Liebe...

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Ein heißer Sommer in Wien, Großstadtdschungel, Blechlawinen, Verkehrsstau , Smog, ich seit Jahren Single und von den versnobten Männern in meinem Umfeld enttäuscht, verspüre die große Lust, auszusteigen, ein neues Leben am Land, von mir aus in Einsamkeit, zu beginnen.

Seit ein paar Wochen arbeite ich selbständig von zu Haus aus, am Computer, im eigenen Büro, " der Weg ist das Ziel " denke ich mutig, " wer wagt, gewinnt !"

Bei einem Abendessen mit Freunden schnappe ich zufällig ein Gespräch auf, eine Bekannte erwähnt, eine gemeinsame Freundin von uns würde ihr Häuschen am Land verkaufen. Ein Wink des Schicksals ?

Am nächsten Tag bereits packe ich Schwimmzeug und meine zwei Hunde ins Auto und starte Richtung Berge. Nach einer Stunde erreiche ich das kleine Dorf, malerisch gelegen an einem blauen See. Das leerstehende Bauernhaus steht auf einem verwilderten grünen Grundstück am Ende des Ortes, ein glasklarer Fluß rauscht gemütlich unterhalb der Straße, ich verliebe mich sofort in die Gegend.

Das Haus selbst scheint etwas heruntergekommen, ich möchte mir es genau ansehen, doch die Zufahrt ist verwachsen mit Büschen, so stell ich mein Auto auf den Parkplatz des gegenüberliegenden Hauses.

Es ist heiss, ich bin müde, meine Hunde und ich sehnen uns nach Wasser, ein weisser Steinstrand unter einer Holzbrücke lacht einladend zu uns herauf.

" Ich hoffe, der unbekannte Nachbar wird mir nicht böse sein, wenn er mein Auto in seiner Einfahrt stehen sieht..."

Ich spiele mit den Hunden, werfe Stockis und Steine in die Wellen, bade mit ihnen im kühlen grünen Strom—— plötzlich höre ich ein lautes Hupen, ein Auto rollt über die Brücke, fährt langsam auf das Haus zu, ich springe auf, da sehe ich einen sichtlich erbosten Mann, der die Hände in die Hüften stemmt und wutschnaubend meinen PKW umkreist.

Ich fische nur meinen Autoschlüssel aus der Handtasche, kraxle keuchend den steilen Hang zur Straße hinauf, rutsch im Gatsch aus, reiss ein Loch in meine short, ein Flipflop bleibt in der feuchten Erde stecken, meine zwei Hunde spüren ausgelassen den Zoff, sprinten unternehmungslustig an mir vorbei, bellend die Holzbrücke entlang und mir bleibt fast das Herz stehen, als sie zähnefletschend den Hausbesitzer umkreisen. " Jetzt machst du dich schon wieder unbeliebt ! " denke ich und der Schweiss rinnt mir zwischen die Brüste, mein Hemdchen klebt an der Haut, die Haarspange muß ich verloren haben, denn die unfrisierte Lockenpracht tanzt hernieder auf meine Schultern und ich spüre, wie sich der stechende Blick des zornigen jungen Mannes auf mich heftet, während ich tolpatschig, schmutzig und abgehetzt ihm Autoschlüsselwinkend auf dieser schmalen Dorfbrücke entgegenlaufe.

" Ich fahr sofort weg ! " schreie ich und versuche, die kläffende Hundemeute zurückzupfeifen, was mir nicht gelingt, ich möchte vor Scham im Boden versinken...!

Und da, von einer Sekunde zur anderen, wie sich seine und meine Augen treffen, wie wir langsam aufeinander zugehen, unsere Atem sich vermischen, wir uns gegenüberstehen und uns ansehen, da hört die Welt auf sich zu drehen, der Bach unter uns rauscht nicht mehr, kein Haus , kein Wald steht mehr da, selbst die Hunde ziehen sich schweigend zurück, nur er und ich, ich und er, wir zwei existieren auf dieser Erde und Nichts und Niemand interessiert uns noch als daß wir hier beisammenstehen.

Wie in Trance. Ich verspüre die Lust, diesen hübschen Fremden zu berühren, zu umarmen und küssen.

" Reiss dich zusammen, Anna, du bist ausgehungert und spinnst schon wieder.. ! " denke ich, lächle ihn gefasst an : " Entschuldigen Sie bitte, ich fahr sofort weg ! "

Da macht er einen Schritt auf mich zu, sieht ganz tief und ernst mit stahlblauen Augen in die meinigen und sagt fast tonlos, wie hypnotisiert : " Ich will, daß Sie auf meinem Parkplatz stehen bleiben..! "

Mir rinnt das Wasser die Achseln herab, die Situation ist mir peinlich, meine Brustwarzen bohren sich durch den nassen zerschlissenen Bikini, verwirrt bücke ich mich, um mir den Sand von den Beinen zu wischen, denke : " Was ist da los, was passiert da eben ? "

Ich richte mich auf, sein warmer Blick noch immer auf mir, er lächelt : " Ich möchte Sie für meine unhöfliche Art Ihnen gegenüber um Verzeihung bitten ! " Er will mich anfassen, spüre ich, reisse die Augen auf, atme tief durch und höre meine innere Stimme : " Lass es einfach geschehen, Anna, das ist die Liebe..."

Wir sehen uns lange nur an " ich will nicht mehr von hier weggehen " schiesst es mir durch den Kopf, er fragt neugierig : " Was machen Sie hier ? "

" Ich wollte mir das Haus ansehen, daß zu verkaufen ist, und dann bin ich schwimmen gegangen..." stotter ich.

" Ich habe den Schlüssel und könnte Sie durch die Räume führen, haben Sie Lust ? "

" Oh ja, das wär nett, aber ich möchte Ihnen nicht noch mehr auf die Nerven gehen ! "

" Das tun Sie nicht, im Gegenteil, es wäre mir eine große Freude ! "

Ich verstehe die Welt nicht mehr, was läuft da ab ? Wie viele Liebesgeschichten habe ich mir schon erdacht, doch auf so eine käme ich nicht mal in meinen kühnsten Träumen !

Stunden später, es dämmert , wir sind per Du, verabschieden uns, haben aber beide nicht den Mut, unsere Telefonnummern auszutauschen, er meint nur beiläufig : " Du als meine Nachbarin, da wäre mein Leben wieder schön.. ! "

Beim Zurückfahren in die Stadt denke ich ununterbrochen an diese wundervolle Begegnung und gehe alle Möglichkeiten durch, die ich habe, um diesen Mann zu kontaktieren.

Am Vormittag darauf organisiere ich mir auf Umwegen die Telefonnummer von der Hausbesitzerin, die verkaufen möchte. Ich rufe sie an und erzähle ihr, ich wäre am Kauf des Hauses interessiert und dann erwähne ich beiläufig, ich hätte meine teuren Lederleinen beim Nachbarn am Parkplatz liegen lassen, ob sie mir vielleicht netterweise seine Telefonnummer geben könnte ?

Zwei Tage trage ich den Zettel mit den schwarzen Ziffern in meiner Handtasche, hüte ihn wie einen Lotto Sechsertreffer, wage nicht, die Nummer in mein Handy zu tippen.

Dann lege ich mich entspannt auf eine grüne Wiese, die Hunde neben mir, mein Herz klopft zum Zerspringen, ich läute bei ihm an.

Viel zu lang hebt er nicht ab, dann meldet er sich doch. Ich sage fröhlich, aufgeregt : " Hier spricht Anna, aus Wien.. ! "

Und er ? Schreit, jauchzt, springt, scheint mir, vor Vergnügen, ruft glücklich : " I werd narrisch !! " Diesen seinen Ausruf werde ich nie vergessen !

Ich stammle noch, ob er mein Benehmen und Indiskretion als frech empfinde, da lacht er : " Genau so gefällst Du mir, ich wollte Dir das schon längst sagen, Du hast so eine liebe offene Art...."

Ich würde ihn morgen am Land besuchen kommen, ob er mit mir am Fluß baden wolle ? ......Ja, ja, ja... !!

Heute, sechs Wochen später, wohne ich drei Tage in der Woche in den Bergen, mit meinem Liebsten in seinem gemütlichen Bauernhaus, tausche Highheels mit Wanderschuhen.

Wir kochen, gehen spazieren, machen Ausflüge, des nachts liebt er mich und ich empfinde Lust und Ekstase wie ich' s vorher noch nicht erlebt.

Wir liegen uns kichernd und flüsternd in den Armen unter weisser Spitzenbettwäsche, draussen rauscht der Regen, die Hunde rollen sich auf den Fellteppichen zusammen, und während er leise atmend in meiner Umarmung schläft, ruf ich mir immer und immer wieder diesen wunderschönen Moment ins Gedächtnis, als wir an jenem magischen Abend unten am Fluß auf Decken tratschend, ein kleines Lagerfeuer in der Mitte, und plötzlich neigen wir uns zueinander und unsere Lippen treffen und umfassen sich und wir hören nicht mehr auf uns zu küssen, hoch droben leuchtet der Mond auf die zwei Liebenden und die alte Holzbrücke, wo sie sich zum ersten Mal begegneten.

Kurze Liebesgeschichte <3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt