Verlorene Erinnerungen

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Ich hab es doch tatsächlich geschafft, hier ist meine noch rechtzeitige Abgabe für den Schreibwettbewerb "Kampf mit Feder und Tinte" von BlackShadow_753.

Gewählt habe ich Thema Nr. 2: Nutze das Stichwort "Erinnerungen" als Inspiration für deine Geschichte. Verwende es in deiner Geschichte.

Ich denke, dieses Thema habe ich gut umgesetzt (#Eigenlob) und ich hab es sogar geschafft, 1625 Wörter zu schreiben. ;D

So, genug herumgeredet, lasst die Geschichte beginnen!

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Gleißendes Licht, ein ohrenbetäubender Knall, alles stand Kopf, ...

Schweißgebadet und mit rasendem Herzen schnellte Tico hoch. Schon wieder hatte ihn derselbe Alptraum – falsch, kein Traum, es war eine Erinnerung – aus dem Schlaf gerissen.

Vor seinem inneren Auge sah er wieder die dunklen Silhouetten seiner Eltern im Schein des auf sie zurasenden LKWs. Er spürte den Aufprall in seinen Knochen, gefolgt von einem Schrei, der ihm in den Ohren dröhnte und seinen Körper vibrieren ließ. Gefolgt von dem Heulen von Sirenen, dumpfen Stimmen und einem schrillen pieep-pieeep-piep und sein Erwachen im Krankenhaus. Dazwischen, eine große Lücke.

Vorwurfsvoll betrachtete er den riesigen Traumfänger über ihm. „Na, lange hast du aber nicht gehalten", murmelte er schwach. Ein paar Nächte hatte er es geschafft, die alptraumhaften Ereignisse aus seinen Träumen zu bannen, suchten sie ihn im wachen Zustand doch schon oft genug heim. Anscheinend waren jedoch die „Zauberkräfte" des Traumfängers nun aber aufgebraucht, wie seine Abuela sagen würde.

Tränen rannen Ticos Wangen wie stille Bäche herab, mit tiefen Atemzügen versuchte er sein wild gegen den Brustkorb trommelndes Herz zu bändigen. Obwohl er dieses Mal nicht schreiend erwacht war und nur ganz leise schluchzte, raschelte kurz darauf der Zelteingang und eine alte Frau kam zum Vorschein. Tapfer wischte Tico sich mit dem Handrücken über sein Gesicht, doch verbergen konnte er selbst in der schummrigen Dunkelheit seine geröteten Augen nicht.

„Sshh-sch, Ticobello." Sacht wurde eine verklebte Haarsträhne aus seiner Stirn gestrichen und Tico rutschte ein Stück zur Seite, um ihr Platz auf der Matratze zu machen. „Ich vermisse sie", schluchzte er, während er sich in einer sanften Umarmung wiederfand. „Ich doch auch", kam es seufzend zurück. So saßen sie eine ganze Weile aneinander gelehnt da.

Wie jede Nacht, in der er von der Vergangenheit heimgesucht wurde, tröstete ihn seine Abuela, seine Großmutter, mit ihrer stillen Anwesenheit, als spürte sie, dass keine Worte groß genug wären, um seinen Kummer zu lindern. Sie war seine nahestehendste Verwandte und zudem die Chief eines kleinen Stamm von Ureinwohnern.

Nach einer halben Ewigkeit - oder nach ein paar Minuten? - pochte sein Herz wieder in einem gleichmäßigen Takt. Auch seine Tränen waren versiegt und sein Schluchzen hatte aufgehört. „Am liebsten würde ich alles vergessen", murmelte Tico mit geschlossenen Augen.

Auf einmal schob ihn seine Abuela sanft aber bestimmt von ihr weg, legte ihm die Hände auf die Schultern und sah ihn streng an. „Erinnerungen können schmerzhaft sein, das weiß ich, aber ebenso auch wunderschön. Jede Erinnerung ist kostbar und macht uns zu dem Menschen, der wir sind, gib niemals eine her, hörst du? Niemals!"

Überrascht und auch etwas erschrocken glänzten Ticos Augen in der Dunkelheit. „Aber-", fing er an, stockte kurz und setzte nochmal an: „Aber ich vergesse doch so auch was, man kann sich ja nicht alles merken, oder?" Sein Ton und sein Blick zeugten von Verwirrung, Abuela wuschelte ihm sanft durchs Haar und schenkte ihm ein warmes Lächeln.

„Da hast du ganz recht, aber die Erinnerungen bleiben in dir drin und irgendwann tauchen sie wieder auf, ganz verschwinden sie nie. Aber ich möchte dir einmal eine Geschichte erzählen, eine Legende über verlorene Erinnerungen." Tico liebte es, Abuelas Geschichten zu hören und einschlafen konnte er sowieso nicht mehr, somit kuschelte er sich in seine Decke und wartete gespannt.

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