gewesen- und nicht so dämlich, so strunzdumm gewesen wäre. Ich wünschte, ich hätte die Chance mich bei dir zu entschuldigen, dir dabei voller Demut in die Augen zu schauen, aber ob meine Worte jetzt noch zu dir durchdringen würden, dafür gibt es keine Garantie. Zumindest sagen das die Ärzte.

„Fangen wir ganz von vorn an, Danielle.", sagte meine Therapeutin und ich nickte.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Aug 10, 2022 ⏰

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