„Ja, hallo?"
Die Gegensprechanlage des nobel renovierten Altbaus rauschte und knackte vernehmlich. Unwillkürlich neigte Kay sich näher heran und sagte sehr laut und deutlich: „Hallo Herr Engel, Holzmann hier! Wir hatten telefoniert!"
„Ah ja. Kommen Sie bitte hoch in den 3. Stock, es ist die Tür rechts."
Der elektrische Türöffner summte, und hastig stemmte Kay sich gegen die Tür, mal wieder mit zu viel Kraft. Sie donnerte gegen die weiß verputzte Wand im Flur, und das Knallen ließ Kay zusammenfahren.
„Scheiße!"
Peinlich berührt trat er in den hohen Hausflur mit den bemalten Decken und betrachtete die Bescherung: Er hatte tatsächlich ein Loch in die Wand geschlagen. Das ging ja gut los. Kay zögerte einen Moment, aber dann wandte er sich der Treppe zu. Nicht, dass noch jemand auf die Idee kam, nachzusehen, was da so einen Krach gemacht hatte. Er nahm immer zwei Stufen auf einmal, bei seinen langen Beinen machte ihm das nicht viel aus.
Die gewachste Doppelflügeltür aus Eichenholz auf der rechten Seite öffnete sich gerade, als Kay den letzten Treppenabsatz erreichte. Eine geschäftig wirkende Person in einem schlichten anthrazitfarbenen Kostüm trat heraus, die Aktentasche in der Hand.
„Ich würde mich jedenfalls sehr freuen, von Ihnen zu hören", sagte sie gerade und richtete die farblich zum Kostüm passende Maske, „Oder soll ich Sie vielleicht Ende der Woche noch einmal anrufen?"
„Ich denke, das wird nicht nötig sein", entgegnete ihr Gegenüber, das sie zur Tür begleitet hatte; offensichtlich Herr Engel. Seine Stimme war durch seine FFP-2-Maske ein wenig gedämpft.
„Denken Sie denn-", setzte sie erneut an, unterbrach sich aber, als sie Kay erspähte, der gerade die letzten Stufen erklomm und aus dem unteren Geschoss auftauchte wie Moby Dick aus dem Meer. Kay machte sich nichts aus ihrem verdutzten Blick, er war daran gewöhnt. Mit 1,95 m überragte er die meisten Leute; gepaart mit seinen breiten Schultern und 120 kg Kampfgewicht war er praktisch unübersehbar.
Herr Engel war weniger überrascht. „Herr Holzmann, nehme ich an? Sie waren ja schnell hier oben! Kommen Sie doch herein."
„Gern", antwortete Kay und trat an ihm vorbei in die Wohnung.
„Danke, dass Sie es so kurzfristig einrichten konnten." Engel schloss die Tür hinter ihm, ohne sich von seinem vorherigen Besuch zu verabschieden. Die Visitenkarte, die er bis eben noch in einer Hand gehalten hatte, riss er in der Mitte durch und beförderte sie in einen nahen Papierkorb.
„Kein Problem." Kay blieb zögernd auf der großen Fußmatte im Eingangsbereich stehen und fühlte sich mit einem Mal ziemlich fehl am Platz. In einer Prachtbude wie dieser hier hatte er noch nie ein Bewerbungsgespräch geführt. Das Fischgrätparkett war alt, aber tadellos aufgearbeitet, und die minimalistische Garderobe aus Echtholz sah teuer aus. Abstrakte Gemälde in kräftigen Farben schmückten die Flurwände. Anscheinend lohnte es sich, ein Virologe zu sein.
„Das Bad ist sich gleich hier", erklärte Engel und wies auf eine Tür rechts neben Kay. „Wenn Sie sich die Hände gewaschen haben, können Sie dann in mein Büro kommen, das ist auf derselben Flurseite, eine Tür weiter."
„Schuhe ausziehen oder anlassen?", fragte Kay automatisch.
Engel stutzte, dann lächelte er unter seiner Maske, was Kay zum Glück an den Lachfalten um seine Augen erkennen konnte.
„Ich fürchte, ich habe keine, wie sagt man, ‚Gästepantoffeln' in Ihrer Größe", erklärte er mit einem Wink zu Kays riesigen Füßen. „Davon abgesehen, dass sie auch nicht besonders hygienisch sind. Entscheiden Sie einfach selbst, was Ihnen bequemer ist."
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Leseprobe - Plastikefeu hält sich gut (ManxMan/Gay/Trans)
Lãng mạnMasken, Schnelltests, Abstand Kevin „Kay" Holzmanns Job als Personenschützer ist durch die Corona-Pandemie nicht gerade einfacher geworden. Dass ausgerechnet der lokal bekannte Virologe Marian Engel ihn anheuern will, erscheint Kay zunächst wie ein...