Kurzgeschichte - 'Alone.'

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- Abgabe für den Wettbewerb von bierfreunde -

-Thema-
'Hin und wieder gibt es das. Da tut sich etwas auf, etwas im Universum veranlasst, dass in diesen Stunden, sei es Tags oder Nachts, das Unmögliche möglich wird...' - Michael Ende

-------------------Kurzgeschichte------------------

-Alone.-

Das Universum, unendliche Weiten. - Ein kleiner blauer Planet in einer Welt aus schwarz.

Mehr waren wir nicht. Ein kleines Sandkorn, nein, noch kleiner. Das waren wir, das waren ich. Ein kleiner unbedeutender Teil des Ganzen, der Gesellschaft, des Universums. Es braucht mich nicht, aber ich brauche es.

Es war der Morgen eines ganz normalen Tages auf der Erde. Hier war ich, stand vor dem Spiegel meines Wandschranks und betrachtete mich, ohne mich wirklich anzuschauen. Da gab es nichts zu sehen, außer die kleine Haarsträhne, die immer abstand, und die Schmierer auf meiner Brille, die ich gar nicht mehr wegzuwischen versuchte. Das war ich. Wer ich bin? Das mag nicht einmal das Universum zu vermuten.

Mein Weg führte mich an diesem Morgen durch die engen Gassen meiner Heimatstadt, ein kleines Dorf, das mehr Kühe als Menschen beheimatete und dessen Durchschnittsalter sicherlich die 60 Jahre überschritt.

Durch mein Dorf führte eine kleine Straße, die einzige, die sich die Berge rings herum empor ringelte. Obwohl es so früh am Morgen war, war sie schon stark befahren. Drahtesel klapperten über den vereisten Kopfsteinpflaster, Autos hupten und Motorräder ließen ihre Motoren aufheulen.

Meine Schritte knirschten leise in dem Schnee, der den schmalen Bordstein bedeckte und mich an dem Zentrum des Geschehens elegant vorbei leitete. Es hatte in der Nacht geschneit, trotzdessen waren meine Schritte nur ein weiteres Paar in dem Meer von Fußstapfen. Unglaublich, dass in so einem kleinen Dorf so eine Völkerwanderung geschehen konnte.

Schon bald verließ ich die Verkehrsader, nur um wenige Minuten später in einem ratternden Bus zu sitzen, der auf genau dieser Straße stündlich seine Runden zog. Meine Stirn war gegen die kalte Scheibe gelehnt, meine Hände hatte ich in den Jackentaschen vergraben. Immer wenn ich atmete, verließen kleine Dampfwölkchen meinen Mund und setzten sich als Kondenzwasser an der beschlagenen Scheibe fest.

Neben mir im Bus nahmen die selben Leute wie immer Platz, auf den Plätzen, auf denen sie immer saßen. Der Familienvater auf dem Weg zur Arbeit, der Tag für Tag versuchte, sein Fahrrad neben dem Kinderwagen einer jungen Frau unterzubringen, die vor wenigen Monaten hierher gezogen war. Die zwei Jungen aus meiner Stufe, die sich sicher kennen mussten, sich jedoch, mit großen Kopfhörern bewaffnet, gekonnt ignorierten. Zuletzt saßen da eine Gruppe Frauen und eine alte Dame, die, wenn sie nicht auf dem Weg in die nächste Stadt war, Morgen für Morgen grimmig aus dem Fenster auf die Straße starrte.

Und dann war da ich. Ich kannte sie alle, irgendwie. Irgendwie kannten sie auch mich. Zumindest ließ das leichte Lächeln des lesbischen Paares mich das vermuten, das mich Tag für Tag im Bus grüßte. Trotzdem, das konnte doch kein Kennen sein. Aber wenn ich sie nicht kannte, wen kannte ich dann?

Meine Eltern, die aufstanden, nachdem ich zur Schule gegangen bin und nach Hause kamen, sobald ich schlief? Meine Klassenkameraden, mit denen ich die Pause verbrachte, aber noch nie außerhalb der Schule gesehen habe?

Sie alle kannten mich, irgendwie - irgendwie kannten sie mich nicht.

Die Schule ging schnell vorbei, wie immer. Ich war zwar nie alleine, aber einsam, einsam war ich. Doch das war okay, wir alle waren einmal einsam.

Was ich nicht wusste - es solle eine Zeit geben, einen Moment, in dem ich nicht einsam bin. Eine Person zu meiner Rechten, blaue Jeans, schwarze Jacke, verbleichte Schuhe. Simpel, einfach, gewöhnlich - ungewöhnlich.

Sie setzte sich zu mir, als wäre das ganz normal. Sie fragte mich nicht, das hatte sie nicht nötig. Sie blickte mich an und lächelte. Ich schaute zurück, kein Lächeln. So wurde das Lächeln der Person nur noch größer, die ihre Hand aufmunternd auf meiner Schulter plazierte.

"Du bist nicht allein."

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