Obwohl ich schon so lange nicht mehr in der Krypta war, sieht sie noch genauso aus wie vor zwei Jahren. Es ist dunkel bis auf die kleinen Schimmer, die durch einige Laternen an der Decke in den Raum geworfen werden. An einigen dieser Laternen hat mich Sebastian Confringo üben lassen, nachdem er mir den Zauberspruch beigebracht hat. Genau das ist der Grund, weshalb ich die Krypta nie wieder betreten habe, nachdem Sebastian fortgegangen ist. Sie steckt voller Erinnerungen, die ich einfach nicht loswerden kann. Dennoch bin ich jetzt hier und gehe auf Ominis zu, damit wir endlich reden können. Er läuft vor dem kleinen Kamin hin und her. Ist er etwa nervös? Ich gehe auf ihn zu und obwohl er mich nicht sehen kann, bemerkt er mich sofort.
"Grace, du bist wirklich gekommen."
"Natürlich." Ich halte mein Wort. Ich habe ihm versprochen herzukommen, also bin ich hier.
"Hör zu, es tut mir leid, dass ich dir nicht erzählt habe, dass Sebastian wieder nach Hogwarts kommt. Aber ich wusste einfach nicht, was ich machen soll."
"Du hättest es mir einfach sagen können. Wir haben uns ständig geschrieben in den Ferien. Warum hast du nicht in einem Brief erwähnt, dass er zurückkommt? Ich stand da wie ein Idiot."
"Es tut mir wirklich leid, aber ich stand einfach zwischen den Fronten. Sebastian wollte nicht, dass ich dir Bescheid sage. Was hätte ich tun sollen? Entweder wäre er sauer gewesen oder du."
"Er wollte nicht, dass du es mir erzählst?" Meine Stimme bricht. Er hat also explizit darum gebeten, mir nichts zu sagen? Natürlich. Was auch sonst.
"Er- Ich weiß nicht, was ich sagen soll, Gracie. Es ist einfach alles so anders geworden. Aber jetzt wo er wieder hier ist...vielleicht finden wir wieder alle zusammen. Vielleicht kann es wieder so sein wie früher."
Ich verziehe das Gesicht, während ich einen tiefen Stich in meinem Herzen spüre. "Nein, Ominis. Es wird nie wieder wie damals."
"Warum nicht? Menschen können sich ändern. Ihr könntet wieder zusammenwachsen."
"Sebastian hasst mich. Da wird nichts wieder zusammenwachsen."
"Er hasst dich doch nicht. Wie kommst du denn darauf?" fragt er erschrocken.
"Doch, das tut er. Er hat es mir selber gesagt."
"Dann meinte er es nicht so. Er könnte dich nie hassen."
Ich weiß, dass Ominis das wirklich glaubt. Aber er war nicht bei mir, als Sebastian mir sagte, dass er mich hasst. Als er mir das Herz gebrochen hat. Ich war dort, ich habe mir jedes einzelne Wort aus seinem Mund angehört. Und ich habe mit jeder Faser meines Körpers gespürt, dass er es ernst meinte.
2 Jahre vorher
Die Krypta liegt ruhig vor mir, so ruhig man könnte meinen, ich wäre alleine. Aber ich weiß, dass Sebastian hier ist. Mit ruhigen Schritten gehe ich bis zum Ende des Raumes. Dort sitzt er, mit dem Rücken zu mir und starrt in die Flammen des Feuers im Kamin.
"Sebastian? Ich bin's" flüstere ich und nähere mich ihm.
"Geh weg." Er dreht sich dabei nicht mal um.
Ich kann ihn nicht alleine lassen. Nicht nachdem, was passiert ist. Irgendwie ist alles aus dem Ruder gelaufen. Solomon ist tot und Anne ist verschwunden. Einfach abgehauen nach dem, was passiert ist. Sie hat Sebastian gesagt, dass sie ihn nie wieder sehen will. Sie wird nicht zurückkommen. Und das bedeutet, dass sie sterben wird. Das wissen wir beide. Alles, was wir dieses Jahr getan haben, jeder Weg, den wir gegangen sind, war umsonst. Sebastian ist jetzt alleine. Er braucht einen Freund an seiner Seite. Deshalb kann ich jetzt nicht gehen. Selbst wenn er es will.
"Ich werde nicht gehen. Ich bin ruhig, wenn du nicht reden willst, aber ich werde dich nicht alleine lassen."
