Kapitel 34 - Von vergangenen Tagen

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„Vater schickte mich ins Kloster

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„Vater schickte mich ins Kloster. Die Nähe zu Gott, die Gebete und die Schwestern um mich herum sollten meinen Schmerz heilen. Aber es gibt Wunden, die Gott nicht heilen kann, oder will. Ich habe mich noch nie so schrecklich einsam gefühlt."

Robin war ganz still. Die ganze Zeit, während sie erzählte. Aber sein Herz war das nicht.

„Deshalb stiehlst du und gibt es den Armen", flüsterte er gegen das rote Haar. Seine Finger strichen über ihren Schopf, streichelten über ihren Nacken und hielten das weinende Mädchen fest in seinen Armen. Für Robin roch Marian nach... Regen. Nicht nach Gewitter oder schwarzen Wolken, nicht nach Sturm oder Donnergrollen. Sie roch nach den Momenten, wenn ein leichter Schauer über weite Blumenwiesen zog. Nach Hoffnung, nach wilden Winden und der Mischung von Frische und Blüten. Es war beruhigend - und das konnte er gerade ebenso brauchen, wie Sie. Auch deshalb atmete er den Duft tief ein und schloss sie enger in den Arm.

„Ich habe es ihr geschworen", raunte Marian leise. Ihre Stimme stolperte wie ein Bach über schwere Steine, die seit langer Zeit ihr Herz beschwert hatten. „Gillian ist gestorben. Für diesen Wunsch, dieses Ideal. Und sie hatte recht: Manche von uns haben so viel, andere so wenig. Hast du gesehen, wie glücklich die Menschen waren? Deswegen hat Gillian es getan. Deswegen tue ich es. Und wenn das Gesetz es uns nicht erlaubt zu helfen..."

„... dann brechen wir eben das Gesetz", beendete Robin und löste die Umarmung so weit, Marians Schultern in die Hände nehmen zu können. „Du bist eine sehr ungewöhnliche, ausgesprochen sture und äußerst außergewöhnliche Frau, Marian De Burgh."

Es war, als bebte eine Mauer in Marians Innern. Unzählige Steine, welche sich aufgeschichtet hatten und jetzt klackernd aneinanderstießen. „Ist das so?" Das leise Lachen, dass sich aus ihrer Brust löste, holperte ein wenig, doch es hörte sich dennoch einen Hauch leichter an. Ein Tropfen Honig konnte bittere Medizin versüßen, auch wenn es nur ein kleines bisschen war.

„Ja, tatsächlich. Aber du warst schon immer sehr speziell", meinte Robin und schaffte es endlich, wieder ein klein wenig heiterer dabei zu klingen. Er wollte sie nicht weinen sehen. „Das, was du tust, ist gegen das Gesetz... aber es ist richtig. Das war Gillian getan hat, war richtig und was wir tun ist es auch." Robin strich eine Strähne aus dem tränennassen Gesicht.

„Der Sheriff sieht die Welt nur in Schwarz und Weiß, wie sein geliebtes Gesetz. Weiß wie das Papier und Schwarz wie die Tinte, mit der es geschrieben ist. Aber so ist die Welt nicht. Manche verstehen das und andere nicht." Sanft wischte er die letzten Tränen von ihren Wangen. „Aber ich bin jetzt zurück. Ich weiß, ich bin kein guter Freund gewesen. Kein vorzeigbarer Verlobter und wohl auch kein guter Soldat." Das Lächeln verschwamm nun unsicher und erschien nur matt auf seinen Lippen. Dieses Eingeständnis an sein großes Ego musste ihn viel kosten. „Aber ich bin ein herausragender Langfinger. Und die Wachen des Sheriffs sind allesamt Idioten. Wollen wir doch mal sehen, ob wir nicht für eine 'Umverteilung von Gütern' sorgen können."

„Du bist wirklich ein Aufschneider, Hood." Marian konnte nicht verhindern, dass das Lächeln sie ansteckte. „Hoffentlich steckt auch etwas hinter all der Prahlerei. Ich vertraue dir, dass du diesen Will Scarlet übertrumpfst, Robin." Und Marian war niemand, der ihr Vertrauen leichtfertig verschenkte. „Jetzt kannst du beweisen, dass du wirklich der größte Dieb in Sherwood bist."

