3. Kapitel

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„Wie geht es Hasenjunges?" Ein paar Sonnenaufgänge waren bereits seit dem Einsturz des Tunnels vergangen und das gerettete Junge durfte vor einem Sonnenaufgang wieder in die Kinderstube. Falkenblick hatte jedoch Lichtpfote aufgetragen, noch einmal nach ihm zu sehen.

„Mir geht es gut, sieh doch!", antwortete der kleine Kater selbst und stolzierte auf und ab. Er humpelte kaum noch und seine Augen glänzten wieder. Lichtpfote und Luftwirbel, seine Mutter, schnurrten zufrieden. Ich bin so froh, dass es ihm wieder besser geht, wäre er länger verschüttet geblieben...

Mit einem Kopfschütteln verscheuchte sie die negativen Gedanken. Es brachte nichts, sich zu fragen, was wäre gewesen, wenn. Was passiert war, konnte man nicht mehr rückgängig machen, wie Falkenblick einmal gesagt hatte.

„Spielst du mit mir?", wurde sie wieder von Hasenjunges aus ihren Gedanken gerissen. Mit bettelnden großen Augen und zuckender Schwanzspitze glitt er in eine Lauerstellung, als würde er sie anspringen wollen.

Sie war kurz davor, ihm seinen Spaß zu gönnen, als Luftwirbel ihn zu sich zog. Mit einem mahnenden und zugleich liebevollen Blick erinnerte sie ihr Junges: „Du musst dich noch ausruhen und Lichtpfote hat bestimmt viel zu tun. Vielleicht spielt sie später mit dir."

Hasenjunges wollte protestieren, doch bevor er etwas sagen konnte, riss er sein Maul zu einem Gähnen auf. Lichtpfote verabschiedete sich von den beiden, bevor sie aus der Kinderstube schlüpfte.

Höhlenlicht lag vor dem Eingang in der Sonne, ihr dicker Bauch deutlich zu erkennen. In ein paar Sonnenaufgängen würde auch sie ihre Jungen bekommen. Um die scheinbar schlafende Königin nicht zu wecken, schlich sich Lichtpfote an ihr vorbei.

Wir haben nicht mehr viel Borretsch, glaube ich. Sollte ich gleich ein paar Blätter sammeln? In Gedanken bei den Kräutern stieß die Schülerin fast mit Weidenrose zusammen, die direkt vor dem Eingang zum Heilerbau stand.

„Brauchst du etwas von Falkenblick? Geht es dir nicht gut?" Lichtpfote musterte die Älteste besorgt. Ihre Schnurrhaare hingen herab und ihre Schwanzspitze zuckte nervös. Verletzt schien sie aber nicht zu sein.

Energisch schüttelte Weidenrose den Kopf, ihr silbergraues Fell leicht gesträubt. „Nein, mir geht es gut. Es geht um Blumenschweif und Haferbart. Sie klagen über Bauchschmerzen. Und Falkenblick scheint nicht da zu sein."

Vermutlich hatte der alte Heiler das Lager verlassen, um selbst nach Kräutern zu suchen. Die Heilerschülerin bedeutete der besorgten Ältesten einen Moment zu warten und verschwand im Heilerbau.

Bauchschmerzen waren leicht zu behandeln, Lichtpfote wusste genau, welche Blätter am besten dagegen halfen. Bachminze, Bachminze. Konzentriert schnupperte sie an den getrockneten Kräutern, bis sie den unverwechselbaren Geruch erkannte.

Vorsichtig nahm sie ein paar Blätter mit den Zähnen auf und eilte gemeinsam mit Weidenrose in den Ältestenbau. Ein leises Wimmern erfüllte die Höhle.

„Weidenrose meint, ihr hättet Bauchschmerzen?", miaute Lichtpfote, nachdem sie die Bachminzeblätter auf den Boden gelegt hatte. Als sich ihre Augen an das dämmrige Licht gewöhnt hatten, erkannte sie Blumenschweif, Haferbart und Klettenpelz.

Die Schnauze der Ältesten war schmerzverzerrt, ein leiser Klagelaut ließ ihre Schnurrhaare beben. Klettenpelz, ihr Gefährte, schmiegte sich an sie, sein Blick von Sorge erfüllt. Er schüttelte jedoch den Kopf, ihm ging es gut.

„Mein Bauch grummelt, als hätte ich Steine gefressen, aber mir geht es noch besser als Blumenschweif", antwortete Haferbart. „Kannst du ihr helfen?"

„Natürlich." Hoffe ich zumindest. Es war nicht das erste Mal, dass Lichtpfote ohne die Anweisung ihres Mentors einer Katze Kräuter verabreichte, und doch war sie noch unerfahren. Hoffentlich mache ich nichts falsch, aber Bachminze kann zumindest nicht schaden.

Haferbart schluckte gehorsam die Blätter, für Blumenschweif musste Lichtpfote sie zerkleinern und ihr beim Schlucken helfen. „Es wird eine Weile dauern, bis die Bachminze wirkt, bis Sonnenuntergang sollte es euch aber besser gehen. Sollte es schlechter werden, sagt bitte sofort Falkenblick Bescheid."

