Band 2

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Als ich das Gefühl hatte, sie würden mich nicht mehr finden, hielt ich am Straßenrand und stellte das Navi ein. Mein erster Gedanke, nachdem ich mich gesammelt hatte, war Lucas. Bei ihm würde ich mich sicherer fühlen als bei meiner Mutter. Er trug nicht denselben Namen wie wir und deshalb ging ich davon aus, dass Alejandro ihn nicht so einfach finden würde.

Mit Wut im Bauch raste ich mit dem Luxusschlitten durch die Stadt und war froh darüber, dass ich immerhin das Rot der Ampeln wahrnehmen konnte.

Meine Finger zitterten, als ich den Motor abstellte und unsicher zu Lucas Haus blickte. Für einen Moment überlegte ich mir erneut, ob ich ihm tatsächlich mit in die Sache reinziehen sollte. Doch eine andere Möglichkeit blieb mir nicht.

Hastig stieß ich die Tür auf und sprang aus dem Wagen, ehe ich auf das Haus zustürmte. Ich hoffte, dass seine Mutter nicht zuhause war, denn sie hatte eine zarte Seele und das, was ich durchgemacht hatte, sollte sie nicht mitbekommen.

Kräftig klopfte ich an die Tür. »Lucas!«

Nur Sekunden später wurde die Tür aufgerissen, bevor ich sein Gesicht sah und erkannte, dass er die Augen weitete.

»Wo zum Teufel warst du?«, schrie er, zog mich jedoch zeitgleich an sich. So fest, dass ich schier keine Luft bekam. Lucas hämmernder Herzschlag verriet mir, dass er sich Sorgen gemacht hatte und ohne dass ich es wollte, fing ich zu schluchzen an.

»Was ist los, Kleines?«, fragte er.

Langsam hob ich den Kopf, ehe ich bemerkte, ihn nur noch verschwommen zu erkennen.

»Ich bin so erleichtert. Du kannst dir nicht vorstellen, was für schreckliche Tage ich hinter mir habe ...«, hauchte ich wimmernd und griff fester in sein schwarzes Shirt.

»Komm erst mal rein, Süße.« Besorgt sah Lucas mich an und zog mich fast im selben Augenblick ins Haus. Auf dem grünen Sofa nahmen wir Platz, bevor ich in seine grünen Augen blickte und sofort bemerkte, er war genauso nervös wie ich selbst.

»Wo zum Teufel warst du denn?«, fragte er, weshalb ich tief Luft holte, denn ich wusste, ich würde ihn mit meiner Antwort in Gefahr bringen. Einen Moment starrte ich ihn an und überlegte, ob ich ihm die Wahrheit sagen sollte.

»Ich wurde entführt«, hauchte ich, in Sorge, jemand anderes als er könnte es gehört haben. Doch selbst die Sorge hielt mich nicht davon ab, ihm alles zu erzählen. Schluchzend wich jeder Augenblick der letzten Tage aus mir heraus, während ich seinen Gesichtsausdruck genau analysierte.

Als ich zum Schweigen kam, bemerkte ich, dass seine Augen geweitet waren. Ich sah Lucas den Schock deutlich an, wusste aber nicht, wie ich ihm diesen nehmen konnte. Vor allem, da ich selbst noch unter Schock stand.

Meine Augen fuhren zu seinem Kehlkopf, als dieser sich bewegte und ich erkannte deutlich, er hielt Luft in seiner Lunge gefangen.

In seinen Augen hauste immer mehr Unsicherheit.

»Er sucht nach dir, oder?«, fragte er.

»Mit Sicherheit«, antwortete ich ehrlich. Zeitgleich dachte ich an Ales Blick, der dafür sorgte, dass ich die Fingernägel in meine Haut rammte. Lucas schien ebenfalls an meine Beschreibung zu denken, denn er fuhr sich nervös mit der Hand durchs Haar.

»Es tut mir so leid, dass ich dich da mitreingezogen habe«, flüsterte ich und wusste, mit der Mafia war nicht zu spaßen. Und mit Alejandro sowieso nicht.

Doch wo hätte ich sonst hinfahren sollen? Bei meiner Mutter hätte Alejandro mich, durch den Familiennamen sicher schneller gefunden. Und wenn meine Mom nicht wusste, wo ich war, tat er ihr hoffentlich nichts an. Da Lucas zitterte, wusste ich, er hatte Angst. Aus diesem Grund hoffte ich, er erkannte das schlechte Gewissen, welches in mir hauste.

LESEPROBE // Alejandro & Aria RodriguezWo Geschichten leben. Entdecke jetzt