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Jasmine war ihr Name. Bis dahin sind meine Erinnerungen an den Abend noch präsent. Sie wurde von ihrem Ehemann Jaques Gignac vorgestellt, dessen militante Art mit noch heute manchmal im Geiste sauer aufschlägt. Er war keineswegs unhöflich zu seiner Frau, aber in ihm schien eine Grobschlächtigkeit zu herrschen, die man greifen konnte. Danach wurde es in dem festlich dekorierten Speisesaal undurchsichtig für meinen Kopf. Ich versuche so gut es geht den Abend zu rekonstruieren, aber seit ein paar Jahren scheitere ich daran mit erstaunlicher Stetigkeit. Bis heute. Als ich ein Foto von Jasmine in den lokalen Zeitungen fand, dass ihren Tod bestätigte.
Der aufsteigende Rauch der Anwesenden, hatte nicht nur meine Sicht vernebelt, sondern auch meine Erinnerungfähigkeit beeinträchtigt, wie es schien. Gelichtet von einem Nachruf auf Jasmine Gignac, machte ich mich daran zu suchen, was in den vagen Definitiven der Tage nach der Gala verloren gegangen war.
Es fing an dem Abend an zu Regnen, was bei einigen Anwesenden mit einem Frösteln quittiert wurde, eine andere kleine Gruppe äußerte Migräneartige Kopfschmerzen, die "rotierten".
Daran erkannte ich sofort die Selbstdarsteller, deren ganzes Leben nur, daß Dasein als ständiger Mittelpunkt, die überbordende elterlichen Erziehung wettmachen konnte. Ich wendete mich von ihnen ab und stellte mich aus Interesse zu den Gignac's, die erstaunlicherweise genauso verloren wirkten wie ich es war.
"Guten Abend"
"Guten Abend" sagte die Frau. "Der Tisch wird erst in einer halben Stunde fertig sein, es ist eine Tragödie' äußerte sie ihren Unmut direkt.
"Ich vermute es sind die Schuhe, welche ihnen Schmerzen bereiten?" Mein Blick fiel auf die Treter, mit deren Absätzen vermutlich auch ein Massaker vonstatten gehen könnte.
Jaques schmunzelte nur über meine Frage, bevor er sich gelangweilt mit den Worten "Du bist in guten Händen, wie ich sehe" verabschiedete. Seine Verabschiedung klang als wolle er weibisch anstatt gut sagen, aber aufgrund der vorherrschenden Etiquette daran gehindert wurde.
"Reizend" sagte ich unumwunden in die Richtung in der Gignac verschwand. Jasmines Satinfarbene Augen blickten mich überrascht an, bevor sie leise in sich hineinkicherte.
"Wie haben Sie das mit meinen Schuhen bemerkt?" fragte sie nach ihrem Kicheranfall.
"Der Tonintervall mit dem sie gesprochen haben" antwortete ich.
"Sie machen Witze"
"Nein. Sie haben ihre Füße nicht bewegt, deshalb musste ich auf den Klang ihrer Stimme ausweichen, der ein wenig höher klang als üblich."
"Sehen Sie", ich zeigte auf einen Kellner, der uns einen Aperitif brachte. Jasmine bedankte sich intuitiv bei ihm, in einer tiefen, fast schon sinnlichen Stimme. "Jetzt", ich ging einen Schritt auf sie zu und berührte ohne große Pause ihren Rücken. Sie ging einen Schritt zurück.
"Sie..."ihre Stimme war mit einem Male viel höher und passte nicht mehr zu ihr.
"Beweisführung abgeschlossen" sagte ich amüsiert. "Verzeihen Sie, falls ich Ihnen zu nahe gekommen bin. Andernfalls hätten Sie mir jedoch nie geglaubt"
Sie fing an zu Lächeln. "Beeindruckend. Wie heißen Sie?"
"Rudolph Evans" Ich gab ihr der Form halber meine Visitenkarte. "Sie sind Schriftsteller?" fragte sie mich überrascht. Warum sie das nun so verwunderte, ließ mich dafür im Umkehrschluss ratlos dreinblicken. Es war ein Blick welcher Zeilen schrieb, während nur die Geräusche der Anwesenden den Raum erfüllten.
"Sie sind R. Evans. Comforté la Evu?"
"Das habe ich geschrieben" gestand ich fast schon peinlich berührt. Sie war der erste Mensch in solchen Kreisen, der überhaupt je ein Buch von mir nur in der Hand gehalten hatte. "Das französische Herz" sagte sie wehvoll.
"Hat es ihnen gefallen?" fragte ich fast automatisch. Ich bereute die Frage in derselben Sekunde. Es brachte uns beide in eine Bredouille. "Vergessen Sie die Frage" fügte Ich an. "Erzählen Sie mir lieber, was ich für Sie tun kann. Ihr Schuhdesaster lässt mich nicht kalt"
"Das Leben als solches offenbart mir, der Augenblick möge noch so herrlich von Farben und Liebe geprägt sein, alles was schwarz sei, deutet meinem Herzen den Weg. In eine finstere Serenade hinein, die ich, so weit von oben überblicke, wie es mir nur in irgendeiner Form möglich sein kann. Denn von oben, bin ich das Fallen bereits geübt"
Das Zitat aus meinem Buch beendete sie mit einer Verbeugung, wie es auch die Figur Carmen Mercoui getan hatte. Ich blickte überrascht auf ihr breites Lächeln, dass nun den ganzen Raum zu erfüllen schien.
"Sie beherrschen die Gabe der Zitierung"
"Ihr Buch war eine Augenweide für meine Seele. Ein Sommersturm, der alles was ich gedacht und geglaubt habe, in seinen Grundfesten erschüttert hat"
Es war der Moment in dem ich zu meinem allgemeinen Bedauern errötete.
"Oh, Darling." sie sagte es mit einer Stimme, die meine Zehen zum Schwingen brachte. "Sie bekommen wohl nicht oft genug gesagt, wie toll ihr Buch ist Missieu Evans."
"In solchen Kreisen erhalte ich zumeist nur den freundlichen Ratschlag mich schnellstmöglich in ein Sanatorium zu begeben."
"Verzeihen Sie meine Taktlosigkeit, aber wie... '
Ich unterbrach diese wunderschöne Frau mit einer Schärfe, die sogar mich selbst überraschte." Meine Frau. Sie ist der Grund warum man mich auf solchen Anlässen findet"
Meine Mundwinkel verzogen sich zu einem Lächeln, das aber nur meine Bitterkeit unterstrich. Für den Moment fühlte ich mich als ruhten nicht nur Jasmine Gignacs Sorgenvolle Augen auf mir sondern auch die der Anwesenden Gesellschaft.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Aug 20, 2022 ⏰

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