Ich schließe die Tür zu meiner Wohnung auf. MEINER Wohnung. Meine erste eigene, bescheidene Wohnung. Zeit für einen Neuanfang. Meine Beziehung ist vorbei, von heute auf morgen. Mein Leben ist ein komplett anderes. Ich habe lange gebraucht, wieder zu mir selbst zu finden, klar zu denken. Ich war noch niemals in meinem Leben so vor den Kopf gestoßen worden, so enttäuscht, so verletzt und so hintergangen worden. Keine Worte beschreiben das, was mir passiert ist. Man hinterfragt sich selber, wieso war ich so dumm? So naiv? Ich ekel mich vor mir selbst, das ich einen Menschen so geliebt habe, der letztendlich völlig falsch war. Vergeudete Zeit. Keine Männer mehr, keine Liebe. Nur ich. Allein.
Nun bin ich froh, wieder etwas unabhängig zu sein. Übergangsweise habe ich wieder zuhause gewohnt, aber ist das eine Lösung? So schön Hotel Mama auch ist, es war an der Zeit, endlich wieder auf eigenen Beinen zu stehen. Und heute ist es so weit. Die letzten Wochen hat mir meine Familie fleißig beim Umzug geholfen, weshalb ich sie heute alle zu mir eingeladen habe, als kleine Einweihung sozusagen.
Gerade bin ich mit den Vorbereitungen fertig und nehme die Teller aus dem Schrank, als es auch schon an der Tür klingelt. Das nenne ich mal Timing!
"Hey, schön das ihr alle da seid!" Nacheinander nehme ich alle in den Arm, meine Mama, meinen Papa und meine Schwester, ihr Mann ist zuhause geblieben um auf den Kleinen aufzupassen. " Kommt doch rein, ihr kennt euch ja aus", sage ich schließlich und trete auf die Seite. " Wow hier sieht es ja jetzt richtig wohnlich aus", ruft meine Mama begeistert, "du hast es dir echt gemütlich eingerichtet." Ich strahle sie an, "nur mit eurer Hilfe! Deshalb sind wir heute auch hier. Ich danke euch von ganzen Herzen!" Während ich das sage, den Tränen nahe, weil ich einfach so dankbar bin, sehe ich, das meine Schwester bereits an einer Flasche Wein zugange ist um diese zu öffnen. Sie grinst mich an als sie meinen Blick sieht, "na darauf stoßen wir doch an!" Wir lachen, sie stemmt die Flasche in die Luft und schenkt jedem ein Glas ein.
Wir setzen uns an den Tisch, wenig später serviere ich auch schon das Essen und die Gespräche verstummen. "Also, danke für alles und nun lasst es euch schmecken", ich schaue in die Runde. Ja, ich bin tatsächlich dankbar meine Familie zu haben. Sie ist einfach alles was ich habe. "Das du verhungerst, darüber muss ich mir keine Sorgen machen", bricht meine Mutter das Schweigen und zwinkert mir zu, "es schmeckt absolut himmlisch." "Danke Mama." Die beiden anderen nicken zustimmend.
Natürlich konnte es meine Mama nicht lassen den Tisch abzuräumen und mir beim Abwasch zu helfen, Mütter eben.
Wenig später sitzen wir alle auf der Couch, satt und zufrieden, in Gesprächen vertieft, außer das meine Schwester nur am Handy hängt. Ich sehe sie mit verschmitzten Augen an. Sie antwortet mir sofort, "hab mich nur erkundigt ob der Kleine bereits im Bett ist." Dann steht sie auf, wie auf frischer Tat ertappt, "ich hol noch ne Flasche." Hä? Das war mehr als komisch. "Für uns nicht mehr, wir werden jetzt aufbrechen", sagt meine Mutter dann, als die neue Flasche Wein im Anmarsch ist. "Tja, dann bleibt mehr für uns", sie zuckt die Schultern und reißt mir mein Glas aus der Hand. Ich sehe sie verdattert an.
Als ich meine Eltern zur Tür begleitet und sie verabschiedet habe, stürme ich zurück ins Wohnzimmer. "Sag mal, hast du heute was größeres vor?", ich schaue sie über den Rand meines Weinglases hinweg an und nippe schließlich daran. "Na klar! Es ist mal wieder Zeit für einen Schwesternabend, wenn ich schon mal Zeit habe", sie stößt gegen mein Glas, "cheers." Aber sie hat Recht, seit sie verheiratet ist und ihre kleine Familie hat, war wenig Zeit für einen solchen Abend. Sie ist 28 Jahre alt, und ihr kleiner Tommy (eigentlich Tom) zuckersüße 3 Jahre. Ohman, sie hat echt Glück mit ihrem Mann, ihrer Ehe. Warum nur klappt es bei mir nicht? Ich dachte echt ich hätte meine wahre Liebe gefunden, ganze 5 Jahre waren wir zusammen nur damit er mir am Ende sagt, das es so nicht mehr weitergeht. Von heute auf morgen. Und das, obwohl wir so viele gemeinsame Ziele und Träume hatten. Zu allem Überfluss habe ich dann auch noch ein fremdes Ohrring in UNSEREM Badezimmer gefunden als ich wutentbrannt meine Sachen gepackt habe. Dann war mir auch alles klar, von wegen 'so geht es nicht mehr weiter'. Ich empfinde einfach nur Ekel. Wie lange hat er mich wohl schon hintergangen? Und trotzdem denke ich die ganze Zeit an ihn und unsere Beziehung. Die Trennung ist auch erst 6 Monate her und ich fühle mich wahnsinnig allein. Das war der Grund, weshalb ich zurück zu meinen Eltern gezogen bin, mit meinen 25 Jahren. Trotz dem, dass ich noch immer ein Wrack bin, war es für mich an der Zeit, mir was eigenes zu suchen. Es ist schließlich was anderes, wenn man schonmal eigenständig war und auf eigenen Füßen stand, einen eigenen Haushalt hatte.
Gedankenversunken nippe ich immer mal wieder an meinem Wein und starre auf den Boden vor mir, bis ich wahrnehme, das meine Schwester mit ihrer Hand vor meinem Gesicht herumwedelt, "Erde an Sarah? Hallo? hörst du mir überhaupt zu?" "Hmm? Ja, was ist?", ich sehe sie entschuldigend an. "Woran denkst du denn so intensiv? Naja, egal, ich hab was für dich", sie klingt ganz aufgeregt. "Was denn?", frage ich völlig verdattert. "Na, das hier", sie sprüht vor Energie und Freude und hält mir plötzlich ihr Handy vors Gesicht. Ich sehe einen Typen, den ich zuvor noch nie gesehen habe und kapiere gar nichts. Genauso sieht wohl auch mein Blick aus. Jenny (meine Schwester) prustet los, "du checkst gar nichts hm?" Ich schüttel verwirrt den Kopf, ohman, ich glaube ich hab zu viel Wein. "Na, sieh genau hin", wieder hält sie mir das Handy vors Gesicht, "das ist Jonas. Meine Überraschung für dich!" Jenny grinst, als hätte sie mir eben ein stink normales Familienfoto gezeigt und ich verstehe nur Bahnhof...
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Nochmal von Anfang
Romance"Dann halt nochmal von vorn." Die Beziehung geht nach 5 Jahren von heute auf morgen zu Ende. Man hatte sich was aufgebaut und nun steht man alleine da. Zurück zu den Eltern. Wieder von vorne anfangen. Neue Wohnung. Neue Liebe? Nein! Doch dann kommt...