3. Kapitel

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Ich habe mich entschieden, auch diese Geschichte weiterzuschreiben, weil sie mich mit am meisten reizt. Natürlich freue ich mich, falls der eine oder andere Interesse hat, diese zu verfolgen.


Ich spüre einen Anflug von Verzweiflung in mir, als ich nicht nur James heftig mit der kleinen Lolita flirten sehe, sondern auch Adam, wie er zärtlich seine Hände an die Taille von seiner Freundin legt und überhaupt nur sie die ganze Zeit über ansieht. Das sind die Momente, in denen ich mich immer so schrecklich einsam fühle. Obwohl ich objektiv betrachtet keinen Grund für diese Einsamkeitsgefühle habe. Von außen aus betrachtet, gebe ich vermutlich folgendes Bild ab - großer Bekanntenkreis, bei allen beliebt, perfekt gekleidet und geschminkt, Leben fest im Griff, stets zielstrebig, sportlich, schlank und durch und durch diszipliniert. Ehrlich gesagt, bin ich aber auch um genau diese äußere Erscheinung bemüht. Und dann gibt es da diese Momente, diese Risse, in denen ich nichts als Einsamkeit spüre. Ich könnte heulen. Vielleicht macht mich auch der Alkohol gerade so sentimental oder aber James Worte. Er lässt sich nicht von meiner äußeren Erscheinung hinters Licht führen. Natürlich ist er überheblich, übersättigt und oft unverschämt, aber er ist nicht dumm.

Er hat mich einfach mit seinen Worten zurückgelassen, die in mir nachhallen, mehr als ich will und ich glaube, er wusste genau, was er getan hat, als er mir diese vorhin an den Kopf geknallt hat.

Ich hasse ihn, genau in diesem Augenblick hasse ich ihn. Ein starkes und überraschendes Gefühl. Am liebsten würde ich ihm jetzt seinen Flirt vermasseln. Das wäre ein Leichtes, aber es wäre auch albern und er würde das ganze vollkommen anders auslegen.

Ich weiß, dass es am besten wäre, wenn ich jetzt von hier abhauen würde. Dann müsste ich Adam und seine Freundin nicht mehr sehen und auch James nicht, der vermutlich demnächst seine Zunge in den Mund des Mädchens stecken wird. Aber wenn ich jetzt gehe, werde ich in meiner Wohnung ganz alleine sein und nichts wird mich von meinen Gedanken ablenken können. Da ist es besser, wenn ich doch hierbleibe. Zumindest bin ich dann nicht allein.

Mit einem Stöhnen streife ich durch den Garten. Überall stehen kleine Grüppchen und unterhalten sich. Ich fühle mich wie unsichtbar und erreiche schließlich einen Bereich des Gartens, in dem es dunkler wird und plötzlich sehe ich niemanden mehr. Kühle Luft steigt von den Büschen auf. Ich reibe mir über die nackten Arme, während ich Glühwürmchen umherfliegen sehe. Es ist mit einem Mal ganz still. Ich setze mich auf eine kleine Steinbank neben der eine Steinfigur steht. Bei näherer Betrachtung bemerke ich, dass es sich bei der Steinfigur um einen nackten Jüngling handelt. Natürlich hat er die perfekten Körperproportionen. Wäre es nicht gut, wenn diese Steinfigur jetzt zum Leben erweckt werden würde, denke ich mit einem breiten Grinsen. Ich muss ernstlich in meinen Erinnerungen kramen, wann ich überhaupt zuletzt einen Mann geküsst habe. Das letzte Mal Sex ist noch länger her.

Manchmal sehne ich mich danach, manchmal auch öfter. Aber wenn ich kurz davorstehe, einen Mann zu küssen und mich auf ein Mehr einzulassen, fühlt es sich plötzlich nicht mehr richtig an. Vielleicht bin ich in solchen Situationen aber auch zu verkopft und kann den Moment deshalb nicht genießen. Manchmal gefällt mir die Art der Männer aber auch nicht, sobald es auf ein Mehr zusteuert. Ich fühle mich in solchen Momenten irgendwie nicht richtig gesehen. Schwer das zu beschreiben. Jedenfalls überkommt mich dann ein ungutes Gefühl und ich breche das ganze ab. Wenn ich daran denke, was ich damit schon für Proteststürme ausgelöst habe, wird mir ganz schlecht. Und dann liege ich wieder alleine in meinem Bett und sehne mich nach einem Mann, der mich führt und mit dem ich mich vollkommen gehen lassen kann. Aber Fantasie und Realität liegen da oft sehr weit auseinander. Kurzum: Ich sehne mich danach, mich fallen lassen zu können, aber wenn es so weit ist, gelingt es mir nicht und statt der erwünschten Geschmeidigkeit kommt mir alles so mechanisch vor. Eine Problematik über die ich noch mit wenigen meiner Freundinnen bisher gesprochen habe. Ist ja auch kein besonders hippes Thema.

Mit einem Seufzer erhebe ich mich wieder von der Steinbank. Mittlerweile ist es richtig kalt geworden. Ich schlinge meine Arme um meinen Körper, um mich zumindest ein bisschen zu wärmen. Der Stoff meines Kleides ist viel zu dünn.

Es ist mittlerweile so dunkel, dass ich mich wie durch ein Labyrinth durch die Büsche und Sträucher vortaste, bis ich wieder in den heller beleuchteten Teil des Gartens gelange. Sobald ich die ersten Grüppchen sichte, stürmt Megan auf mich zu.

„Grace, wo bist du gewesen? Ich habe dich schon gesucht", sagt sie, während sie eine Hand um meinen Oberarm legt.

„Bin ein bisschen im Garten spazieren gegangen", erwidere ich.

„Mit wem?", platzt es sofort aus ihr heraus, während sie mich mit einem breiten Grinsen ansieht.

„Ich war allein", bemerke ich kopfschüttelnd.

„Oh Grace, ich werde das noch herausfinden", sagt sie lachend und bugsiert mich ungefragt in Richtung der Villa.

Als wir in das hell erleuchtete Wohnzimmer treten, tanzen bereits einige der Gäste. Ich lasse mich von Megan weiter in Richtung der offenen Küche zerren und als sie mir einen Becher mit unbekanntem Inhalt hinhält, nehme ich diesen und nehme einen großen Schluck daraus. Gleich darauf muss ich husten. Starke Mischung. Bereits nach einem Schluck habe ich das Gefühl, dass sich alles um mich herum dreht. Ich lache mit Megan ohne genau zu wissen worüber. Ich bin wieder da - im fantastischem Grace-Land.

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