Der alte Mann saß zusammengekauert in hinter seinem Schreibtisch. Gerade war Officer Sal Durham da gewesen und hatte ihm die Nachricht eines Leichenfundes im nahegelegenen Puny Alder Woods, ein Wald, der Klacholk umschließt.
Egal, wie sehr Bürgermeister Milford Warren auf das Überleben seiner kleinen Lily hoffte, so hatte ihm der Gesichtsausdruck des jungen Sal das Gegenteil gezeigt. Er würde sich wohl auf den schlimmsten Waldspaziergang einstellen müssen, den er je hatte, hatte Sal Durham gesagt.
Langsam erhob sich Milford Warren. Er ging zu dem Kleiderständer in der Ecke neben der Tür und nahm seinen braunen langen Mantel. Dabei fiel sein Blick auf die Wand. Da Lily noch jung war, gerade mal 7, hatte er sie oftmals, wenn die Schule ausfiel, mit in sein Büro genommen. Nun sah er das Resultat davon: an seiner Wand waren kleine Löwen, Elefanten und Giraffen. Er musste lächeln. Oft hatte die Arbeit ihn so vereinnahmt, dass er Lily lange Zeit unbeobachtet lies.
Warren streifte sich den Mantel über, nahm seinen Schal vom Ständer und legte ihn sich um. Danach ging er aus dem Büro, vorbei an seiner Sekretärin, die alte Roslyn Crawford."Warten sie, Milford!" so schnell, wie ihre Beine es ihr erlaubten, lief die Dame ihm nach. Warren stockte und drehte sich zu ihr. „Was gibt es denn, Miss Crawford? Ich muss leider ganz dringend los." „Ach, dass weiß ich doch." winkte seiner Sekretärin ab und schüttelte den Kopf. „Ich möchte sie auch garnicht so lange aufhalten, aber die junge Elma bat mich, sobald ich sie sehe, ihnen das zu geben." sie hielt einen beigen Briefumschlag in der Hand. Verwirrt nahm der Bürgermeister den Briefumschlag an. Eine junge Elma? Er überlegte wer das sein könnte, entschied sich aber, dass Denken auf später zu verschieben, der Wald wartete. Mit einem kurzen Lächeln und einem Kopfnicken bedankte er sich bei der alten Dame und verließ das Gebäude. Auf seinem Weg durch das Dorf war er so tief in Gedanken, dass er garnicht diese ganzen starrenden Blicke bemerkte. Wie ein Promi hätte er sich gefühlt, hätte er es nur bemerkt. Vielleicht hätte er dann auch diesen Blick bemerkt, der ihn, nicht wie die anderen mitleidig, sondern hasserfüllt durchlöcherte. Aber hätte er ihn bemerkte, was hätte er denn tun sollen.
Seine Gedankenquälerei wurde durch den plötzlich eintretenden Schatten über ihm gestoppt. Der Wald. Puny Alder Woods. Er war so alt wie das Durchschnittsalter von Vampiren, also locker über 100 Jahre. Trotzdem hatte der Wald seine Schönheit behalten. Die Bäume trugen Blätter, die in einem saftigen Grün strahlten und der Boden war ein Traum für alle Erdlebewesen. Letzte Nacht hatte es geregnet, durch war er noch leicht feucht und Puna, wie der Wald kurz genannt wurde, roch wunderschön.
Hätte Bürgermeister Warren nicht die Ahnung, was ihn hier erwartet, würde er es genießen, sich vielleicht etwas weiter in den Wald bewegen. Doch Sal sagte, der Tatort läge am Hauptweg. Milford Warren seufzte. Er war auf dem falschen Weg. Das heißt wohl, einmal quer durch den Wald, dachte er sich. Und so stieg er über Äste, Steine, rutschigen Moos und anderes Bodengewächs, wovon er nicht wusste, was es war. Schließlich, nach circa 15 Minuten, kam er an einem Weg an. Er war sich nicht Icherzählerin, ob dies der Richtige war, aber Zeit hatte er ja viel. Wer auch immer tot war, würde auch in näherer Zeit nicht auferstehen. Und so folgte er dem Weg.
Warren stellte anhand eines kleinen farbigen Zeichens an einem Baum fest, dass er den gesuchten Weg gefunden hat. Seine Schritte verschnellerten sich. Er wusste, egal, wann er ankommt, es wäre sowieso zu spät, doch sein kleines Mädchen, seine kleine Lily wieder zu sehen, dieser Gedanke war so intensiv, dass er sich einfach beeilen musste.
Schon nach kurzer Zeit sah er das Polizeiabsperrband, schlüpfte drunter durch und sofort stand ein breiter Polizist vor ihm. „Herr Bürgermeister Warren, auch sie dürfen nicht einfach das Absperrband passieren." seine indirekte Aufforderung, zu verschwinden, zu untergraben, baute sich der mittelalte Polizist noch breiter auf, indem er seine Arme in seine Seiten stemmte. „Mister Brady. Zum einen, wie sie schon richtig erkannt haben, bin ich der Bürgermeister. Zum anderen liegt hier vielleicht meine Tochter!" und damit schob er den stämmigen Unsympathen beiseite und lief an dem starrenden Rest vorbei. „Herr Warren!" Sal Durham sprang auf. „Herr Warren, ich muss sie warnen, der Anblick wird ihnen nicht gefa-„ „Sal, glaubst du, ich weiß nicht worum es hier geht? Hälst du mich für so blöd? Findet einfach nur den oder die Täter." er schob auch Sal beiseite und kniete sich runter zu seiner Tochter. Ein weißes Tuch war über das kleine Mädchen ausgebreitet. Er hob das Tuch an ihrem Kopf hoch. Sein Blick streifte über das blasse, fast bläuliche Gesicht. Ihre, eigentlich grünen, Augen waren geschlossen, die langen braunen Haare lagen wild um ihren Kopf herum. Ein kleine stramme prangte auf ihrer Wange. Sein Blick schweifte weiter runter. An ihrem Hals befand sich getrocknetes Blut. Die Austrittsstelle konnte selbst ein Laie wie er erkennen. Eine große Wunde an ihrem Hals.
Tränen kämpften sich heraus und rollten langsam über seine Wange. Niemals hätte er gedacht, dass sein kleines Mädchen einmal eher gehen muss als er. Und niemals hätte er gedacht, dass es auf diese grausame Art passieren würde.
„Habt- Habt ihr schon einen ungefähren Todeszeitpunkt?" er wischte sich die Tränen weg und versuchte, seine Fassung wieder zu erlangen. Scheiterte aber schon beim Tränen wegwischen, weil immer mehr kamen. Je länger er die kleine Lily betrachtete, desto mehr kamen Erinnerungen an das Mädchen hoch. Als sie 3 war, waren sie zum ersten Mal in einem Schwimmbad in der nächsten größeren Stadt. Da saß er mit der kleinen Brünette in dem Babybecken und sah zu, wie sie einem anderen jungen den Fisch wegnahm, mit dem dieser spielte. Die Mutter war natürlich entrüstet und zerrte an dem Fisch, den Lily nun in der Hand hielt. Aber die kleine gab ihn nicht her, Stattdessen fing sie an zu schreien und zerrte selbst daran. Erst da war er eingeschritten. „Wollen sie wirklich diesem kleinen Mädchen diesen 4€ Fisch wegnehmen und das damit sehr unglücklich machen?" hatte er gesagt. War vermutlich nicht das Schlauste, denn 4€ sind immernoch 4€, aber anders wusste er sich nicht zu helfen. Und den Fisch hatte ja immerhin behalten dürfen.
Er legte das Tuch wieder ab und stand auf, den Blick immernoch auf sie gerichtet. „Ich möchte, dass ihr so schnell wie möglich den Täter findet." und er setzte zum gehen an. „Wollen sie denn nun noch den Todeszeitpunkt wissen oder soll ich ihn für mich und die Akten behalten?" stellte Sal Durham die Frage. Milford Warren stockte in seiner Bewegung. „Äh, ja." er räusperte sich „Ja, den will ich noch wissen, ganz vergessen." „Also" der junge Mann nahm einen Zettel in die Hand „anscheinend muss sie seit den frühen Morgenstunden tot sein. Die Todesursache ist offensichtlich verbluten durch diese Wunde am Hals, die sie ja gesehen haben. Ich würde mich aber nochmal bei Ihnen melden, wenn die Rechtsmedizin eine Uhrzeit hat oder sonst irgendwas. Aber sie wissen ja auch wie das ist, mit der Rechtsmedizin dort in Marbleash. Niemand erreichbar und niemand fühlt sich für etwas verantwortlich." Milford Warren nickte abwesend und folgte dem Waldweg zurück hinaus. Wie sollte er das seiner Frau erklären../
Huhu, Feedback always welcomed.
Namen von Personen, Städten, etc. sind fiktiv
Ansonsten enjoy it
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Der Tod klopft nicht
Mystery / ThrillerEr tritt ein. Er fragt nicht um Erlaubnis. Er tut es. Er bittet nicht um Verzeihung. Er fühlt sich nicht schuldig. So oder so ähnlich denkt auch das Dorf an diesem, als „verflucht" angesehenen, Berg „Mons Rochde" oder umgangssprachlich Morso. Das D...