𝐏𝐑𝐎𝐋𝐎𝐆

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Elisas Todestag

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Elisas Todestag

"Entschuldigen sie mich." Ted Lemaire schob sich zwischen seinen Gästen hindurch, sein Champagnerglas zwar nur noch halbvoll, aber in dem Gedränge der Menschen gefährlich schwankend. Er schaffte es sein Glas an einem der langen Tische abzustellen und hoffte, dass niemand es ausversehen umstoßen und der Rest des Getränks die blütenweiße Tischdecke beschmutzen würde. Das wäre schade um das viele Geld für den teuren Stoff, auf den seine Frau Elisa aber bestanden hatte.

"Teddy!", dröhnte eine gewaltige Bassstimme durch den Saal und die Menschen in seiner Nähe drehten sich entweder erschrocken oder verhalten lachend zu dem Verursacher des Gebrülls um. Auch das noch. Sein Plan war missglückt, er hatte sich doch nur kurz heimlich davonstehlen wollen, aber jetzt konnte er das vergessen. Mit einem erzwungen breiten Lächeln wandte Ted sich dem Mann zu, der wie ein - in diesem Fall überglücklicher - Stier auf ihn zugestampft kam.

"Mann, du wolltest dich wohl verdrücken, was? Nicht deinem alten Kumpel die Hand schütteln?" Ein paar Schulterklopfer so schwer wie Hammerschläge gingen auf ihn nieder, gefolgt von einem tiefen Lachen. "Zehn Jahre schon? Kommt mir vor wie gestern, dass wir noch über die Pläne geredet haben und ihr das Grundstück gekauft habt. Und jetzt sieh dir das an!"

Der Mann schwenkte mit der riesigen Pranke, wohl um den prachtvollen Saal und all die Menschen in einer Handbewegung anzudeuten, aber er schlug dabei fast einer Frau ins Gesicht, die sich mit großen Augen ein wenig von ihnen entfernte.

"Ben, komm doch kurz mit, dahinten können wir in aller Ruhe sprechen." Bereitwillig ließ der Riese sich mitführen und redete unterdessen unnachgiebig weiter auf ihn ein.

"... und deine Frau? Wo ist sie gerade?" Ben wandte sich schon wieder dem Saal zu und spähte jede Person auf die blonden Haare und die schlanke Figur von Elisa ab, aber Ted lenkte seine Aufmerksamkeit schnell wieder zurück auf sich, bevor Ben noch beschließen würde Elisa suchen zu gehen und damit alle Gäste verscheuchte.

"Ich habe sie gerade auf die Toilette gehen sehen, sie kommt gleich wieder." Die Tür zu den Toiletten war nur wenige Meter entfernt, gerade kam wieder eine Person hinaus, und Ben nickte verstehend. "Muss sich wahrscheinlich frisch machen, bei all der Aufregung. Frankie sagt immer..."

Und ab hier schaltete Ted ab. Er kannte Ben gut genug, um zu wissen, dass jetzt endlose Monologe folgten und ein kurzes Nicken oder ein "tatsächlich?" an manchen Stellen von seiner Seite aus reichten.

Fast schon flehentlich sah er jede zweite Sekunde zu der Tür mit den Toiletten hinüber und hoffte dass die nächste Person, die hinaustrat, Elisa sein würde, die sich dann weiter mit Ben beschäftigen konnte. Vielleicht auch eine andere Person, mit der er dringend sprechen musste und weswegen er Ben stehen lassen konnte. Aber keine der Menschen eignete sich dazu, auch nicht die, die hineingingen.

Ted sehnte sich seinen Champagner wieder herbei, aber leider war er den an einem jetzt unerreichbaren Platz losgeworden. So blieb ihm nichts anderes übrig als Bens Wortschwall über sich ergehen zu lassen, getreu sein "ja?" und "tatsächlich?" zu murmeln und immer mal wieder zu der Tür zu schauen.

Elisa nahm sich wirklich alle Zeit, es waren mittlerweile schon zehn Minuten vergangen und Ted spürte wie Ungeduld in ihm aufstieg. Das war doch auch Elisas Feier, sie hatte sogar extra darauf bestanden sie stattfinden zu lassen. Ein zehnjähriges Jubiläum war nichts, was man einfach so vorbeiziehen ließ, hatte sie gesagt. Und jetzt musste sie sich so lange auf der Toilette die Nase pudern und ließ die Gäste einfach warten oder wie?

Ben bemerkte wohl seine Unruhe und legte ihm freundschaftlich die Hand auf die Schulter. "Ich weiß, so reagieren alle wenn ich an diese Stelle der Geschichte ankomme. Ganz tragisch war das. Aber keine Sorge, du weißt, dass am Ende alles wieder in Ordnung kommt."

Ted blinzelte verwirrt, aber nickte dann schnell. Sein alter Freund Ben sollte bloß nicht denken er hätte nicht zugehört. "Erzähl' weiter, ich bin gespannt." Und wieder drifteten seine Gedanken ab, während Ben seinen Monolog fortführte.

Als weitere zehn Minuten vergangen waren, wurde es Ted zuviel. "Ich unterbreche dich nur ungerne, aber ich werde mal nach Elisa sehen, so lange kann sie doch nicht wegbleiben." Er ließ den verdutzten Ben einfach stehen und verschwand eilings in den Toiletten.

Gerade als er noch an der Tür zur Damentoilette stand und sich fragte wie er - der offensichtlich nicht eine Frau war - sich rechtfertigen sollte, falls er drinnen von bösen Blicken erwartet wurde, ertönte ein Schrei von hinter der Tür.

"... Dann bin ich reingegangen und sie lag am Boden. Jemand hatte die Tür geöffnet und sie entdeckt und geschrien und sie lag da... ganz blass und... Ich habe sofort ihren Puls gefühlt, habe versucht sie wiederzubeleben, ich wollte einfach, dass sie wieder ihre Augen aufmacht, verstehen sie? Obwohl mein Verstand schon begriffen hatte, dass sie das nie mehr tun würde. Aber wirklich verstehen tue ich es immer noch nicht. Dass sie tot ist meine ich... Sie ist einfach tot und sie wird nie wieder... ".

Das war der Punkt, an dem Ted Lemaire brach. Vielleicht war es der Moment, an dem das Adrenalin abgeklungen war und er es begriffen hatte.

Begriffen, dass seine geliebte Frau Elisa von ihm gegangen war.

★★★

Hey! Ich wollte euch schon mal mit dem Prolog überraschen. Es kommen noch keine der angemeldeten Charaktere vor, weil auch noch zwei Steckbriefe kommen, aber anfangen kann ich trotzdem. Ich hoffe euch hat es gefallen, auch wenn es natürlich eher traurig ist. Im ersten Kapitel geht es dann weiter mit dem Privatdetektiv und die Verdächtigen :).

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