Der Rechtsanwalt

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Der Rechtsanwalt
Eine außergewöhnliche Kurzgeschichte von Pitt

Rechtsanwälte sind ja normalerweise da zu da um dein Recht durchzusetzen.
Doch dieser Rechtsanwalt, von dem ich euch heute berichten werde, ist ein ganz besonderer Rechtsanwalt.
Es war ein herrlicher, sonniger Sonntagvormittag, und ich wollte mit meinem Hund eine Runde im Park spazieren gehen.
Willi, mein kleiner Rauhaardackel zerrte und zog so an seiner Leine, dass ich ihn gar nicht bändigen konnte.
Er hatte sich in seinen kleinen Kopf gesetzt, mit all seinen zur Verfügung stehenden Kräften an die gegenüberliegende Bank zu kommen.
Ich hatte den älteren Herrn, der dort auf der Bank saß, noch gar nicht bemerkt, aber mein kleiner Dackel hatte ihn schon eine ganze Weile wahrgenommen.
Der kleine Kerl zog mich regelrecht mit all seinen Kräften in die Arme des alten Mannes und fesselte mich dann auch noch mit seiner Leine an ihm fest.
Das Ganze war mir so ziemlich peinlich und ich entschuldigte mich stotternd für das schlechte Benehmen meines Hundes bei ihm.
Er lächelte mich mit seinen klaren Augen an und meinte dann ganz freundlich zu mir.
„Mein junger Freund, dein kleiner Begleiter zeigt mir nur auf seine Weise, dass er mich mag und dass er mir einen guten Tag wünschen will."
„Komm und setz dich ein wenig zu mir und lass uns etwas plaudern", meinte er ganz freundlich und lächelte dabei zufrieden.
Ich setzte mich zu ihm, und wir kamen ganz langsam ins Gespräch.
Ich fragte ihn, was er denn so Gedanken versunken auf dieser Bank machen würde?
Mir war der alte Mann bei den Spaziergängen mit meinem Hund schon des Öfteren aufgefallen und ich hätte doch zu gerne gewusst, worüber er immer so nachdachte?
Er klopfte sich mit beiden Händen auf seine Oberschenkel und lachte dabei lauthals und fing dann an zu erzählen.
„Ob du es mir glaubst oder nicht, aber ich sitze hier auf dieser Bank schon seit Jahrhunderten."
„Ich schaue mir die Menschen, die an mir vorübergehen, genau an und weiß dann, ob sie meine Hilfe brauchen, oder nicht?"
„Aber bei dir bin ich mir sicher, dass du meine Hilfe noch nicht in Anspruch nehmen wirst."
„Wenn aber doch, dann werde ich es wissen, denn man nennt mich nur den Rechtsanwalt."
Ich hörte ihm aufmerksam zu, als er mir das alles erzählte, und ich konnte es kaum glauben.
Dieser nette, alte Herr mit den grauen Haaren konnte doch unmöglich schon so alt sein?
Er berichtete mir mit heroischen Worten, dass er die Rechte von verlorenen Seelen vor dem letzten allmächtigen Gericht vertrete.
Er erklärte mir auch, dass manche Verstorbenen schwere Schuld auf sich geladen hatten und seiner Hilfe dringend benötigten.
Solange es den Menschen auf der Erde gäbe, wäre er, der Rechtsanwalt dieser mit Schuld beladenen Toten.
Ihre Seelen würden in die Waagschalen der Gerechtigkeit geworfen und gewogen, um sie zu prüfen, ob sie dann bereit wären einzutreten in das himmlische Paradies.
Wären diese aber zu schwer, würde er sie verteidigen und danach noch einmal wiegen.
Er erklärte mir, dass es auch einen Staatsanwalt gäbe, mit dem er über jede arme Seele ringen würde
Der Staatsanwalt wäre das böse Gegenstück von ihm und mit jedem gewonnenen Prozess würde er stärker und stärker.
Schon aus diesem Grund müsse der alte Mann um jede verlorene Seele kämpfen.
Ja, das alles erklärte er mir und schaute mir dabei tief ihn meine Augen.
Sogar mein kleiner Begleiter Willi hörte ihm aufmerksam zu und spitzte seine Ohren, so, dass ihm ja kein gesprochenes Wort verloren ging.
Ich bemerkte gar nicht, wie schnell doch die Zeit vergangen war und der alte Mann kam mir immer vertrauter vor.
Ich dachte so bei mir, dass ich bei meiner himmlischen Gerichtsverhandlung nur diesen Anwalt bekommen sollte.
„Oh nein, mein junger Freund, es gibt noch mehrere Anwälte wie mich und wer dich ich einmal verteidigen soll, das entscheidet eine höhere Instanz", meinte er ganz freundlich zu mir.
Ab diesem Moment trafen wir uns regelmäßig und tauschen einander aus.
Auch mein kleiner Rauhaardackel Willi hatte den alten Mann so tief ins Herz geschlossen, dass er ihn nicht mehr losließ.
Ich bin auch am Ende so weit gegangen, dass ich ihn meiner Frau und meinen beiden Kindern vorstellte.
In den ganzen Jahren, die vergangen sind, hatte ich nie Angst vor meinem Ableben gehabt.
Denn ich wusste, dass ich einen Freund an meiner Seite hatte, der mich und meine Familie niemals verlassen würde.
                             Ende.
Copyright ©️ 2023 Pitt

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⏰ Letzte Aktualisierung: Mar 13, 2023 ⏰

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