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Krachend fiel ein brennender Ast zu Boden. Die Flammen die ihn umfingen wie ein hungriges Tier, verschlangen ihn nach und nach und züngelten zur gleißenden Sonne empor. Mit Angst geweiteten Augen sprang ich zurück und versteckte mich in meiner kindlichen Naivität hinter einem Baum. Ein Brüllen und das Geräusch von schlagenden Flügeln ließ mich laut schluchzen. Zu meinen Füßen stand ein Korb, randgefüllt mit den Beeren dieses Waldes. Ich sollte sie sammeln gehen und als ich wieder kam, stand der Waldrand in Brand. Ich hörte die Schreie aus dem Dorf und sah das Feuer wüten wie einen Orkan im Hochjahr. Eine laute Stimme rief nach meinem Namen und brach in einem Husten. Meine Mutter!
"Eve!", schrie sie immer wieder.
"Mum?" Meine zitternden Finger klammerten sich an den Baum, als würde er mir als einziger Sicherheit bieten können. Die Stimme meiner Mutter wurde immer hektischer und plötzlich erkannte ich ihre Silhouette am Waldrand.
Nun wurde ich mutig.

"Mum!", schrie ich laut.
"Mum! Ich bin hier! Hier Mum! Hier!"
Ich spürte nasse Tränenbäche über meine Wangen laufen. Meine Mutter hatte mich gehört und bahnte sich einen Weg zu mir durch das brennende Gestrüpp, das den Wald vom Dorf trennte. Zitternd trat ich hinter dem Baum hervor als ich sie auf mich zurennen sah. Dabei stieß ich mit meinem Fuß den Korb um und die Beeren die ich gesammelt hatte verteilten sich über den Waldboden. Hustend versuchte meine Lunge den eingeatmeten Rauch los zu werden, als ich die Himbeeren und Brombeeren mit meinen kleinen Händen auflas. Es brannte in meinen Augen und ich rieb mir darüber. Die Luft um mich herum wurde dicker und verdunkelte sich, sodass man denken könnte, es wäre Nacht. Ein lautes Krachen und das Vibrieren der Erde unter mir, kündigte einen weiteren brennenden Ast an, der zu Boden fiel. Sofort darauf erfolgte ein schmerzerfülltes Stöhnen, doch darum machte ich mir keine Gedanken.
Irrend tappste ich umher auf der Suche nach meiner Mutter, die wie vom Erdboden verschluckt schien, meine kleinen Finger um die Ränder des Korbs gekrallt. Mittlerweile waren die Schreie aus dem Dorf verstummt und nur noch das laute Knistern der hungrigen Flammen erfüllte die Luft.
"Mum?", rief ich wieder zögerlich, weil ich ihre Schritte nicht mehr hören konnte. Das Feuer hatte sich rasend schnell weiter ausgebreitet und drängte mich in den Wald. Laut fing ich an zu weinen.
"Mum!" Besinnungslos rannte ich durch den dicken Rauch und hustete mir die Seele aus dem Leib. Nur weg vom Feuer! Ich lief tiefer ins Gestrüpp, bis die Luft wieder einigermaßen klarer wurde. Irgendwann kam ich an eine Schneise. Sie trennte den Küstenwald von dem Wald der Stadt Morgau. Meine Beine fühlten sich taub an. Auf der erdigen Straße waren tiefe Spuren von Wagenrädern zu erkennen. Ich kauerte mich an den Rand in ein Loch zwischen den dicken Wurzeln eines großen Baumes und wartete darauf, dass ein Wagen vorbeikommt und mich mitnehmen würde.
Als die Dunkelheit hereinbrach und mich verschlang wie das Feuer das Dorf, überraschte der Regen und löschte die letzten Flammen, die ihre Gefräßigkeit nicht unterdrücken konnten.

Zitternd schlug ich meine Augen auf. Die Nacht war noch nicht vorbei und ich versuchte die letzten Reste meines Traumes aus meinem Kopf zu verbannen. Neben mir hörte ich das sanfte Schnauben von Eliaz. Sein tiefes Atmen beim Schlafen beruhigte mich und die Tränen, die über meine Wangen liefen, versiegten, als ich daran dachte, wie das Blut des Hohen Lords durch meine Finger rann. Ich grub meine Nägel in die Wurzel neben mir. Er würde dafür bezahlen! An jenem Tag war mein 8. Geburtstag und meine Mutter schickte mich in den Wald um Beeren für meinen Lieblingskuchen zu sammeln. Jetzt ist es schon 10 Jahre her. Jedes Jahr, am Tag des Unglücks, kam ich seitdem hierher zurück und blieb den ganzen Tag. Abends legte ich mich unter den großen Baum mit den dicken Wurzeln und wartete bis zum Morgengrauen, ehe ich wieder zurück nach Morgau kehrte. Der Vater des heutigen Lords, hatte den Befehl gegeben, mein Dorf in Schutt und Asche zu legen um seine Macht zu demonstrieren und die Aufstände gegen ihn zu vernichten. Dabei kam meine gesamte Familie ums Leben.
Ich war schon wütend genug, dass sein Vater nicht mehr lebte um ihn persöhnlich ermorden zu können, aber jetzt musste sein Sohn, der neue Lord, den Kopf hinhalten und für die Taten seines Vaters grade stehen. Zumal er genauso grausam ist. Schon 4 Jahre ist er an der Herrschaft und auch ungefähr so viele älter wie ich. Verbittert wälzte ich mich in dem Loch umher. Kleine Steine drückten sich durch die ausgeleiherten Leinenhosen in mein Fleisch. Schließlich hielt ich es nicht mehr länger aus und beschloss schon jetzt mit meinem jährlichen Ritual zu beginnen. Seufzend stemmte ich mich aus der Grube und klopfte mir den Schmutz von der Kleidung. Hier und da pflückte ich einen Ast aus meinen Haaren.
Die Blätter raschelten als ich mich in Bewegung setzte. Es war kurz vor Tiefjahr, bald würden die ersten Flocken auf die Erde rieseln, wenn die Nächte weiterhin so kalt wurden.
Eliaz hatte seine Augen geschlossen, doch als er mich hörte, zuckten seine Ohren in meine Richtung und er schaute mich an. Sein Blick schien zu sagen 'Was willst du? Es ist noch dunkel. Lass mich schlafen.'
Ohne mich weiter zu beachten, schnaubte er einmal kurz, schüttelte seine lange Mähne und drehte mir den Rücken zu. Nach dem Stand des Mondes schätzte ich es auf kurz nach Mitternacht. Ich schmunzelte. Leicht klopfte ich ihm auf seinen großen Hintern und flüsterte:
"Ich weiß, es ist spät mein Junge, aber ich kann nicht mehr schlafen. Na komm."
Ich gab ihm noch einen kurzen entschlossenen Klapser und holte aus der Satteltasche etwas Wasser und zwei Äpfel. Einen streckte ich ihm hin und den andern aß ich selber. Eliaz drehte mit den Ohren und schlug mit dem Schweif, dann nahm er ihn mir mit seinem weichen Pferdemaul behutsam aus der Hand. Als mein Apfel nur noch aus Kernen und Gehäuse bestand, drehte ich den Verschluss des Lederbeutels auf und nahm einen kräftigen Schluck. Den Rest kippte ich in meine Hände und ließ Eliaz trinken.
Ich tätschelte ihm den Kopf und verstaute die Apfelkerne in einer kleinen Papierschachtel. Vorsichtig band ich die Zügel vom Ast los und schwang mich auf den Sattel. Ich ließ Eliaz im Trab durch den Wald reiten. Das Unterholz knackte, als Kleintiere umherhuschten. Hin und wieder sah ich ein Reh an uns vorbeiflitzen und die Vögel beklagten sich mit lautem Krakele über die nächtliche Störung. Ich bremste Eliaz, als wir an einen Teil des Waldes kamen, der nicht so schön bewachsen war. Hier hatte das Feuer gewütet und alles zerstört, was zu zerstören möglich war. Jetzt wucherten Sträucher über den kargen Boden und vereinzelt wuchsen junge Bäume.
Wieder trieb ich Eliaz an und wir durchquerten die Ebene, die nach so vielen Jahren immer noch einem Chaos glich. Sein Kopf wippte und beunruhigt zitterten seine Nüstern, als würde er wissen was in mir vorging. Am Waldrand blieb er tänzelnd stehen und warf seinen Kopf herum. Besorgt stieg ich ab und sah ihn prüfend an. Was hat er bloß? So nervös war er noch nie, seitdem wir jedes Jahr herkamen. Mein Ziehvater hatte mir Eliaz vor 5 Jahren von einem Händler gekauft, damit ich mich selbstständig fortbewegen konnte. Er hoffte außerdem, ein Tier könnte mich ein wenig vom Geschehenen ablenken. Und das tat es wirklich. Ich liebte Eliaz aus tiefstem Herzen. Er ist jung und voller Leben und es kommt mir vor, als würde er immer wissen, was los ist.
Beruhigend kraulte ich ihm die Nüstern und nahm die Zügel vom Hals, dann führte ich ihn auf die kahle Fläche.

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Soo erstes Kapitel ^-^
Ich hab ziemlich wenig zu sagen heute, also... schreibt mir eure Meinungen!

:)

~ dragon-fly

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jan 22, 2017 ⏰

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Schattenreiter - Schwarze Verdammniss Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt