𝑪 𝑯 𝑨 𝑷 𝑻 𝑬 𝑹 1| 𝑵𝒆𝒖𝒂𝒏𝒇𝒂𝒏𝒈

507 40 52
                                    

Elaine

Für mich war immer klar, dass ich später an einer Universität studieren möchte. Für meine Eltern war es immer wichtig, dass jemand, der meinen Namen hört, an eine erfolgreiche Geschäftsfrau denkt. Als wir darüber sprachen, was ich studieren möchte, hatten wir ziemlich unterschiedliche Vorstellungen. Sie wollten, dass ich Marketing studiere, aber mein Traum war es, Geisteswissenschaft zu studieren. Seit mir die Buchstaben beigebracht wurden, lese ich gerne und verliere mich immer wieder darin.

Nach vielen Gesprächen respektierten sie meine Entscheidung, stellten aber klar, dass ich nicht mehr das Recht habe das Unternehmen zu übernehmen. Obwohl ich nie das große Bedürfnis dazu hatte, habe ich auch nie erwartet hatte, dass sie dies tun würden.
Am Ende meines Abschlussjahres in der High School hatte sich viel verändert, womit meine Schwester und ich nie gerechnet hätten.

Auch wenn ich immer noch in derselben Stadt geblieben bin, fühlt sich alles neu an. Die Universität von Washington in Seattle war schon seit Jahren mein Ziel, dort Geisteswissenschaften studieren zu können und dabei nicht am anderen Ende von meiner Familie zu sein ist wirklich verlockend.
Ich war echt froh so kurzfristig noch eine Wohnung zu finden die bezahlbar ist. Es ist ja nicht so als wären auf den Konten meiner Familie mehrere Millionen zu sehen, aber Sage und ich bekommen davon nur einen kleinen Teil. Vor allem, nachdem ich angekündigt habe, dass ich nicht das studieren werde, was meine Eltern von mir erwarteten, legten sie neue Bedingungen fest.

1. Ich werde keinen Anspruch als Geschäftsführerin von dem Familienunternehmen haben.
2. Sie bezahlen das Studium, aber nicht meine Wohnsituation.
3. Mein Monatliches „Taschengeld" ist geringer, als es eigentlich sein sollte, sobald ich zum Studium gehe.

Es gibt wirklich schlimmeres. Als ich mit meinen Eltern und Sage am Tisch saß war ich eher erstaunt darüber, dass die beiden sich einigen konnten und niemand geschrien hat.
Meine Mutter konnte mich heute wegen eines Meetings nicht begleiten, genauso wie mein Vater. Also hat sich Sage angeboten mir beim Einzug in die Wohnung zu helfen und um ehrlich zu sein, ist mir das eh lieber.

„Wie viele wohnen in der Wohnung?"

„Bei der Anzeige stand, dass dort vier wohnen werden."

In dem Moment, wo ich das sage sehe ich auch schon das Gebäude vor mir. Das Navi sagt, dass wir unser Ziel erreicht haben und als Sage eingeparkt hat, sitzen wir beide still da und genießen die Ruhe. Zuhause war es in letzter Zeit alles andere als ruhig und ich mache mit Gedanken darüber, ob Sage das alleine durchstehen wird.

„Ich werde dich vermissen, Laine."

„Ich dich auch, aber ich hoffe du weißt, dass meine Telefonnummer die erste ist sie du wählst, wenn etwas passiert. Ich kann nicht bei dir sein, aber ich werde sofort zu dir kommen, wenn es nötig ist. Verstanden?"

"Mhm, ja. Wie wäre es, wenn wir jetzt endlich dein Zimmer angucken gehen?"

Mit diesen Worten steigen wir beide aus dem Auto und nehmen mein Gepäck aus dem Kofferraum. Da es kein Fahrstuhl gibt, müssen wir mit dem Gepäck die Treppen nehmen. Bei solchen Momenten bin ich echt froh wenigstens hin und wieder Sport zu machen. Trotz dessen sind wir beide total aus der Puste vor der Tür zu dem Apartment angekommen.

„Bist du bereit?" fragt mich Sage lächelnd.

„Immer."

Wir Klopfen an und wenig später macht ein blondes Mädchen uns die Tür auf.

„Hey, du müsstest Elaine sein richtig? Ich bin Sierra."

„Hey, ja ich bin Elaine und das ist Sage meine Schwester."

„Schön euch kennenzulernen, kommt doch rein. Die Vermieterin ist auch schon da, dort musst du den Vertrag unterschreiben."

