Kapitel 4

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Er schien dieses Mal zu reagieren und sein gesamter Körper drehte sich in meine Richtung während er das Handy ausgeschaltet in seine Jackentasche stopfte auf dieses er so fokussiert war. Wenige Sekunden später starrten mich zwei glänzende braune Augen an, die mich sofort wieder in ihren Bann zogen.

"Hm?", summte er und sah mich kühl an, während seine Augen langsam über mein Gesicht schweiften um neues zu erkunden. Ich konnte nicht anders als bei diesem Anblick eine Wärme in mir zu spüren. Ich brachte ihn dazu eine Interaktion mit mir aufzubauen, auch wenn diese nur für wenige Sekunden halten würde.

Ich sah ihn tief an und schenkte dem Jungen ein sehr freundliches und zuvorkommendes Lächeln, sodass meine Zahnspannge ihn anglänzte und seiner Kühlheit etwas Glanz verlieh. "Hallo. Mein Name ist Min. Wir gehen zusammen auf eine Schule", stellte ich mich das erste mal vor diesem Jungen vor und verbeugte mich leicht. Natürlich war ich mir bewusst gewesen, dass er mich von sehen her kannte. Doch dies war keinesfalls vergleichbar mit einem Auge zu Auge kennen. Ich wollte ihn als Mensch kennenlernen und nicht als eine Person die ich aus der Ferne anstarrte.

Der Junge nickte und schien leicht überfordert mit der Situation, was seine gebäugten Augenbrauen verrieten. Dazu waren seine Wangen leicht rötlich gefärbt. Doch dies schien von der Kälte zu kommen. Um ehrlich zu sein, sah er sehr niedlich und handsam aus, wenn er genau diese geröteten Wangen trug. Er sah sehr bezaubernd aus. Auch wenn er in diesem Moment verwirrt und nicht zu antworten schien, wollte ich an diesem Tage nicht locker lassen ohne ihn mindestens einmal eine Freude bereitet zu haben.

So ging ich zum nächsten Schritt mit meiner sehr extrovertierten und offenen Natur. "Möchtest du mir auch deinen Namen verraten?", fragte ich ihn vorsichtig, aber dennoch zuvorkommend und stehts lächelnd damit er sich wohl fühlte. Ich würde mich freuen, wenn er mir antworten würde. Aber andernfalls wäre ich auch glücklich, da er damit zeigen würde, dass er sagen würde wenn es ihm genug war. Und dies war die Kunst der Menschen, diese wenige nutzten.

Während ich ihm diese Frage stellte griff ich mit meinen Fingern, die schon eingefroren waren, fest um die Tüte in meiner Hand. Der Junge sah mich nur noch verwunderter an als jemals zuvor. Sein Blick durchborhte meinen kompletten Körper sodass meine Blutgefäße allmählich einfroren. Sein Geisterblick war so einschüchternd und kühl, aber dennoch fühlte ich mich in der Nähe des Jungens sehr sicher und hatte keinerlei Gefühle einer Bedrohung.

Der Schnee prallte auf seine bedeckten Schultern und hinterließ leichte Spuren auf dieser. Der Junge war komplett verschneit und gefroren. Genau wie seine äußere Erscheinung.

"Lee Minho", ein leichtes Hauchen entwich seinen Lippen und ich sah glücklich zurück in seine Augen die meinem Blick auswichen. Es schien ihm zwar unbewusst rausbekommen zu sein und mit sehr viel Überwindung, aber trotzdem war dies eine Seite von ihm, die mir sehr positiv auffiel in dem Moment. Die Mühe war alles was zählte und das wussten viele Leute nicht. Auch die kleinen Dinge konnten groß sein.

Sein Name zerging in meinen Ohren und drang in mein Gehirn wie Musik. Es war als bekäme ich einen Ohrwurm von diesem Klang. Minho. Dieser Klang war einfach wunderschön und kostbar. Er passte zu seiner Art und schmeichelte dem Jungen sehr.

"Es ist schön dich kennenzulernen, Minho", kicherte ich leicht wegen seiner kalten Art und verbeugte mich. Er tat dem mir gleich und legte kurz danach seine sehr roten Hände in seine Jackentaschen. Seine Augen verließen meine und blickten stattdessen in die entgegengesetzte Richtung. Da wir uns gegenüber standen, war es genau dieser Weg den ich vorhatte zu gehen. Dies schien dem Anschein nach auch seine Route zu sein.

Er beäugte den verschneiten Weg sorgfältig und musterte die Uhr die etwas weiter oben an einem Mast hing. Genau 16:41.

Seine Augen gingen allmählich in meine Richtung zurück und er sah mich erwartend an. Doch ich konnte ihm dies nicht verübeln. Es war ungewöhnlich für eine Fremde Person einen Menschen anzusprechen und diesen einzig und allein nach seinem Namen zu fragen. Ebenso betrachtete ich dies als eine unhöfliche Weise, Menschen die dunkle Hoffnung zu machen bemerkt zu werden, diese sofort in den Schneeflocken verflog.

Minho runzelte seine Stirn und blickte mich tiefsinnig an. "Wolltest du noch etwas wissen?", fragte er mich höflich und direkt, aber dennoch neutral und zurückhaltend. Seine weiche, aber sehr hohe Stimme war sehr angenehm zu belauschen. Ich hörte bis jetzt nicht viel von ihm, aber was ich sagen konnte war, dass ich sehr überrascht über seine Stimme war.

Ich stellte diese mir tief und hart vor, so wie seine besondere Erscheinung. Doch stattdessen war diese Stimme sehr sanft und hoch, angenehm zum zuhören. Eine Stimme die wie ein Instrument in einem Kopf blieb. Minho beeindruckte mich erneut aufs neue, sodass ich ihn als noch wertvoller einschätzte. Er konnte niemals ein Mensch sein, der gemein zu anderen, gar psychisch krank war. Er schien mir nur sehr eingekehrt und verschwiegen.

In meiner kleinen Gedankenblase nickte ich dem Jungen Namens Minho mit einem fröhlichen Ausdruck den ich immer trug zu und umgriff den Keks in meiner Manteltasche.

"Ich wollte wissen, ob du diesen Keks annehmen würdest.", sprach ich laut aus und zog den Haferkeks endgültig aus meiner Manteltasche, den ich ihn wenige Sekunden später hinhielt.

Minho sah mich erneut überrascht an und schüttelte seinen Kopf. "Weshalb sollte ich einen Keks haben wollen?", fragte er und sah mich tief und dunkel an. Seine Narbe an der linken Wang sprang mir sofort wieder ins Augen.

Doch ich blieb stur. "Da ich dich noch nie richtig Lächeln gesehen habe und ich der Meinung bin, dass jeder ein Lächeln an Weihnachten als Geschenk verdient hat. Außerdem magst du bestimmt Kekse, Lee Minho", erklärte ich ihm nett und grinsend, während ich ihm zum Schluss hin zuzwinkerte, was ihn wiederum zusammenzucken ließ.

Er sah mich tief an und blickte auf den Keks, den ich ihn immernoch entgegen streckte. Diesen griff er nach kurzen zögern und steckte ihn in seine Jackentasche. "D - Danke. Aber bitte hör auf so komisch mit mir zu reden...", hauchte es wieder aus dem Munde des Jungens und er verbeugte sich leicht als Dankeschön.

Ich fande dies einfach nur ein Anblick der puren Wärme. Natürlich war er stets kühl und einschüchternd, aber dennoch kam die gute Seite in ihm heraus die niemand sah. Es war immer versteckt vor allem, da niemand die positiven Dinge tief in ihm verborgen suchte. Und das konnte ich auch schon nach wenigen Minuten sagen.

"Gerne. Ich werde dich jetzt in Frieden lassen. Es war schön sich einmal zu unterhalten Minho. Lass dir den Keks schmecken. Vielleicht sehen wir uns übermorgen in der Schule", sprach ich lächelnd und schwenkte leicht meinen Kopf zur Seite. Ich wollte Minho für heute in Ruhe lassen, da er immernoch ein Mensch war.

Obwohl ich ihn so bewunderte, wollte ich ihn keinesfalls sofort Teil einer riesen Freundschaft machen. Ich fande dieses erste Gespräch war für den Anfang genug und es führte uns beide viel weiter zusammen, als es die ganzen Jahre davor passiert war. Denn vor meinen Interesse vor acht Tagen hatte ich nicht mal daran gedacht mit diesem Jungen eines Tages zu sprechen. Doch irgendetwas schien mich immer mehr an ihm zu faszinieren und zu fesseln, dass ich einfach nicht loslassen konnte und Minho in mein Leben zu bringen.

In dem Moment nickte er mir zu und striff den Schnee von seinen Schultern. "Danke... Auf Wiedersehen, Mina", verabschiedete er sich eher in einem Flüstern und winkte sehr leicht. Doch der Name den er mir verlieh, zog meine Aufmerksamkeit ein kleines bisschen mehr an. Ich konnte nur kichern, bei seinem Versuch. Ich fühlte mich sehr geschmeichelt, dass er versuchte meinen Namen zu verwenden. Allein diese kleine Geste zeigte, dass er ein menschliches Einfühlungsvermögen hatte und nicht nur der komische und kühle Junge war.

"Es ist Min und auf Wiedersehen Minho", kicherte ich weiter und nickte ihm ebenfalls zum Abschied zu, bevor ich ihn endlich erlöste und an dem Jungen vorbei lief durch den Schnee.

Da mein Bus erst in fünf Minuten kam und ich nur um die drei Minuten mit Minho redete, reichte mir die Zeit super um rechtzeitig in den Bus zu gelangen. Ich würde meine beste Freundin sicherlich nicht weiter an der Tür stehen lassen, während sie weiter frierte.

Auch im Bus trug ich mein vorheriges Lächeln noch. Ich war sehr froh diesen Schritt gemacht und mit dem Jungen gesprochen zu haben. Ich wusste nicht woher dies alles kam, aber innerhalb der letzten acht Tage hatte sich vieles geändert. Wo ich ihn vorher nie in der Schule bemerkt hatte, brachte diese eine Begegnung vor acht Tagen neue Dinge, da ich ihn das erste mal genau sah. Ganz alleine ohne Schüler herum und in seiner vollen einzigartigen Natur ...

Selbstverfallen - Stray Kids MinhoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt