Liberty

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„Liberty Alisha Magdalena Mary von Paz! Komm her!" Das dritte mal schrie jemand meinen Namen, ich drehte mich nur auf den Rücken und las einfach mein Buch weiter, ohne die Rufe zu beachten. Ich lag in weiten Strümpfen und in meiner langen Unterwäsche auf dem Bett. Eigentlich hatte ich im moment Prinzessinenunterricht, so wie jeden Tag auch. Aufrecht stehen, höflich sein und eine wunderschöne Lady zaubern. Nichts für mich. „Liberty?" Ich war in der Erwartung meine Mutter, den Hofdamen oder gar meiner Lehrerin ins Gesicht zu schauen, doch anstatt steckte meine Zwillingsschwester genervt ihren Kopf durch die Tür. „Es würde uns allen helfen, würdest du dich in dein Kleid schwingen und dich in den Saal begeben, anstatt faul und nicht mal fertig auf deinem Bett zu verweilen." Ich drehte mich wieder auf den Bauch und starrte meine Schwester an. „Weiß du was?" ich grinste sie an, „Ich habe keine Lust! Ein elegante Dame muss auch ruhen und ihren Schönheitsschlaf bekommen. Es tut mir leid, ich hab leider keine Zeit." Ich schwang meine Stimme extra dramatisch. Anastasia schüttelte ihren Kopf und verdrehte ihre Augen. „Würdest du so lieb sein und ausrichten lassen, dass mir nicht wohl ist." „Das fünfte mal in Folge Liberty? Was besseres fällt dir nicht ein?" Ohne zu frage trat sie in mein Zimmer und steuerte zum Schrank. „Lass die Finger davon!" Ich sprang auf und hechtete zu dem Schrank. Gerade wollte Anastasia die Tür aufreißen, doch ich konnte sie noch rechtzeitig zudrücken. Anastasia zerrte mit voller Kraft dagegen, doch ich war stärker als sie und die Tür blieb geschlossen. Sie gab auf und ich stellte mich schützend vor den Schrank. „Weißt du was, ich denke mir geht es besser. Gib mir noch etwas Zeit und ich werde im Saal erscheinen." Anastasia schaute mich verdattert an. „Bei dir weiß man echt nicht ob man lachen oder weinen soll. Du bist echt komisch, Alisha. Merk dir das. Irgendwann werde ich hinter dein Geheimnis kommen." „Warum nennst du mich Alisha? Du weißt wie sehr ich den Namen hasse!" „Aus dem selben Grund, warum du immer noch in Unterwäsche vor mir stehst und sich mein Unterricht wegen dir verzögert." Unsere Gesichter schwebten nah aneinander, fast berührten unsere Nasenspitzen sich. Ich musste ein wenig hinabschauen, da ich ein paar Zentimeter größer war als sie. Es war zwar nicht viel, aber für mich fühlte es sich einfach fantastisch an. Anastasia schaute mich so selbstverliebt, amüsiert und reizend an, dass ich ihr liebend gerne in ihr hübsches Gesicht schlagen würde. Ich musste mich unter Kontrolle halten, damit meine Hand  nicht aus versehen ‚auszurutschte'. Meine Aggressionen tobten in mir und es war echt schwierig nicht völlig durchzudrehen. Kurz bevor ich platzte, drehte sich Anastasia um und schlenderte zu der Tür. „Du denkst immer noch ich mach das aus Spaß und um dich du ärgern. Aber du kennst mich nicht. Keiner kennt mich hier!" Sie blieb kurz stehen und sagte ohne sich umzudrehen: „Was ist wenn ich dich nicht kennen will." Sie ging aus dem Raum und die Tür fiel hinter ihr in das Schloss. Wütend schnaufte ich und trat gegen mein Bett, was sich nicht als weise heraus stellte. Mein Zeh schmerzte und ich nahm meinen Fuß in die Hand, und hüpfte auf einem Bein durch mein Zimmer. Ich knallte gegen die Kante meines Bettes und sank in der Federmatratze ein. „Verdammt." Ich pustete mir eine Strähne aus dem Gesicht und schloss seufzend meine Augen. Ich stellte mir ein Leben auf dem Land vor. Jeder würde sofort mit mir tauschen wollen. Ich wollte einfach diese Freiheit, die frische Landluft und diesen Kleidung. Gemütlich, doch meiner Meinung nach trotzdem wunderschön. Ich stand auf und begab mich zu meinem Schrank. Ein weiterer Raum im meinem Zimmer. Wir als Prinzessinnen besaßen viele Kleider. Viel zu viele. Ich zog mir ein einfaches Abendkleid an. Mein Blick fiel auf die Kiste, die mein größtes Geheimnis bewahrte. Ich hoffte das keiner davon wusste oder je erfahren würde, den das was sich dort drinnen verbarg, war für eine Prinzessin eine Schande. „Liberty?" Diesmal wusste ich, dass meine Lehrerin an der Tür stand und auf mich wartete. Ich hob das Kleid an, damit ich schneller rennen konnte, und öffnete die Tür. Ehe meine Lehrerin etwas sagen konnte, trat ich aus dem Raum und strich mein Kleid glatt. „Ich wollte mich soeben auf den Weg machen." Ich versuchte mir einigermaßen ein nettes Lächeln auf die Lippen zu zwingen, doch als meine Lehrerin mich nur ermahnte und wieder in den vor mir lief, bekam ich nicht mal das hin. „Du musst noch so viel lernen Kind. Wie sollst du mal auf dem Thron sitzen. Nimm ein Vorbild an deiner Schwester. Höflich, elegant und ehrlich. Ein Traum." Wir waren gerade dabei, die Wendeltreppe hinab zusteigen. Miss Estrica wie immer elegant, doch mir war ihre Anwesenheit egal und ich nahm wie immer drei Stufen auf einmal. Miss Estrica blieb stehen und schaute mich enttäuscht und entmutigt an. „Du trägst nicht mal dein Diadem. Als Thronfolgerin? Ich bin enttäuscht." Ich musste mir ein Grinsen verkneifen. Sie ging einfach weiter, als wenn sie keine Antwort erwartete. „Vielleicht hab ich das Diadem nicht vergessen, sondern nicht aufgesetzt, weil ich das ganze nicht will. Weil ich keine Prinzessin sein will und erst recht nicht auf dem Thron sitzen will. Wenn das ganze für mich eine Last ist. Wenn mir das ganze nicht zusteht. Was wenn ich auf dem Land leben will und nicht gezwungen werde will dort zu leben wo ich nicht will und das zu tuen was mir mein Leben Tag für Tag zur Plage macht? Ich kann kaum noch Atmen ohne kontrolliert zu werde. Ich will frei sein, das Leben genießen. Was wäre dann?" Es war etwas leiser im Saal geworden. Die Angestellten die im Moment vor Ort waren, begannen eher zu flüsterte, so das man sie kaum verstehen konnte. Meine Lehrerin began zu lachen. „Was für eine lustige Geschichte. Glaubst du wirklich, du kannst einfach kündigen? Du bist für diesen Platz geboren. Ob du es willst oder nicht. Du müsstest schon sterben um nicht an der Erbe teil zu haben." „Und wenn ich mich selber umbringe?" Es war mucksmäuschenstille geworden und man hätte eine Nadel in den Heuhaufen fallen hören. Wir waren an den letzten Stufen stehen geblieben und erst jetzt schaute ich mich im Saal um. Mir war nicht bewusst gewesen, dass meine Mutter am Ende der Treppe wartete. Die Enttäuschung die ich in ihren Augen wieder fand, ließ mich erzittern und ich spürte einen Hauch von Bitterkeit zu mir herauf wehen. Mein Herz raste und ich bereute den letzten Satz den ich von mir gegeben hatte. Eine Träne die über die Wange meiner Mutter auf ihr Kleid tropfte und einen dunklen Fleck verursachte, gab mir den Rest. „Vergib mir, Mutter." Flüsterte ich kleinlaut und rannte die Treppen hoch, zurück in mein Zimmer. 

Heir to the ThroneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt