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(Das verlinkte Lied lässt Minho in Jisungs Krankenhauszimmer abspielen und wenn ihr die ultimativen Feels bei dem hier Kapitel wollt, dann könnt ihr es euch anhören <3 :D)

Total überfordert klopfte Minho an die Klassenzimmertür, nachdem er sich in dem Sekretariat gemeldet hatte. Er öffnete die Tür und begrüßte die Klasse. Frau Park lächelte und bat ihn nach drinnen. „Liebe Klasse. Wir haben seit heute einen neuen Schüler. Das ist Lee Minho. Minho möchtest du uns etwas von dir erzählen?" Minho schaute nervös auf den Boden. Die Blicke seiner neuen Mitschüler waren viel zu viel. „Nein", sagte er ziemlich leise. „Hat dann die Klasse Fragen an dich?" Ein paar Hände gingen nach oben. „Ja, Heesoo?" Minho wusste schon, was er ihn fragen wird. Die Frage war so offensichtlich. „Wieso bist du mitten im Schuljahr zu uns gewechselt". Er könnte jetzt erzählen, er war erst umgezogen worden oder so ähnliches, aber er entschied für sich die Wahrheit. Für Jisung. „Ich bin von meiner alten Schule rausgeflogen, weil ich einen Mitschüler krankenhausreif verprügelt habe. Jetzt liegt er im künstlichen Koma". Schon jetzt, wo er den Blick eher auf den Boden gerichtete hatte, als auf seine neue Mitschüler, spürte er die bereits wachsende Abneigung der anderen. Sie werde ihn meiden.

Und so war es auch. Keiner wollte mit Minho reden und auch die Lehrerin war eher distanzierter zu ihm, als zu den anderen. Sein Ruf war von Tag eins geschädigt. Während die anderen in der Mittagspause nach draußen gingen, blieb Minho lieber im Klassenzimmer und schrieb mit Chan. 'Ich hasse es hier', schrieb Minho in sein Handy. Sein Kumpel war gerade online und schrieb ihm prompt zurück. 'Wirst es schon überleben. Hey, wie geht's Jisung?' Minho fragte sich das die ganze Zeit. Er hoffte einfach, dass es ihm bald besser ging und er aufwachte. Minho wollte mit ihm reden, ihm sein Herz öffnen. 'Keine Ahnung. Sie dürfen es mir nicht sagen, weil ich nicht zu seiner Familie gehöre, schon vergessen?' Die restliche Mittagspause schrieb Minho mit Chan, doch es fühlte sich nicht gleich an, wie früher. Nicht nur, weil Chan nicht bei ihm war, sondern weil er in der Menschenmenge keinen Jisung sehen konnte, der ihn liebevoll anlächelte.

Auch der nächste Tag war grau. Minho war nach wie vor alleine. Keiner fragte ihn, ob er etwas mit ihm machen wollte. Wahrscheinlich hatten sie Angst wegen seinem Rauswurfgrund. In den Pausen schrieb Chan mit ihm und erzählte ihm alles möglich. Lustlos schrieb Minho zurück. Er fühlte sich so einsam. Er vermisste Jisung. Mehrmals wartete er auf den honigblonden Schüler, damit er ihn wieder auf die Nerven ging oder ihm einer seiner Liebesbriefen gab, aber sein vertrautes Gesicht tauchte nicht auf. Es war alleine ohne ihn. Würde er da sein, würde er sein Highlight sein, denn egal wie sehr er ihn weh tat, so freute sich Minho heimlich, wenn Jisung aufkreuzte. Jetzt wo Minho ganz viel Zeit hatte an ihn zu denken, hinterfragte er sich, ob er die Vorfreude nicht spürte, weil er ihn verletzen wollte, sondern weil Jisung einfach da war und seinen langweiligen Tag ein bisschen Würze verpasste. Ja, mit Jisung bekamen seine grauen Tage etwas Farbe. Minho fragte seinen Eltern, ob er wieder ins Krankenhaus durfte, um Jisung zu sehen. Jisung so zugerichtet haben, schien ihren Sohn verändert zu haben.

Wie abgesprochen, wartete Seungmin auf Minho und brachte ihn in durch einen Hintereingang nach drinnen. „Bitte behalten Sie es für Sich. Wenn es rauskommt, dass ich Sie reingeschmuggelt habe, bin ich meinen Job los". Minho versprach und dankte ihm nochmal für seine Hilfe. Seungmin führte ihn zu Jisungs Zimmer. Beim ersten Mal war er total überfordert mit der Situation gewesen, jetzt wusste er, was ihn erwartete. „Ich bin hier in der Nähe und passe auf", kündigte Seungmin an. Minho öffnete die Tür und trat in Jisungs Zimmer.

Wie bei seinem ersten Besuch schockte Jisungs Anblick Minho. Nach wie vor sah er wie gebrochen in dem Bett. Sein Zimmer lag im Dunkeln, nur eine Nachttischlampe war angeschaltete und versuchte einen wohnliche Gefühl vermitteln, doch es ging völlig unter, wenn man den gleichmäßiges Piepen des Monitors hörte und die Schläuche um Jisung sah. „Hey, Kleiner", sagte Minho traurig und trat zu ihm. Jisungs Kopf lag ruhig auf den Kissen, die Augen fest verschlossen. Seine Gesichtsverletzungen sahen schon viel besser aus, aber man konnte ihm noch ansehen, dass er ziemlich hart verletzt worden war. Minho spürte so eine gewaltige Traurigkeit in seinem Herz, als er Jisung so sah, dass sein Körper unkontrolliert zu Beben anfing. Mit zitternden Hand holte er sein Handy raus. „Seungmin hat mir erzählt, dass du Musik hörst und ich hab da ein Lied gefunden, was mich an dich erinnert", sagte er leise und schüchtern. Er lies All 4 nothing von Lauv ablaufen.

Minho setzte sich auf den Stuhl, der neben Jisungs Bett lag. „Jisung? Darf ich deine Hand halten?", fragte er mit brüchiger Stimme. „Sicher würde dir das gefallen, oder?" Minho nahm Jisungs leblose Hand in seine und umschlang sie sanft. „Du wolltest die ganze Zeit Körperkontakt mit mir haben. Wie du dich an mich geschmiegt hast, als ich dir die Birne ins Gesicht gedrückt hab", erinnerte sich Minho traurig. „Ich bin nicht hier, um auf solche Geschichten aufzugreifen. Ich bin hier, weil ich mich entschuldigen möchte. Für alles. Ich wollte dich nie ins Krankenhaus bringen und verdammt, ich wollte dich nie töten". Die ersten Tränen rollten über seine Wangen. „Entschuldigung, dass du wegen mir hier wie tot liegst. Entschuldigung, dass du wegen mir so viele Blutergüsse davongetragen hast. Entschuldigung, dass ich dein Leben zu Hölle gemacht und Entschuldigung, dass ich deine Gefühle mit Füßen zertreten habe". Sanft streichelte Minho über Jisungs Handrücken. Es fühlte es sich befreiend an, so mit ihm zu reden. Ohne Schimpfwörter und ohne Hass. „Weißt du, Jisung, ich bin selber schwul und ich habe es bis jetzt nie akzeptieren können. Du bist der Erste, dem ich das erzähle. Nicht mal Chan weiß davon und meine Eltern erst recht nicht. Das ist aber nicht der Grund, wieso ich dich verprügelt habe. Jisung, mein Leben ist scheiße". Noch eine Sache, die er für sich behielt. Keiner von den Menschen um ihn herum, würden es verstehen können.

„Ich fühle mich, als ob in einer grauen Welt lebe. Jeder neue Tag ist unerträglich und ich frage mich, wie ich noch so lange aushalten kann. Sie alle würden sagen, dass ich mit meinen achtzehn Jahren noch keinen Plan vom Leben habe, aber den habe ich bereits. Ich bin es so leid, so zu verrotten. Schon am Leben zu sein macht mir Angst. Deswegen habe ich dich verprügelt, weil du alles erträglicher machst. Sobald du bei mir warst, konnte ich diese Angst vergraben, diese Grauheit vergessen und einfach für einen Moment was anderes spüren. Du hast alles besser gemacht".

Minho stand auf und beugte sich zu Jisung. Sanft strich er über Jisungs zarte Wange. „Jisung? Fühlt es sich schön an, mich zu lieben?" Wenn Jisung seinen Tag verbessert hatte, musste das auch anders herum gelten. Nur, dass Jisungs Welt trotz der Schläge und Beleidigung für ihn glitzerte. Machte es ihn glücklich sich vorzustellen, dass sie sich küssten und dass sie zusammen kuschelten? Konnte sich Jisung mit seiner Liebe in einen Zustand abdriften, wo er das Leben in vollen Zügen ausleben konnte? Machte Jisungs Liebe zu ihm sein Leben lebenswert? Minho stellte es sich schön vor. So lieben zu können, als würde es kein Morgen geben. Das Grau seines Lebens würde vor Farben knallen wie Feuerwerke im Nachhimmel. Er wollte nur einen Moment spüren, der ihn in so einem Zustand brachte.

Minho beugte sich weiter zu runter, bis seine Lippen Jisungs berührten. Sie waren so weich, wie ein Spaziergang durch flauschigen Wolken und er sah die ersten Farben in seinem grauen Verstand hervorblitzen. Er bereute es, nicht eher auf seine wahren Gefühle gehört zu haben, denn je länger er Jisungs Lippen auf seinen spürte, tauchte er in einer Welt voller Farben ein und er fühlte wirkliches Glück in sich. Schade, dass Jisung seinen Kuss nicht erwidern konnte. Hoffentlich erinnerte er sich an den Kuss. Minho löste sich von dem Kuss und lächelte Jisung an. Seungmin klopfte an die Tür. „Die Zeit ist vorbei", kam es von ihm. Minho küsste zum Abschied auf Jisungs Stirn und schloss die Tür hinter sich.

Kiddos, ihr wisst nicht wie soft mich das Kapitel gemacht hat :(

Like eggshells (Minsung FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt