Prolog

370 14 0
                                    

Ich kehre immer wieder zurück. Zurück zu bestimmten Momenten in meinem Leben und überlege, was ich hätte anders machen können. Habe ich etwas übersehen? Wenn ich mich irgendwo anders entschieden hätte, wäre es dann anders gelaufen?

Ich weiß es nicht. Vermutlich nicht. Denn egal ob ich mich an Regeln gehalten oder sie gebrochen habe, egal ob ich mich durchgekämpft oder dem Kampf aus dem Weg gegangen bin, am Ende ist alles schief gelaufen. Damit hätte ich sicher nicht gerechnet, als ich mich mit Professor Fig getroffen habe, um mein erstes Jahr in Hogwarts anzutreten. Seit diesem Tag sind fast genau zwei Jahre vergangen und Professor Fig ist nicht mehr hier. Er ist im Kampf gegen Ranrok gestorben, wie so viele. Nur ich nicht, aus irgendeinem Grund habe ich es geschafft, ihn zu besiegen. Alle haben mir gratuliert, sie haben mir gesagt, wie begeistert sie sind, dass ich gegen Ranrok gewonnen habe. Nur warum habe ich dann das Gefühl, seit 2 Jahren nur zu verlieren?

"Grace?" ein langgezogener Ruf ertönt vor meiner Tür, kurz bevor sie aufgestoßen wird. Ich lege den Stift in mein Notizbuch und packe es in meine Tasche, die schon fast fertig gepackt ist für mein siebtes Jahr in Hogwarts. Danach drehe ich mich zu dem dunkelhaarigen Mädchen um, das nun vor meinem Bett steht. Poppy Sweeting. Die liebe Hufflepuff und ihre Großmutter nahmen mich nun schon zum zweiten Mal in Folge bei sich auf, in den Sommerferien.

"Wo bleibst du denn?" fragt sie mich, "Wir müssen uns beeilen, wenn wir den Tanz der Mondkälber noch sehen wollen. Es wird schon dunkel." Vor einer Weile haben wir in den Wäldern rund um das kleine Dorf den Bau einiger Mondkälber entdeckt. Zusammen mit Poppys Großmutter haben wir sie über die Sommerferien immer wieder versorgt und uns um sie gekümmert. Durch die Aufzeichnungen von Poppys Oma konnten wir voraussagen, wann die Mondkälber ihren Tanz aufführen würden und heute war es soweit. Da der letzte Tanz, den wir beobachtet haben, schon so lange zurücklag, haben wir natürlich beschlossen, die Kälber heute zu beobachten.

"Ich bin schon fertig. Lass uns meinen Besen nehmen, der ist schneller. Dann schaffen wir es noch rechtzeitig." ich zwinkere ihr zu und gehe in die Ecke meines Zimmers, um meinen Besen zu holen. Der erste Besen, den ich je besessen habe. Ich habe ihn damals bei Albie Weeks gekauft. Ein klassischer dunkelbrauner Besen mit einem grünen Bändchen dran, passend zur Farbe meines Hogwartshauses.

Den ganzes Weg bis nach draußen plappert Poppy aufgeregt vor sich hin und plötzlich spüre ich einen leichten Stich im Herzen. Mittlerweile kann ich ihn fast ignorieren, denn ich habe mich gewöhnt. Ab und zu taucht er auf, in Situationen in denen ich unweigerlich an ihn denken muss. Manchmal kann ich es einfach nicht verhindern. So wie gerade, wo ich nur eine Sekunde daran denken musste, wie viel Zeit wir früher miteinander verbracht haben, wie viel ich mit ihm unternommen habe. Aber das ist Vergangenheit. Also konzentriere ich mich wieder auf Poppy. Sie schlingt ihre Arme um meine Mitte und kichert, während ich durch die Luft sauste. Ich war die bessere Fliegerin von uns beiden und ich wusste wie sehr Poppy es genoss, wenn ich so schnell durch die Luft flog. Vermutlich erinnert es sie an Wolkenschwinge. Sie vermisst sie immer in den Ferien. Wir brauchen gerade mal 5 Minuten bis ich auf einer kleinen Lichtung landen. Langsam schleichen wir uns an den großen Mondkalbbau heran, damit wir sie bloß nicht erschrecken. Hinter einem großen Stein bleiben wir geduckt stehen. Wir sind gerade rechtzeitig hier. Der Vollmond erleuchtet die Wiese vor uns und die Kälber beginnen aus ihrem Verstecken zu rennen. Das Gras unter ihren Füßen beginnt aufzublühen und zu leuchten, dabei zeichnen sie wunderschöne Muster in den Boden. Wahrhaft magisch. Während ich den Kälbern bei ihrem Tanz zu sehe, denke ich, kann dieses letzte Jahr in Hogwarts endlich besser werden. Vielleicht komme ich endlich über den Schmerz der letzten beiden Jahre hinweg und kann nach vorne schauen. Während ich diesen unschuldigen Wesen zusehe, ist es fast einfach daran zu glauben.

Between the two of us - Sebastian Sallow x MCWo Geschichten leben. Entdecke jetzt