Verknallt, verliebt, vestritten

Das Wiedersehen

Dasgroße Glück in der Liebe besteht darin, Ruhe in einem anderenHerzen zu finden.
Julie deLespinasse

Viola starrtewieder einmal auf die Hochzeitseinladung und spürte wie ihr schlechtwurde, während sie wieder und wieder diesen Spruch las. Und vorallem wie war die Zeit so schnell vergangen?

Im Dezemberhatte Viola die Einladung zur Hochzeit ihres Bruders bekommen undfast ein halbes Jahr später saß sie im Zug Richtung Heimat.Irgendwie hatte sie darauf gehofft, dass sie noch ein Hochzeitsdatefinden würde, aber alle Männer, die sie kennen gelernt hatte,hatten sich mal wieder als absolute Volldeppen erwiesen. Und nunwürde sie als Single auf die Hochzeit ihres großes Bruders gehen.Das war absolut nicht der Plan gewesen. Sie hatte als total schickeund erfolgreiche Frau zurückkehren wollen, sie hatte allen zeigenwollen, was in ihr steckte, sie hatte zeigen wollen, dass sie beliebtund erfolgreich war und nun kam sie als absolute Versagerin nachHause zurück und müsste auch noch auf die Hochzeit ihres älterenBruder gehen.

Viola stopftedie Einladungskarte in ihre Tasche und schüttelte über sich selbstden Kopf. Ihre Eltern würden ihr nicht den Kopf abreißen, wenn siegestehen müsste, dass sie gescheitert war und dass sie schon baldzurückkehren würde. Ihre Eltern würden es vielleicht sogar gutfinden, dass sie wieder nach Hause kam und noch einmal eine neueAusbildung begann. Aber sie wusste nicht wie sie sich diese Blößeauf der Hochzeit geben sollte.

Alle würden dasein. Ihre gesamte Familie, die Familie von Sarah und zu guter letztwären auch noch alle Freunde von Paul da. Viola schüttelte sich,während sie daran dachte, dass sie Sebastian das erste Mal nacheiner gefühlten Ewigkeit wieder sehen würde.

Sebastian,war der beste Freund von ihrem großen Bruder und vor ein paar Jahrenwar sie total verliebt in ihn gewesen. Sie hatte ihn unbedingt habenwollen und sie könnte schwören, dass er das gewusst hatte, er hattegewusst, was sie empfand und trotzdem...Schnell verdrängte Violadiesen Gedanken. Es war anderthalb Jahre her und Sebastian würdesich vermutlich gar nicht mehr daran erinnern. Vermutlich würde ersogar zur Hochzeit mit einem Date auftauchen oder mit einer Freundin?Viola schnaubte leicht. Sebastian Meyer würde doch keine Freundinhaben. Dafür war er doch überhaupt nicht der Typ. Mit ihm konnteman Spaß haben, mit ihm konnte man garantiert auch guten Sex haben,aber mit ihm konnte man unter Garantie keine Beziehung führen. Undwarum zur Hölle, machte sie sich schon wieder Gedanken überSebastian? Vielleicht lag es daran, weil er auch mal ihr Freundgewesen war, er hatte zumindest auf sie aufgepasst und war cool mitihr gewesen. Aber seit dem war eine menge Zeit vergangen und sowohlSebastian als auch sie selbst hatten sich verändert. Sie war nichtmehr das schüchterne Mädchen, dass ihm hinterherlief. Stattdessenwar sie jetzt die Versagerin, die es in Hamburg nicht geschafft hatteStudium und Job unter einen Hut zu bekommen. Irgendwie war das nichtbesser. Vielleicht wäre es da besser, wenn sie wieder 17 wäre undSebastian hinterher laufen würde. Sie könnte ihr Leben neugestalten und müsste nicht zugeben, dass sie mit 25 immer nochnichts erreicht hatte. Kein Job, kein Freund, keine eigene Wohnung.Das war eindeutig nicht ihr Ziel gewesen.

Nervös tippteViola mit ihrem Fuß auf den Boden es Zuges und sah nach draußen.Die Umgebung wurde immer bekannter und sie wusste, dass sie jedenAugenblick im Bahnhof ankommen würde. Sie hatte weder ihren Elternnoch Paul gesagt, dass sie früher kommen würde. Denn sie war sichnicht sicher gewesen, ob ihre Eltern nicht zig Fragen gestellthätten, wenn sie es im Vorfeld geklärt hätte. Dabei war sie dochzurückgekommen, um alles zu klären. Gleichzeitig fragte sie sichallerdings, ob das nicht die gute Laune zerstören könnte. Allefreuten sich auf die Hochzeit von Paul und Sarah und es sollteperfekt werden. Was würde passieren, wenn sie eingestehen würde,dass sie wieder nach Hause kommen würde, dass sie gescheitert war?Was dann? Würde die Stimmung nicht in den Keller fallen?