Lichtpfote schlüpfte aus dem Ältestenbau und hoffte, dass die Bachminze schnell wirken würde. Wenn es nicht besser wird, weiß bestimmt Falkenblick, was zu tun ist. Bauchschmerzen konnten so viele verschiedene Ursachen haben, vielleicht war ein Stück Frischbeute nicht mehr ganz frisch gewesen.

Aufmerksam schaute sie sich im Lager um, falls noch jemand etwas von ihr brauchte. Um diese Zeit befanden sich jedoch kaum Katzen auf der offenen Fläche, die meisten hatten sich Jagd- oder Grenzpatrouillen angeschlossen.

Eine Gruppe an Katzen stand in der Nähe des Lagerausgangs zusammen. Sie schienen jedoch nicht aufbrechen zu wollen. Darunter erkannte sie ihre Mutter Honigblüte, neben Windjäger, Habichtherz und dem zweiten Anführer Ginsterkralle. Die vier Katzen unterhielten sich leise miteinander.

Lichtpfote war nicht weit von ihnen entfernt und spitzte die Ohren, um zu verstehen, was sie sagten. Sie hätte auch einfach zu ihnen gehen und fragen können, wollte sie jedoch nicht stören.

„Die Unfälle in den Tunneln werden immer mehr. Wann sieht Heidestern endlich ein, dass wir sie stilllegen müssen? Es ist einfach zu gefährlich!" Lichtpfote wusste, dass einige ihrer Clangefährten ihre Besorgnis den Tunneln gegenüber teilten. Windjäger gehörte zu jenen, die sich am lautesten gegen die weitere Verwendung der Tunnel aussprachen.

Ginsterkralle schüttelte abwehrend den Kopf. „Das ist allein Heidesterns Entscheidung. Abgesehen davon, was wäre dann mit den Tunnelgräbern? Willst du ihnen verbieten, das zu tun, wofür sie ausgebildet wurden und das sie ihr ganzes bisheriges Leben getan haben? Und wer holt Verletzte aus den Tunneln, wenn etwas passiert? Niemand kennt sich dort unten so gut aus wie sie."

Mit Schaudern dachte Lichtpfote an Hasenjunges. Wäre Himbeerpfote nicht gewesen, wäre er bestimmt gestorben. Nur die Tunnelgräber-Schülerin hatte sich in den schmalen Tunnel gewagt, sie war unglaublich mutig gewesen. Im Gegensatz zu mir. Leise Schuldgefühle ließen ihre Haut prickeln.

„Aber wenn keine Katze mehr die Tunnel betreten würde, gäbe es auch keine Unfälle und es müsste niemand gerettet werden", protestierte Habichtherz. Damit hatte er zwar nicht ganz Unrecht, doch es bestand immer noch die Möglichkeit, dass ein Tunnel knapp unter der Oberfläche einstürzte und eine Katze in dieses Loch fiel.

„Honigblüte, du hast so viel durch die Tunnel verloren, dein Junges und deinen Gefährten. Wenn jemand dagegen sein sollte, dann bestimmt du", richtete sich Windjäger nun an die einzige, die bisher nicht ihre Meinung zu dem Thema geäußert hatte.

Bei dem Kommentar drehte sich Lichtpfote der Magen um. So sehr hatte sie versucht die Geschehnisse von damals zu verdrängen, zu vergessen. Im nächsten Herzschlag kam alles wieder hoch. Die erdrückende Erde, das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen.

Ohne nachzudenken rannte sie an den anderen Katzen vorbei, aus dem Lager. Sie brauchte Luft. Vage hörte sie noch Honigblüte ihren Namen rufen, blieb jedoch nicht stehen.

Erst als ihre Flanken bebten und sie wirklich kaum noch Luft bekam, verlangsamte Lichtpfote ihren Lauf und blieb schließlich stehen. Den Kopf in den Nacken gelegt, klärte sich ihr Blick langsam, während sie die vorbeiziehenden Wolken beobachtete.

Ihr Herz beruhigte sich langsam, ihre Atmung wurde ebenfalls ruhiger. Die Wolken hatten etwas an sich, dass Lichtpfote aufatmen ließ. Etwas zutiefst entspannendes und besänftigendes. Sie zogen mit dem Wind, unaufhaltsam, und ließen alles hinter sich zurück.

Was hätte Honigblüte geantwortet? Was dachten sie über mich? Lichtpfote seufzte in den Wind, der ihr um die Schnurrhaare wehte. Dämmerjunges, ich hoffe, du gibst mir nicht die Schuld an deinem Tod und es geht dir gut im SternenClan. Ich werde mein bestes geben, damit so wenige unserer Clangefährten sich zu dir gesellen müssen.

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1184 Wörter (laut Word, ich belasse es jetzt einfach bei diese Wortangabe)

Ein Großteil der 4. Etappe wäre (nachträglich!) geschafft, den Rest schaffe ich hoffentlich auch noch bald.

Es ist jetzt relativ viel in diesem Kapitel passiert, langsam wird es -hoffentlich- spannender.

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Warrior Cats - Das Bündnis der HeilerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt