Kapitel 21 - Heilende Hände

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Überall lagen Tote

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Überall lagen Tote. Auf den Mauern und unter Ruinen, auf den Straßen zuhauf. Robins Sinne drehten sich wie ein Kreisel. Wie in Trance griff er nach den Pfeilen. Anlegen, Zielen, Schießen. Anlegen, Zielen, Schießen. Als die Stadt Akkon sich endlich ergab, hallten Jubelschreie durch die Straßen. Da standen sie, die Männer mit dem Kreuz auf den Wappenröcken und trieben die Gefangenen durch ihre zerstörte Heimat wie herrenloses Vieh.

Robin wankte zwischen den Männern durch die Straßen. Alles zog wie in Zeitlupe an ihm vorüber, wirkte fern und doch so nah, dass sein Herz beim Anblick zersprang wie zu dünn geblasenes Glas. Gelächter der Männer. Wein, der in Unmengen floss. Die höhnischen Fratzen, während sie über Frauen herfielen, Kammern bis auf den letzten Krümeln plünderten oder an Feuern anstießen.

Falsch. Das alles war so unglaublich falsch.

Plötzlich drang ein Laut an sein Ohr, der sich zwischen allem anderen hindurchdrängte: Schreie, dann drückende Stille. Robin verharrte im Stand, die Augen geweitet und in blankem Entsetzen auf das Bild vor ihm gerichtet.

Pfeile flogen. Schwertspitzen bohrten sich durch Leiber, die sich krümmten und wanden. Voller gehässigem Gelächter band man Seile und Taue an Häuser und warf die Menschen einfach hinunter, dass sie zu Massen an den Mauern hingen. Blut, überall so viel Blut.

„NEIN!"

Er stürzte nach vorn, um einem Mann in den Bogen zu greifen - doch zu spät. Der Pfeil flog, zusammen mit denen der anderen. Das Surren dröhnte wie in einem Bienenstock in seinen Ohren. Frauen, Kinder, Burschen, Alte... tot.

Robin schrie, während Hände nach ihm griffen. Sie zerrten an ihm, rissen ihn nieder.

„Robin!"

Nur langsam kämpfte sich sein Verstand aus diesen blutigen Wellen nach oben. Die Schemen der Gefangenen und Soldaten fielen ab, das Bild von Akkon zerfloss und wich den Hüttenwänden aus Holz.

„Robin! Wach auf. Beruhige dich. Es war nur ein Albtraum."

Robins Brust hob und senkte sich in schweren Atemzügen. Das Erste, was er wahrnahm, war der Kräutergeruch, anstelle dem der Verwesung. Zunehmend schärfte sich das Bild um ihn herum und sein wild schlagendes Herz verstand, dass er sich in den Fängen eines Traumes befunden hatte. Ein Traum... und eine Erinnerung.

„Marian?" Seine Stimme war schwach, aber bestimmt. Sein Blick glitt umher und suchte nach Halt in der Realität. Auf dem Tisch häuften sich Bündel von irgendwelchem Grünzeug, Schalen und Becher. Über ihm lag eine andere Decke als die seine und ein resoluter Griff drückte ihn zurück in das Bett. Verwirrung löste die Schwere der Erinnerungen ab. „Marian? Was tust du hier?"

In dem zarten Gesicht wanderte eine der geschwungenen Augenbrauen in einem Hauch von Entrüstung höher. „Was ich hier tue?", wiederholte Marian und gab dann ein leises Schnauben von sich, während sie ihm ein feuchtes Tuch auf die Stirn legte. Robin konnte es sich nicht verkneifen, unter der willkommenen Kühlung leise zu seufzen. „Ich war die letzten Tage immer hier. Erinnerst du dich nicht?"

„Nein", musste Robin kleinlaut eingestehen.

Irrte er sich, oder sah er einen Hauch von Enttäuschung in ihren Zügen? Doch wie er aufgetaucht war, verschwand er bereits wieder. Marian reichte ihm einen Becher mit Wasser, den er dankend annahm und gierig in wenigen Zügen leerte.

„Du hattest Fieber. Die Wunde an deinem Bein hatte sich entzündet", erklärte ihm Marian indessen geduldig und deutete mit einem leichten Nicken ihres Kinns in Richtung des angesprochenen Beins. Noch immer pochte der Schnitt, der ihm von dem Wachmann in den Kerkern der Burg beigefügt wurde, aber der ziehende und brennende Schmerz war verglommen.

„Warte... DU hast mich versorgt?" Robin starrte ungläubig Marian an.

Erneut zeigte sich so etwas wie leicht gekränkter Stolz in Marians Ausdruck. Sie verzog die Lippen und kleine Funken sprühten in ihren Augen, wie es schon früher der Fall gewesen war, wenn die Jungs sie geneckt hatten.

„Du bist ungewöhnlich frech, dafür, dass du eben noch gejammert hast", gab sie zurück.

Nun war es an Robin, das Gesicht zu verziehen. Ein Punkt für Marian.

„DU kannst von Glück sprechen, dass ich bei der Mutter Oberin im Kloster von Welbeck Abbey genug über Heilkunde gelernt habe, um dir zu helfen." Ein leichtes Lächeln flog über ihre Mundwinkel, welchen den gerechten Stolz dahinter nicht verbergen konnte. „Ich musste die Wunde erneut öffnen und reinigen. Aber die Heilpasten und Umschläge mit Wegerich, Kamille und Honig haben schnell geholfen. Die Wunde sieht schon sehr viel besser aus und dein Fieber ist gesunken. In einigen Tagen kannst du mir sicherlich wieder Ärger bereiten."

Sie erhob sich und wandte ihm den Rücken zu, um durch das Laken am Eingang das Zimmer zu verlassen, um wenig später mit einer Holzschüssel zurückzukehren.

Sie reichte ihm jene, zusammen mit ein wenig Brot. „Robin. Was auch immer im Krieg vorgefallen ist" Marian suchte nach den richtigen Worten und legte eine Hand vorsichtig auf seine Schulter. Offenbar hatte er im Schlaf gesprochen. Robin knirschte leise mit den Zähnen, weil sein Stolz unter dieser Offenbarung litt. „Du bist nicht mehr dort. Du bist jetzt wieder hier. Und Du bist nicht allein."

Robin hob den Blick und begegnete einem so sanften, mitfühlenden Ausdruck in ihren Augen, dass jeder Gedanke zerfaserte. Robin glaubte, in ihren Augen die Spiegelung seiner eigenen Schmerzen zu erkennen. Doch ihm fehlte die Kraft und der Mut, nach dem Ursprung dieses Verständnisses zu fragen.

„Danke", meinte Robin leise und meinte damit nicht nur das Essen.

Marian schwieg einen Moment, dann nickte sie leicht. „Schon gut." Sie richtete sich auf und trat an den Tisch, um nun dort auf dem wackeligen Stuhl Platz zu nehmen. Um die beklemmende Stimmung ein wenig zu heben, beschloss sie, das Thema zu wechseln. „Ich konnte nicht zulassen, dass du am Ende noch an einer Blutvergiftung entschläfst oder gar das Bein verlierst. Immerhin brauche ich dich noch, Hood. Aber du solltest bei der nächsten Gelegenheit dringend baden. Ansonsten kann der Sheriff dich bald anhand deines Gestankes finden."

„Selbst in diesem Zustand, könnte ich dem Sheriff sicher noch das Handwerk legen." Robin lachte leise und rau, während er sich etwas aufsetzte. Sein Bein fühlte sich wirklich viel besser an. Der Eintopf in der Schüssel dampfte leicht und kleine, weiße Kringel stiegen davon auf. Er erkannte Möhren und sogar ein wenig Fleisch darin und spürte seinen Magen knurren, als wollte er ihn zur Eile antreiben.

„Ziemlich große Worte", stellte Marian fest und der Ausdruck in ihrem Gesicht wurde ein wenig ernster. „Ich bin aus einem Grund zu dir gekommen, Robin."

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Die Königin von Pfeil & Bogen ᴮᵃᶰᵈ¹Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt