Prolog

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Ich stieß die graue Tür der Mädchentoilette auf und erblickte die gegenüberliegende geflieste Wand, an der ein Händetrockner hing.

Nachdem ich mich versichert hatte, dass niemand außer mir dort war, konnte ich meine Tränen nicht mehr zurückhalten. Ich lehnte mich an die Wand und spürte, wie sie mir die Wangen herunter liefen.

Erst Eine.

Dann Zwei.

Bis sie wie kleine Sturzbäche meine Wangen hinunterflossen.
Ich nehme den salzigen Geschmack wahr, den sie hinterließen, wenn sie sich ihren Weg über meine Lippen bahnten.

Ich rutschte die Wand herunter, zog meine Knie an die Brust und ertränkte mich in Tränen und Selbstmitleid. Warum tun sie so etwas?

Und warum konnte ich nicht stark genug sein, um sie aufzuhalten?

Warum war ich nur so jämmerlich. Wäre alles nur so geblieben wie früher. Ich wäre die Königin gewesen. Keiner hätte sich so etwas getraut.
Ich war so dumm.
So naiv, zu glauben, dass sie mich akzeptieren würden. Mich bewundern, achten.

Ich war so jämmerlich. Saß hier auf dem Boden der Mädchentoilette und heulte wie ein kleines Kind, dessen Spielzeug geklaut worden war, nur weil meine Klassenkameraden mich geärgert hatten.

Mit einem Ruck raffte ich mich auf und trat an das Rechte der drei Waschbecken und erschrak, als ich mich im Spiegel erblickte.

Ich war mit Glitzer übersät.

Er hatte sich in meinen Haaren verfangen, klebte in meinem
verheulten Gesicht und befleckte meine Lieblingsbluse.

„Fühlst du dich jetzt immer noch so toll? So viel besser?", hatten sie gefragt. Doch ich war nicht in der Lage mit einem 'Nein.' zu antworten. Ich war viel zu sehr damit beschäftigt gewesen, meine Tränen zurück zu halten und den Entschluss zu fassen, weg zu rennen. Das war feige, doch in dem Moment war es mir als die einzige angemessene Reaktion erscheinen...

Einen Moment lang schwelgte ich erneut in meiner riesigen Wolke aus Selbstmitleid. Bis ich mich entschließe, dass der Boden der Tatsachen im Moment ein besserer Ort für mich wäre. Langsam fingen auch die Tränen an, zu versiegen.

Ich sah erneut in den Spiegel und machte mich daran, diesen jämmerlichen Anblick zu verändern.

Als erstes öffnete ich meine Tasche, die zum Glück nichts von dem Glitzer abbekommend hatte, das sie in einem anderen Raum lag und kramte zwischen Lipgloss, Heften, offenen Schokoladenpacken und Stiften einen Kamm hervor.
Mit diesem trat ich an den Spiegel und versuchte den Glitzer aus meiner braunen, lockigen Mähne zu kämmen.
Ein paar raue Papiertücher aus den Spender später, hatte ich auch die, durch mein Selbstmitleid zerstörte, Maskara abbekomme. Der kleine Stapel Papier landete im Mülleimer und ich sah erneut in den Spiegel. Mein Gesicht war gerötet durch das Weinen und die provisorischen Abschminktücher und dennoch sah ich besser aus als vorher.

Plötzlich war ich froh, dass ich heute morgen, kurz bevor ich aus dem Haus gestürmt war noch mein Make-Up in die Tasche geworfen hatte. Aber erst einmal war es Zeit wieder glücklich zu werden, dachte ich und nahm eine der Schokoladen aus der Tasche. Dies hier war ein Notfall, deswegen war es Zeit für meine Lieblingsschokolade.

Ich öffnete die Packung und nahm einen Bissen, der mit Nüssen verfeinerten, weißen Schokolade. Sofort spürte ich einen süßlichen Geschmack auf der Zunge und vielleicht war es nur Einbildung, aber ich verspürte sofort ein kleines Glücksgefühl. Nach ein paar weiteren Bissen hatte ich wieder Kraft getankt und machte mich wieder an die Arbeit. Aus meinem Ranzen nahm ich einen Abdeckstift und verdeckte die leicht roten Spuren auf meiner Haut, die darauf hindeuten könnten, dass ich geweint hatte.

Nach weiterem rumhantieren mit meinem Make-Up-Vorrat, war ich zufrieden. Während ich den Pulli abstaubte, dachte ich daran, wie sie im Kunstunterricht die 1-kg-Packung Glitzer genommen, noch ein letztes Mal hämisch gegrinst und sie mir dann über den Kopf gekippt hatten. Zuerst hatte ich sie geschockt angestarrt, dann war ich unter den hämischen Rufen meiner Klassenkameraden und dem empörten Kreischen meiner Kunstlehrerin aus dem Raum gerannt und hatte eine wehende Glitzerfahne hinter mir hergezogen.

Ein letzter Blick in den Spiegel und schon drehte ich den Wasserhahn ein wenig auf.

Ich sah zu, wie der, mit Maskara, hautfarbenem Make-Up und Wasser vermischte Glitzer im Abfluss verschwand. Mein letztes bisschen Glamour.

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Hallooo meine fleißigen Leser.

Neues Buch undsooo. Die Idee ist alt. Ich habe eine Weile gebraucht, um sie aufzuhübschen. Ich hab jetzt außerdem eine neue Bio und den Entschluss, wieder aktiver zu werden!

Bis zum nächsten Mal!

kow

Mein letztes bisschen GlamourWo Geschichten leben. Entdecke jetzt