Im Winter hatte der Schnee den Schein des Mondes über weite Flächen gespiegelt. Nun im Frühling, verschluckte der dichte Wald jedes Licht der Nacht. Weite, schwere Decken aus Laub hatten sich durch das Geäst verteilt und zu einer dunklen Masse verwoben.
Das Land erwachte zu neuem Leben und eine Gestalt floh zwischen aufkeimenden jungen Pflanzen, um das ihre nicht an die Jäger zu verlieren. Sie klammerte einen in Tücher geschlungenen Schatz an sich, während ihr Mantel flatterte und ihre Schritte über den Boden sprangen. Hinter ihr folgte der rote Fackelschein in rasantem Rauschen. Wellen aus Licht, die sich durch die Finsternis des Waldes warfen und gegen breite, hohe Bäume brandeten. Die brüllende Gischt ersetzt von den Rufen der Verfolger, von dem Klirren der Waffen und dem Fauchen ihrer Pfeile.
Die Gejagte drehte den Kopf, eine Kapuze rutschte herab. Orange Schatten zupften an weißem, wildem Haar und durch die Zeichnung auf ihrem Gesicht zog sich ein mattes Schimmern. Sie bleckte die Zähne und krampfte die Finger um das wertvolle Gut vor ihrer Brust. Hunde bellten und vorauseilende Pfoten knisterten über den dicht bewachsenen Untergrund. Stolpernd hastete sie durch das unwegsame Gelände. Hin zu einem umgefallenen Baumstamm, dessen morsche Rinde unter ihren Stiefeln knirschend krümelte. Sie schlitterte über feuchten Boden, rutschte hinter einen Felsen und stemmte eine Hand gegen die raue, graue Wand, um sich zu halten. Um Luft in die brennenden Lungen zu saugen und das angestrengte Zittern ihrer Glieder zumindest für einen Moment zu beruhigen.
Hechelnd sprangen die Hunde ihrer Fährte nach. Die Zähne gefletscht und tropfender Geifer des Jagdtriebs an ihren Schnauzen. Kaum um den Felsen geprescht, gerieten die Tiere in knurrendes Wanken. Ihre Beute hob die Hand und hielt sie ihnen entgegen.
„Anuuana!", keuchte sie unter angestrengtem Atem. Die Hunde hoben zitternd ihre Lefzen. Sie verengten dunkle Augen und sträubten das Fell in ihrem Nacken. Knurren vibrierte durch ihre Kehlen. Doch ihre Ohren zuckten und sie beobachteten lauernd, statt anzufallen und zu zerfetzen. „Oonah créi din! Anuuana!", wiederholte sie eindrücklich. Ihre Hand blieb ausgestreckt vor ihnen, die Hunde winselten verwirrt und verließen die geduckte Haltung, um zu ihr aufzublicken. Unsicher, hin und hergerissen zwischen dem wozu sie ausgebildet worden waren und dem, was der Klang ihrer Sprache, der Sinn ihrer fremden Worte, in ihnen auslöste.
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Motten zum Licht
FantasySich rebellisch zu verhalten ist das eine, eine wahrscheinlich gefährliche und nicht ganz menschliche Dämonin bei sich zu verstecken, etwas ganz anderes. Doch genau damit beginnt ein Abenteuer, mit dem die junge von Vorschriften erdrückte Lady nie g...