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Viele Leute meinen es gäbe keinen Gott. Aber ich glaube, nein ich bin mir sicher das es einen gibt. Ich denke das er über jedes unserer Leben entscheidet und es kontrolliert. Er stellt unser Leben auf den Kopf um zu gucken wie stark wir sind. Er schenkt dir Personen die dein Leben zu einem besseren machen. Er nimmt sie dir und lässt dich dann mit diesem Schmerz zurück.

Er entscheidet über dein Leben.
Wie es beginnt und wie es endet.

Alles was in unseren Leben geschieht hat einen Grund, genau wie der heutige Tag. Die Hochzeit meiner Mutter.

Mit schweren und müden Augen richte ich mein Blick nach vorne zum Alta und hacke mich unter den Arm meines Cousins.
Langsam gehe ich in meinem langen grünen Kleid den schmalen Gang zwischen den Stuhlreihen entlang um mich auf den zweiten Stuhl in der ersten Reihe fallen zulassen.

Meine Gedanken schweifen die ganze Zeit zum morgigen Tag. Ein neues Land. Eine neue Straße. Ein neues Haus. Eine neue Schule. Neue Leute. Und das alles nur wegen dem idioten der sich in wenigen Minuten der Mann meiner Mutter nennen darf. Aber um ehrlich zu sein ist sie nicht besser. Wer zulässt das, das eigene Kind zu einem Mann geht den sie seit über zehn Jahren nicht gesehen hat, ist nicht mehr zu helfen.

Die Band fängt an zu spielen und alle Leuten die auf Stühlen in unserem wunderschönen Garten sitzen verstummen.
Alle Aufmerksamkeit liegt auf meiner Mutter die in einem wunderschönen weißen Hochzeitskleid den Gang entlang schreitet. Sechs Stunden stand ich gestern im Garten und habe alles dekoriert wie sie es wollte. Nicht einmal ein Danke war es ihr wert, sie hat mich nur mit diesem entschuldigend Blick angeschaut. Aber meine Belohnung kam heute, es ist ihr Anblick der mein Herz aufgehen lässt. Ihr lächeln das stärker als tausende von Diamanten ist.

Ihr Leben war nicht immer einfach und als sie ihn kennengelernt hat wusste ich sofort das sie über beide Ohren verliebt war. Aber das dieser Mann mein Leben auf den Kopf stellen würde wusste ich nicht.
Und trotzdem ist alles an diesem Moment perfekt. Auch wenn ich meine Mutter nach diesem Tag nicht mehr sehen will.

Leise laufen wenige Tränen über meine backen und meine Hände beginnen zu zittern. Morgen beginnt ein neues Leben. Ein Leben ohne meine Mutter. Den Menschen den ich eigentlich am meisten liebe. Der immer für mich da war und mich jetzt zu meinem Vater schickt.
Meinte Tante bemitleidet mich mit einem Blick der mir sagt das sie sich es auch anders gewünscht hätte. Sie war schon immer ein großer Teil meines Lebens aber sie hat erst schon wenig Geld und ich wollte sie nicht noch mehr belasten. Trotzdem wissen sie nicht wie schwer das alles ist. Wenn deine eigene Mutter dich weg schickt damit sie sich ein schönes Leben mit ihrem neuen Mann machen kann. Wenn sie dich nicht mehr bei sich haben will. Wenn man von seiner eigenen Mutter verstoßen wird. Niemals hatte ich einen so schlimmen Schmerz empfunden wie an dem Tag als sie mir sagte das ich zu meinem Vater ziehen muss.

Vorne am Altar kommt sie zum stehen. Ein Schleier verdeckt ihr wunderschönes Gesicht. Es ist perfekt mit den blauen Augen, der schmalen Nase und den vollen Lippen. Sie ist nur dezent geschminkt denn sie braucht nicht viel make-up.
Im laufe der Jahre sagte mir meine Mutter immer wieder: „wer sich schminkt ist nicht zufrieden mit sich" Einzig und allein damit ich mich schlecht fühlte. Aber es stimmt, ja ich war alles andere als zufrieden mit mir. Nicht mit meinem Gesicht geschweige denn mit meinem Körper. Und ich weiß ganz genau wieso. Doch das war ein Tabu Thema. Niemand wusste davon. Nur eine Ausnahme gab es und die war Micheal. Er hat mich durch diese Schwere Zeit gebracht. Ohne ihn wüsste ich definitiv nicht wo ich heute wäre. Nach seinem Tod habe ich niemanden davon erzählt. Wieso auch, mir würde niemand glauben.

„Wir haben uns heute hier versammelt.." und mit diesen Worten begann meine persönliche Hölle. Ganze zwei stunden hörte ich dem endlosen Gelaber vom Pfarrer zu. Wie er über die Begegnung und Verabredung meiner Mutter und ihrem noch Verlobten erzählt. Und seit genau zwei Stunden denke ich über meine Zukunft nach. Seit zwei Stunden will ich einfach nur noch weg.
Wie soll ich das bloß schaffen? Mit dem Mann der mich und meine Mutter vor bald zehn Jahren verlassen hat auf heile Welt tun?

ℐ𝓇ℊℯ𝓃𝒹𝓌𝒶𝓃𝓃-𝓌ℯ𝓇𝒹ℯ𝓃 𝓌𝒾𝓇 𝓊𝓃𝓈 𝓁𝒾ℯ𝒷ℯ𝓃Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt