Giftiger Regen

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Es ist mitten in der Nacht als ich ein schrilles Piepen höre. Schlagartig richte ich mich auf meine kleine Schwester Ilayda, die das Bett mit mir teilt, erschreckt sich durch diese ruckartige Bewegung. Beruhigend streiche ich über ihre Haare und wir hören uns zusammen mit den vielen anderen verängstigten Menschen in diesem Raum die
Durchsage an: "Es ist unerwartet giftiger Regen ausgebrochen bitte begeben sie sich zu dem Biemer der am nächsten bei ihnen ist: Es gibt einen Biemer im 100. Stock, einen im 55. und einen im 6. Die Biemer schicken sie in den Evakuierungskeller und bitte  vergessen Sie nicht, ziehen Sie die Schutzkleidung an, die unter ihren Betten befestigt ist"

Giftiger Regen also. Ihn gab es schon früher, im 21. Jahrhundert - damals hieß er noch saurer Regen. Es war Regen der einen zu niedrigen ph wert hatte und dadurch manchmal Statuen verunstaltete und auch das Gleichgewicht des Wassers in Seen oder Flüsse störte. Eine kurze Zeit gab es ihn nicht mehr, aber jetzt im 28. Jahrhundert ist das Problem wieder da und zwar schlimmer denn jeh. Wenn heute giftiger Regen in Kontakt mit der Haut kommt dann verätzt diese. Auch Häuser zerfallen durch diesen Regen schnell. In den oberen Stockwerken am schnellsten, bei den weiter unten langsamer. Wir waren im 104. Stockwerk, also dem höchsten. Das bedeutet wir müssen weg, so schnell wie möglich.

Ich  sehe schnell unter dem Bett nach, es gibt tatsächlich einen Schutzanzug, es hatte eben seine Vorteile im besten SGMB (SchutzGebäude der Menschlichen Bevölkerung) zu sein. Fast alle Menschen leben jetzt in SGMB's, da man alleine kaum noch leben kann, man ist nämlich nicht vor Umweltkatastrophen geschützt. Nur vor giftigen Regen können SGMB'S nicht sehr schützen, aber wie gesagt sind wir im besten SGMB, hier lebt sogar unsere Präsidentin, natürlich im untersten Stockwerk. Unten kosten die Unterkünfte Geld dafür hat man wenn man Glück hat sogar ein eigenes Zimmer. Ganz oben sind die Unterkünfte kostenlos dafür hat ein riesigen Raum, den man aber mit unzähligen fremden Menschen teilen muss. Die Aufpasser sind sehr nett, sie haben mich und Ilayda rein gelassen obwohl nur ein Bett frei war. Das machen sie häufig und da bin ich froh das diese Aufgabe wieder Menschen übernehmen und keine Androide, die da viel strenger sind. Aber wenn tatsächlich nur ein Mensch pro Bett reingelassen wird gäbe es für jeden Menschen einen Schutzanzug, nun haben wir das Problem, wie die meisten anderen auch, dass wir beide nur einen haben. Ich helfe Ilayda in ihn rein, knöpfe die Jacke zu, ziehe ihr die Kapuze über die langen roten Haare und verstecke ihre kleinen Hände unter den Handschuhen. Dann schultere ich unseren Rucksack, in dem alles was wir besitzen drin ist und suche noch unter dem Bett nach unserer Nummer - mit der wir uns identifizieren können - und stopfe sie in meine Jackentasche. Schließlich nehme ich Ilayda bei der Hand und gehe mit ihr Richtung Tür.

Wir kommen nicht ganz durch, da es sich durch die vielen Menschen staut, die alle probieren als erstes durch die Tür zu den Treppen zu gelangen. Das Dach gibt so langsam dem Regen nach - Wir müssen schneller sein. Ich probiere mich durch die Menschenmenge durch zu kämpfen und stoße dabei versehentlich einen alten Mann um. Hektisch probiere ich ihm aufzuhelfen, aber die anderen Menschen laufen panisch über ihn rüber.
"Passt doch auf", sage ich laut, doch sie hören nicht auf mich und ich muss selbst aufpassen, dass niemand Ilayda oder mich zu Boden wirft. Als ich ein paar schmerzhafte Spritzer Säure auf meiner Haut spüre weiß ich, dass das Dach dem Regen nachgegeben hat. Die Menschen bemerken dies auch und sie schreien weiter und probieren sich durch die Massen zu den Treppen zu kämpfen. Eine Massenpanik bricht aus. Ich spüre noch mehr Regentropfen. Es fühlt sich so an, als ob sie wie Messer auf meine Haut einstechen. In der Hoffnung, dass mir so ein bisschen Schutz gewährt sei, nehme ich mein Rucksack ab und halte ihn mit meiner rechten Hand über den Kopf. In meiner linken Hand spüre ich immer noch die Wärme von Ilayda. Ich mustere sie und stelle erleichtert fest das der Schutzanzug seine Arbeit tut und sie vor dem Regen schützt, aber ich weiß, dass er das auch nicht ewig tut und ich bin mir nicht sicher ob sie auch vor den Massen sicher ist und nehme sie auf den Arm. Sie weint leise in meine Schulter. Ich will sie beruhigen aber ich muss schon mit aller Kraft dafür sorgen, dass ich nicht hinfalle, denn die Mensche drängeln und schreien. Manche fallen hin und über diese trampelt man dann rüber - selbst wenn man es nicht möchte, wird man von hinten so gedrängt, dass man keine andere Wahl hat. Ich kann selbst nicht sagen über wie viele Menschen ich schon rübergelaufen bin. Aber wir erreichen trotzdem die Tür, doch im Gang dahinter ist es noch schlimmer, da die Menschen aus den anderen Räumen noch dazu kommen.

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