Er dreht sich um und seine geröteten Augen verraten mir, dass er geweint hat. Es schmerzt mich, ihn so zu sehen.
"Grace, verschwinde! Ich will dich nicht hier haben" Er sieht mich so wutentbrannt an, dass mir ein kalter Schauer über den Rücken läuft.
"Wie kannst du so etwas sagen?"
"Weil ich es so meine, ich will dich nicht hier haben. Du sollst endlich aus meinem verdammten Leben verschwinden! Lass mich endlich allein" schreit er.
"Sebastian, ich kann verstehen, was du gerade durchmachst, aber du kannst nicht immer wild um dich schlagen! Nicht, nach allem was passiert ist. Du musst endlich damit aufhören."
"Du kannst mich verstehen?" Er lacht bitter auf, "Du hast keine Ahnung! Von Nichts!"
"Ich hab keine Ahnung? Ich habe immer wieder mein Leben riskiert, um dir und Anne zu helfen. Ich habe meine Freunde belogen für dich" Jetzt werde auch ich lauter.
"Soll ich dir jetzt dankbar sein? Ich habe dich nicht dazu gezwungen."
"Aber du hast mich gefragt. Und ich habe dir geholfen, weil du mein Freund bist und weil ich dachte, dass wir-"
"Dass wir was?" unterbricht er mich. Mein Blick wandert automatisch zu seinen Lippen. Nur einen kurzen Moment, aber er hat es gesehen. "Dachtest du, dass wir jetzt zusammen sind? Wegen einem Kuss? Das ist lächerlich."
Seine Worte schmerzen mich. "N-Nein" stottere ich.
"Es hat nichts bedeutet. Ich war gelangweilt und du warst da."
Tränen schießen mir in die Augen und ich drehe meinen Kopf zur Seite, damit er nicht sieht, wie sehr er mich verletzt.
"Sebastian, ich weiß, dass du verletzt bist-" probiere ich nochmal, doch erneut fällt er mir ins Wort.
"Ich sage das nicht, weil ich verletzt bin, Grace. Ich sage es, damit du mich endlich in Frieden lässt! Du bist Schuld daran, dass ich Anne nicht retten konnte" wirft er mir vor und es ist, als würde die Welt stehen bleiben.
"Was?" frage ich erschüttert.
"Du hast meine Zeit verschwendet. Ich dachte, du könntest Anne helfen mit deiner bescheuerten Magie. Aber du konntest es nicht, weil du zu schwach bist. Am Ende hast du mich nur Zeit gekostet. Wertvolle Zeit, die ich damit hätte verbringen können, nach anderen Möglichkeiten zu suchen, um sie zu heilen!"
Ich kann nicht fassen, was er da sagt. Ich habe alles getan, um ihm zu helfen. Ich habe nach Ranrok diese Magie in mich aufgenommen und damit sowohl Professor Fig als auch die Hüter betrogen, weil ich Ihnen versprochen habe, diese alte Magie zu beschützen. Nach allen Prüfungen, nach allem was mir von Isadora gezeigt wurde, habe ich das Risiko auf mich genommen, nur um Sebastian die Möglichkeit zu schenken, Anne vielleicht doch noch zu heilen. Aber es hat nicht funktioniert. Ich konnte es nicht tun.
Er starrt mich an, doch es kommt mir fast vor, als würde er durch mich hindurchsehen. "Ich wünschte, ich hätte dich nie kennengelernt. Ich wünschte mir wäre dein ganzer Scheiß erspart geblieben." Und dann sagt er drei Worte, die sich für immer in mein Herz eingebrannt haben. "Ich hasse dich."
Das waren die letzten Worte, die Sebastian Sallow an mich gerichtet hat. Das war das letzte Mal, dass ich den Jungen, der einst mein bester Freund war, gesehen habe. Bis er Hogwarts schließlich verlassen hat und dabei einen Teil meiner Seele mitgenommen hat, den ich wohl nie wieder bekommen werde.
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Between the two of us - Sebastian Sallow x MC
FanficDas siebte Schuljahr in Hogwarts beginnt. 2 Jahre nachdem Grace Ranrok im Kampf besiegt hat, verfolgt sie noch immer das Trauma ihres ersten Jahres in Hogwarts. Es scheint als hätte sie keinen Schritt vorwärts gemacht seitdem. Bis sie ihre Vergangen...