Das Apartment ist wirklich wunderschön, modern, aber auch persönlich gestaltet. Wir stehen gerade an der Küchentheke, als eine andere Person aus einem Zimmer kommt.

„Hallo, ich bin die Terra, die Vermieterin. Es ist mir Vergnügen dich kennenzulernen. Das ist der Vertrag, du kannst ihn dir erstmal in Ruhe durchlesen und dann unterschreiben. Das mit der Miete klärt ihr unter euch, für mich ist nur wichtig, dass ich mein Geld pünktlich bekomme."

„Ja, selbstverständlich."

Ich lese gerade den Vertrag durch, während Sierra etwas aus dem Kühlschrank holt.

„Ich habe Kuchen geholt, Beatrix und ich dachten, dass ihr eventuell Hunger habt."

Beatrix habe ich noch nicht gesehen aber auch die dritte Person nicht.

„In der Anzeige stand, dass hier vier Personen insgesamt wohnen werden. Wo sind die anderen 2?"

Sierra schneidet gerade den Kuchen auf und ich unterschreibe den Vertrag, da ich alles gelesen habe und die Bedingungen übereinstimmen, mit dem was ich eh schon wusste.

„Beatrix ist in einem Modegeschäft arbeiten und Avery wird genau wie du, heute erst hier einziehen."

Ich nicke ihr lächelnd zu und Terra nimmt den Mietvertrag und legt ihn in einen Ordner.

„Ich verabschiede mich dann mal, es warten einige Termine auf mich."

Wir verabschieden uns alle und somit sind nur noch Sage, Sierra und ich in dem Apartment. Wir setzen uns an den Esstisch und fangen an uns zu unterhalten. Mittlerweile weiß ich, dass Sierra Medizin studiert und schon 3 Jahre geschafft hat. Sie ist in Kalifornien aufgewachsen und dann später mit ihrer Familie nach Seattle gezogen aufgrund der Arbeit ihres Vaters.

„Und Beatrix studiert seit 4 Jahren Wirtschaftswissenschaften und hat somit nur noch 1 Jahr, dann hat sie ihr Studium abgeschlossen. Im Gegensatz zu ihr muss ich noch mindestens 4 Jahre studieren."

Sierra atmet laut aus und ich berichte ihr davon, dass ich Geisteswissenschaften studiere, um ein Vorteil im Bereich von Literatur habe. Sage sitzt neben mir und bringt sich hin und wieder ins Gespräch mit rein.

3 Stunden später

Mittlerweile ist auch Avery angekommen. Sie ist sehr sympathisch, genau wie alle anderen. Auch Beatrix ist vorhin von ihrer Arbeit gekommen. Wir haben einiges an Organisatorischen geklärt, jetzt kochen Sierra und Avery zusammen.

„Es war wirklich schön euch kennenzulernen, ich denke meine Schwester ist bei euch gut aufgehoben."

Sage verabschiedet sich von den anderen und dann gehen wir zusammen nach unten zu ihrem Auto. Die Luft ist warm mit leicht kühlem Wind. Am Himmel sind unendlich viele Sterne zu sehen und auf der Straße fahren einige Autos an uns vorbei.

„Elaine, ich weiß, dass du immer für mich da sein willst aber denk bitte auch daran, dass ich auch für dich da sein will. Wenn etwas passiert, ruf mich an oder wenn etwas Spannendes passiert, sag mir was. Ich werde dich unglaublich vermissen, wir haben unser ganzes Leben bis jetzt zusammen verbracht. Und auch wenn es schwer ist dich gehen zu lassen, weiß ich, dass du es verdient hast. Elaine, du hast hart für diese Chance gearbeitet und ich bin so stolz, dass du es geschafft hast."

„Sage, ich werde dich auch vermissen. Sehr sogar. Deine Stimme ist oft sehr nervig, aber jetzt werde ich sie vermissen."

Wir umarmen uns und Tränen fließen meine Wangen entlang. Ich weiß nicht, wie lange wir so dastehen. Aber als Sage sich langsam löst, in den Wagen steigt und mir zu winkt, schaue ich sie mit verweintem Gesicht an und weitere Wasserperlen sammeln sich auf Sages Gesicht.

„Ich habe dich lieb, Laine."

„Ich dich auch."

Nach diesen Worten ist sie weg und die Leere in meiner Brust macht sich bemerkbar. 

𝐅𝐚𝐥𝐬𝐞 𝐭𝐫𝐮𝐭𝐡𝐬Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt