Drive Into Love ❤

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Es war dunkel und regnerisch, als der lange, knallrote Bus durch die Nacht Londons fuhr. Er hielt alle paar hundert Meter an, die Türen öffneten sich und spuckten Rentner, junge Paare, gestresste Arbeitende, überforderte Mütter mit ihren laut schreienden Babys, betrunkene Jugendliche, etc heraus. Nur selten stieg jemand um diese späte Stunde in das überhitzte Fahrzeug.

Ein junger Mann mit einem strahlenden Grinsen, einer Brille auf seiner Nase und etwas müdem Blick fuhr den Bus. Sein Name war Louis, er war waschechter Londoner und wollte seit er sieben Jahre alt war Touristenführer werden. Wahrscheinlich machte das Unterhalten einer großen Menschenmasse und das ständige Vorzeigen seiner geliebten Heimatstadt den Beruf für ihn so attraktiv. Louis liebte es Kontakte zu knüpfen und sich selbst zu präsentieren, er war ein allzeit fröhlicher und manchmal zu überdrehter Mensch.

Doch wer brauchte heutzutage in Zeiten des Internets und irgendwelcher superschlauen Reiseführer-Apps noch einen lebendigen, zu bezahlenden Touristenführer?

Es waren zu wenige, die nicht auf Wikipedia, GoogleMaps und Siri vertrauten und demzufolge wurden auch nur wenige Reisebegleiter benötigt. Diese waren dann meistens doppelt so alt wie Louis (er war 26) und ihre Erzählungen handelten von so langweiligen Dingen, dass noch mehr Menschen doch lieber zum Handy griffen.

Louis hatte also schließlich aufgegeben seinem Wunsch nachzugehen und sich stattdessen als Busfahrer beworben. Er hatte die benötige Ausbildung absolviert und war relativ zufrieden damit. Er sah jeden Tag neue Menschen, lauschte ihren Gesprächen und lernte komplett neue Menschentypen kennen. Er unterhielt sich zwar nur wenig mit ihnen, doch es war in Ordnung für ihn. Wenn er unbedingt mit jemanden reden wollte, hatte er noch immer seine übergroße Familie und seine zahlreichen Freunde.

Lächelnd hob Louis seine Hand, als eine junge Mutter mit ihrer Tochter ausstieg. Das Mädchen winkte ihm breit grinsend zu, sodass eine Zahnlücke zu sehen war. Die Türen schlossen sich wieder und Louis seufzte. Er liebte Kinder, hatte es schon immer, doch er wusste auch, dass er nie Vater werden würde. Er war schwul, sodass ihm nur die Optionen einer Leihmutter und der Adoption blieben, doch Louis hatte ja noch nicht einmal einen Freund und vielleicht sollte er darauf warten, bevor er mit der Familienplanung begann.

Er drückte auf das Gas, stellte die Scheibenwischer schneller ein und fuhr bis zur nächsten Station. Ein Blick in den Rückspiegel zeigte ihm, dass nur noch zwei Personen im Bus saßen; ein Musik hörender Teenager, der irgendetwas auf seinem Handy herumtippte, und eine müde aussehende Frau mittleren Alters. Sie stiegen beide an der nächsten Haltestelle aus und er befand sich alleine im Bus. Das passierte nicht selten, da er nur Nachtschicht fuhr, und auf seiner Strecke keine einzige Straße lag, die Menschenmassen auch nachts anzog. Wenn man es so sah, fuhr Louis eigentlich die langweiligste, unnötigste Linie.

Gähnend lenkte er das Fahrzeug zur nächsten Haltestelle, vielleicht stieg ja doch noch jemand ein. Sein Blick fiel auf das Mikrophon, das ein Stück über seinem Kopf befestigt war. Er hatte es noch nie benutzt, da man ihm untersagt hatte, es ausserhalb von speziellen Fällen zu nutzen. Falls zum Beispiel ein Kind auf den Sitzplätzen hüpfen würde, müsste Louis es über das Mikrophon auffordern, sich still hinzusetzen.

Grinsend hob Louis sein Hand und führte den Lautsprecher zu seinen Mund, dann betätigte er einen Knopf, um das Gerät einzuschalten.

"Guten Abend, meine sehr geehrten Damen und Herren!", rief er theatralisch und kicherte leise, als er bemerkte, dass das komplette Fahrzeug von seiner Stimme eingenommen wurde. "Ich bedauere es zutiefst Sie nur durch diese einsamen, uninteressanten, wenn nicht sogar langweiligen Straßen führen zu müssen. Vielleicht sollten wir trotzdem versuchen diese Fahrt so gut zu genießen wie es denn eben möglich ist."

Drive Into Love || L.S. OSWo Geschichten leben. Entdecke jetzt