Kapitel 10

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Reo


Noch immer machte mein Herz Freudensprünge. Seit Tagen bekam ich das Grinsen nicht aus dem Gesicht und hatte das Gefühl Nagi noch näher zu sein, als wir es vorher schon waren.
Das der Ausflug zum Meer nun nicht mehr ein Luftschloss war, sondern wirklich bevor stand schweißte uns zusammen. Pläne zu schmieden, die wirklich stattfinden würden, war so surreal und gleichzeitig greifbar, dass ich gar nicht damit aufhören konnte. Gelegentlich bremste Nagi mich dabei. Er war noch etwas rationaler als ich, aber dass er sich freute konnte er auch nicht abstreiten.

Seine Emotionen trug der Weißhaarige zwar nicht so stark nach Außen, wie man es von anderen Teenagern in unserem Alter gewohnt war, doch meisterte ich es immer mehr ihn zu lesen.
Das lag wohl auch daran, dass Nagi der Mensch war, mit dem ich mit Abstand am meisten Kontakt hatte!
Meine Klassenkammeraden kommentierten dieses Phänomen bereits seit dem wir uns angefreundet hatten, doch mittlerweile wurden die Fragen immer stichiger. Was da lief und warum ich nur noch mit Seishiro abhing. Doch hatte ich weder das Bedürfnis ihnen Antwort zu stehen, noch die wirklich ideale Antwort parat.

Es fühlte sich einfach gut an.


So gut, dass die Zeit regelrecht verflog und ich mit 3 gepackten Koffern im Flur unseres Appartements stand.
Noch etwas skeptisch, ob ich wirklich alles bräuchte begutachtete ich meine Auswahl, die ich seit einigen Tagen immer wieder neu gepackt hatte. Es war völlig neu für mich, so eine Art Ausflug anzutreten, beziehungsweise lag das letzte Mal so viele Jahre zurück, dass meine Mutter damals noch das Packen für mich übernahm.
"Wirklich drei Koffer?" kritisierte genau diese. Zwar hatte sie diesem Ausflug als Erste zugesagt, doch das sie sich noch nicht ganz wohl mit der Situation fühlte war ihr deutlich ins Gesicht geschrieben.
Ich folgte ihrem Blick und zuckte leicht mit den Schultern, "Ich denke, darin ist alles was man brauchen könnte.", erklärte ich. Erhielt dann ein Kopfschütteln als Antwort, während meine Mutter bereits panisch zu ihrem Handy griff, "Dann bestelle ich euch doch einen Fahrer! Du kannst doch nicht drei Koffer schleppen! Dann kippst du mir ja um, bevor du den Zug überhaupt erst betreten hast. Ganz zu schweigen davon, dass es lauter gefährliche Kofferdiebe gibt. Allein ohne Inhalt sind deine ja schon ein Vermögen wert." wetterte meine Mutter immer aufgebrachter vor sich hin, bis ich derjenige war, der sie beruhigte. Vorsichtig senkte ich ihren Arm, in dem sie ihr Handy hielt und versuchte mit einem Lächeln ihre Aufregung verpuffen zu lassen.
"Dann beschränke ich mich doch nur auf einen Koffer, in Ordnung?" bot ich leise an und erhielt ein stummes Nicken ihrerseits. 
Vielleicht hatte ich doch die Ausmaße des Ausfluges etwas überschätzt, oder sollte zumindest Kompromisse eingehen, damit dieser wirklich wie geplant stattfand.

Unter dem wachsamen Auge meiner Mutter, packte ich die wichtigsten Notwendigkeiten in den größten der drei Koffer, unsicher ob es nicht doch noch zu viel war. Doch haben war für gewöhnlich besser als brauchen. 
Nachdem der Reißverschluss des großen, schwarzen Koffers geschlossen und somit der schwerste Part beendet war, folgte erneut eine Checklisten Abfrage meiner Mutter:
"Deinen GPS Sender sowie den Notfall Pager hast du immer bei dir, wenn ihr irgendwelche Probleme haben solltet, eure Pläne sich ändern oder ihr früher zurück wollt - ruf bitte direkt an. Notfallset sowie deine Medikamente sind im Koffer, vergiss das nicht Reo."

All die Sachen die sie mir schon die letzten Tage immer wieder predigte.
Doch wenn ich dafür kurzweilige Freizeit erlangen würde, würde ich es mir zumindest ein letztes Mal ohne die Augen zu verdrehen anhören.

"Und du möchtest wirklich nicht, dass wir dich zum Bahnhof begleiten?" fragte sie zum wahrscheinlich dreihundertsten Mal nach. Doch bevor mir ein Seufzer entweichen konnte, gesellte mein Vater sich mit einem trockenen Lächeln dazu und legte meiner Mutter eine Hand auf die Schulter.
"Ich denke, Reo wird das schon schaffen Schatz." er war es nun, der meine Mutter versuchte zu beruhigen und mir kurz zunickte. "Er ist ja kein kleiner Junge mehr und die beiden Jungs schaffen das schon. Und für den Notfall ist doch alles geklärt." sprach er das aus, was in meinem Kopf bereits kreiste.

I want you to know but I don't want to tell youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt