-Erzähler Sicht-
Sie konnte die Knutscherei zwischen Ron und Lavender nicht länger ertragen. Es schmerzte viel zu sehr, weshalb sie geflohen war aus dem Gemeinschaftsraum der Gryffindors. Immer wieder erzitterte der Körper der jungen Gryffindor, die zusammen gekauert in der letzten Kabine des Mädchenklos saß, in der Hoffnung hier ihre Ruhe zu finden, schließlich kam hier selten jemand rein. Der Grund dafür die Maulende Myrthe. Allmählich beruhigte sich Hermione wieder, die Tränen versiegten und gerade als sie die Kabine verlassen wollte, betrat jemand das Mädchenklo. Prompt hielt sie den Atem an und lauschte den Schritten. Ein leises Schluchzen hallte an den Wänden nieder.
„Ich wusste, dass du wieder kommst.", hörte man die Maulende Myrte schon beinahe freudig sagen, ehe sie sich neben den Jungen niederließ.
„Ich habe sonst niemand, also bleibt mir wohl nichts anderes über, als mit einem Geist zu reden.", schluchzte er leise und vergrub sein Gesicht in den Händen.
„Wärst du ein wenig netter zu deinen Mitmenschen würdest du vielleicht auch Freunde haben.", erwiderte das Gespenst.
„Das ist einfacher als gesagt. Ich stoße nicht grundlos alle von mir und seit dem mein Vater in Askaban sitzt will sowieso keiner mehr etwas mit mir zu tun haben. Weißt du wie das ist?! Ich bin völlig alleine. Alle denken von mir mein Leben wäre ach so toll und in Wirklichkeit habe ich jede Nacht Angst, dass ich eines Tages nachhause komme und das Einzige was ich dort vorfinde die Leichen meiner Eltern sind. Wenn ich versage, bringt er sie um und mich auch.", klagte Draco ihr sein Leid, auch wenn Myrte das alles schon so oft gehört hatte, sie hörte zu. Hermione stockte der Atem bei den Worten des Malfoy Erbens. Ja auch sie hatte bis vor kurzen so über ihn gedacht, doch dann hatte sie ihm am Bahnhof gesehen in Hogsmead und die fing zu zweifeln. Er machte einen kränklichen Eindruck, die Schatten unter seinen Augen konnte man selbst aus großer Entfernung erkennen. Nervös kaute sie auf ihren Lippen herum, bevor sie den Entschluss fasste aus ihrem Versteck hervor zu kommen.
„Granger was tust du hier!", zischte er wütend und wischte sich hastig die Tränen von der Wange.
„Mich verstecken. Zwar nicht aus demselben Grund wie du, aber hier kommt normalerweise keiner rein. Ich wollte dich nicht belauschen.", antwortete sie leise und sah beschämt zu Boden.
„Wehe..."
„Keiner wird davon erfahren.", unterbrach Hermione den Slytherin sofort und musterte diesen besorgt. Unsicher ging sie auf ihn zu und setzte sich neben ihn.
„Weißt du Myrte hat schon recht, du bist ein ziemlicher Kotzbrocken.", meinte sie leicht lächelnd.
„Alles hat seine Gründe.", murrte Draco leise, den Blick starr gerade ausgerichtet. Er wunderte sich ein klein wenig, warum sie sich ohne zu zögern neben ihn setzte.
„Manchmal hilft es an eine schöne Erinnerung zu denken, um mal für kurze Zeit wieder Atmen zu können.", redete Hermione vor sich hin. Warum sie das tat war der jungen Gryffindor selbst völlig schleierhaft.
„Und was sollten das für Erinnerungen sein?", fragte Draco und sah nun interessiert zu ihr.
„Ich kann nur für mich sprechen. Also wenn ich aufgelöst bin, versuche ich daran zu denken, was ich mit meinen Eltern erlebt habe.", antwortete sie leise und sah zu Draco, der ihr aufmerksam zuhörte. Es war ein ungewohntes Gefühl für den Malfoy Erben, dass sich jemand seiner Annahme, der nicht zu seiner Familie gehörte oder ein Gespenst war und trotzdem war da etwas vertrautes.
„Deine Eltern sind womöglich das völlige Gegenteil meiner Eltern.", meinte der Blondhaarige mit hochgezogenen Augenbrauen.
„Stimmt sie sind stinknormale Muggel und deine Eltern Reinblütige Adelige.", schmunzelte Hermione und schüttelte den Kopf.
„Gibt es nicht irgendwas, was dir als Kind zum Beispiel, Spaß gemacht hat?" setzte sie nach und sah ihn fragend an.
„Ja, doch da gibt es etwas, aber...er würde es nie zu lassen. Einmal abgesehen davon, dass er selbst genug um die Ohren hat.", murmelte Draco nachdenklich vor sich hin und sah auf seine Hände die leichte Blessuren aufwiesen.
„Von was sprechen wir?"
„Severus und das Tränke brauen. Vater hat ihn wohl dazu verdonnert mein Pate zu sein. Das ist so ziemlich das einzige, woran ich mich erinnern kann, wo ich auch Spaß hatte. Wobei die Pfauen zu jagen auch ganz witzig war.", erzählte er mit einem kaum merklichen Lächeln.
„Hmmh und wenn wir Snape einfach fragen? Er muss uns ja nicht beaufsichtigen.", schlug Hermione vor und zog die Stirn in Falten.
„Ich weiß nicht Granger."
„Versuchen können wir es.", murmelte sie leise. In ihrer Stimme schwang Hoffnung mit. So könnte sie Ron und Lavender entkommen und vielleicht noch etwas lernen. Auch wenn sie und Draco eigentlich Feinde waren, das Gespräch mit ihm lenkte die junge Gryffindor von ihren eigenen Sorgen ab.
„Auf deine Verantwortung, wenn der gute alte Snape durchdreht.", meinte Draco leicht lächelnd.
„Abgemacht. Wollen wir gleich los?", fragte Hermione leicht verunsichert, woraufhin Draco nur nickte und voraus ging. Sie hielten einen gewissen Anstand zueinander. Es wäre doch komisch gewesen, wenn gerade sie beide fröhlich quatschend nebeneinander hergelaufen wären. Hermione lehnte sich gegenüber von Snapes Bürotür und wartete gespannt darauf, ob Draco etwas bei seinem Paten erreichen würde. Keine fünf Minuten später wurde die Bürotür erneut aufgerissen.
„Komm rein!", schnarrte Severus in typischer Snapemanier. Kaum war die kleine Gryffindor durch die Tür gehuscht, flog diese auch schon mit einem lauten Knall zu.
„Jetzt übertreib mal nicht Onkel.", murrte Draco und schüttelte den Kopf über das Verhalten des Tränkemeisters.
„Draco! Hast du auch nur den Hauch einer Ahnung, in welche scheiße du mich da mit reinziehst!", zischte er wütend und setzte sich auf den Schreibtisch.
„Es war meine Idee, Sir.", murmelte Hermione verlegen und sah eingeschüchtert zu dem Schwarzhaarigen.
„Das dieser Trottel, auf solche Ideen kommt wäre mir neu, Granger. Wie stellt ihr euch das ganze vor?", fragte er gereizt.
„Du hast doch ein Privatlabor..."
„Privat, Draco! Mein Eigentum! Richtig!"
„Vater kann dir die Sachen doch ersetzten, die wir brauchen. Bitte Onkel, komm schon, du wirst uns nicht bemerken.", bettelte Draco. Es war eine Möglichkeit für ihn dem ganzen Wahnsinn, der sich im Moment in seinem Leben abspielte, zu entkommen. Er wollte diese Chance ergreifen, um wenigstens für ein paar Stunden, ein normaler sechzehnjähriger zu sein.
„Draco, dein Vater sitzt in Askaban.", warf Hermione leise ein und sah unsicher zu dem Blondhaarigen.
„Dann halt Mutter mir egal.", schnaubte er verächtlich und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Mittwochs, bis zehn Uhr abends. Ihr hinterlasst das Labor so wie ihr es vorgefunden habt. Was die Zutaten betrifft, nun ihr könnt die Tränke für den Krankenflügel und das Mungos brauen. Weniger Arbeit für mich. Draco vergiss deine Aufgabe nicht, du weißt genau, dass deine Tante dich im Blick hat.", mahnte Severus seinen Patensohn und sah ihn durchdringlich an.
„Wie könnte ich das vergessen.", flüsterte er leise und senkte den Blick.
„Danke, Sir.", kam es leise von Hermione. Der Lehrer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste nickte nur knapp und entließ danach seine Schüler wieder. Zwei Tage später machten sich die beiden nacheinander auf den Weg in die Kerker. Severus war zwar nicht erfreut über diese Tatsache, allerdings ließ Draco kaum noch jemanden an sich ran, was es ihm erschwerte dem Jungen bei seiner Aufgabe zu helfen. Er legte ihnen ein Blatt Pergament mit den Bestellungen vor die Nase und ließ die beiden wieder alleine. Sie arbeiteten stillschweigend nebeneinanderher, Mittwoch für Mittwoch, in sich gekehrt und jeder in seinen eigenen Gedanken gefangen. Die Wochen vergingen und Weihnachten rückte näher. Draco wurde von mal zu mal nervöser. Er konnte sich schon lange nicht mehr auf die Tränke konzentrieren. Immer wieder warf er einen Blick auf die Gryffindor ihm gegenüber. Er wusste selbst nicht, wie das passieren konnte, aber je mehr Zeit sie miteinander verbrachten, um so mehr taten ihm die Worte leid, die er ihre Jahre lang an den Kopf geknallt hatte. Hermione hob ihren Blick und sah direkt in die Sturmgrauen Augen des Malfoy Erbens.
„Was ist los? Du starrst mich in letzter Zeit des Öfteren an.", meinte sie und zog skeptisch die Augenbrauen zusammen.
„Hermione ich...ich wollte mich entschuldigen...für...alles eigentlich...was ich gesagt habe.", brachte er stockend heraus und sah verlegen zu ihr. Entschuldigen war mal so gar nicht seine Art, schließlich machte ein Malfoy keine Fehler, außer man war das Familienoberhaupt und verrottete in einer Zelle in Askaban.
„Draco ich kann es dir nicht wirklich verübeln, du wurdest so erzogen und so wie es sich für mich angehört hat, hattest du nie wirklich eine Wahl. Trotzdem ist es schön, dass du den Mut gefunden hast dich zu entschuldigen.", antwortete Hermione nach einer Zeit mit einem warmen Lächeln. Ungläubig starrte der Slytherin die kleine Gryffindor an. Ihre Worte erwärmten sein sonst so kaltes Herz und in seinen emotionslosen Sturmgrauen Augen spiegelte sich pure Dankbarkeit wieder. Severus hatte das ganze stumm von Türstock aus beobachtet und war Hermione dankbar dafür, dass sie Darco verzieh, einen weiteren Niederschlag hätte sein Patensohn wohl nicht verkraftet. Leicht lächelnd in Dracos Richtung, dem die Anwesenheit seines Patens nicht entgangen war, drehte er sich wieder um und ließ die beiden alleine.