Da stieß Robin ein warmes Lachen aus und wischte Marian in einer neckenden Geste wieder etwas Haar ins Gesicht. „Ich bin ohne jeden Zweifel der beste Dieb in Nottingham, du freches Ding", meinte er höchst empört, „So einen kleinen Wettstreit schaffe ich mit links. Ich habe mir die besten drei Männer für den Raubzug ausgesucht. Selbst wenn Scarlett noch irgendwelche Asse unter seinen Bauern hätte - was ich nicht glaube - hat er keine Chance gegen mich. Und auch wenn sein riesenhafter Freund versucht, den Spion bei mir zu spielen oder es mir zu versauen, wird ihm das nicht gelingen. Und weißt du warum? Weil ich zu clever bin und viel zu gut aussehe, um so zu sterben." Robin zwinkerte ihr zu und zog dann seine Hände von ihr zurück. „Aber jetzt sollten wir uns beeilen, zurückzukommen. Wir sind schon in Verzug." Robins Blick glitt in die Höhe, wo hinter den Zweigen der großen Eiche der Himmel langsam in das violett-blau der Nacht wechselte wurde. „Es wird bereits dunkel."

🏹

'Wenn etwas den Bach runtergeht, dann richtig', dachte Marian frustriert. Der fehlgeschlagene Überfall und die dumpfen Schmerzen des Sturzes saßen ihr noch immer in den Knochen - doch damit nicht genug. Als sie die Lichtung erreichten, an welcher sie ihre beiden Rösser versteckt und angebunden hatten, waren diese nicht mehr aufzufinden.

Zunächst hofften sie, die beiden hätten sich einfach losgerissen und wären ein Stück fortgelaufen. Leider stellte sich diese Aussicht schnell als vergeblich heraus und beide mussten sich eingestehen, dass ihre Pferde wohl gestohlen worden waren. Mit der Diebesbande hier in Sherwood sollte es beide nicht wundern. Auch wenn Marian sich sagte, dass sie im Grunde von Glück reden konnten, dass sie ihnen nicht nach der Flucht des Überfalls gefehlt hatten, um den Wachen zu entkommen, vermochte sie dieser Gedanke nicht lange zu trösten.

Spätestens nachdem sie die nächste Stunde gelaufen waren, verflog jeder Optimismus. Denn dann klagte ihr jeder Muskel ihres Körpers sein Leid und ihre Füße waren binnen Minuten übersät mit Blasen. Marian konnte es einfach nicht verleugnen: Sie war eine verkleidete Lady, die solche langen Strecken oder Stürze von Bäumen einfach nicht gewohnt war.

Der Verlust ihres Hengstes grämte Marian zudem merklich.

„Warum bedeutet dir der Gaul so viel?", fragte Robin verständnislos.

Marian seufzte bedauernd. „Ich habe Bayard vor einigen Jahren auf einem Markt davor bewahrt, an den Schlachter verkauft zu werden. Er galt als ungeeignet zum Verkauf, weil er mehrfach seine Reiter abgeworfen und bockte."

Da musste der Dieb glucksen. „Kein Wunder, dass er dir sympathisch war. Ihr wart praktisch verwandte Seelen."

Dafür erntete er einen scharfen Blick und begann unschuldig vor sich hin zu pfeifen.

Marian empfand das nicht als lustig. Der feurige Hengst hatte viel Temperament - aber in den Jahren hatten Pferd und neuer Besitzer ein liebevolles Verhältnis entwickelt. Ja, vielleicht stimmte es und sie teilten die Eigenschaft der Verbohrtheit. Marian war ebenso stur wie Bayard und hatte nicht aufgegeben. Eines Tages hatte er sie mit seinem Vertrauen belohnt. Jetzt konnte sie nur hoffen, dass Bayard dem Dieb zeigte, dass er sich keine leichte Beute ausgesucht hatte - aber auch, dass er wegen seiner Wildheit kein übles Ende fand.

Sie verbannte die Sorge, so gut sie konnte. Erst einmal musste sie zurück in die Burg. Und am schnellsten ging es zu Pferd. „Ich halte das für keine gute Idee, Robin", flüsterte Marian, während sie sich in den Schatten einer Scheune drückten. Gemeinsam schlichen sie sich in den Stall des kleinen Gehöftes, um dort ein Pferd zu stehlen. Marian fühlte sich schrecklich deswegen, wusste sie immerhin gut genug, wie wichtig ein Pferd für die ansässigen Landwirte waren. Sie würde das regeln. Bald. Das nahm sie sich fest vor.

Sie wusste nicht, dass ihre Worte und ihre Taten bereits erste Früchte getragen hatten. Denn der Dieb Robin Hood, der seine Beute niemals teilte, ließ neben dem leeren Gatter einige schimmernde, silberne Münzen zurück...

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Die Königin von Pfeil & BogenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt